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„I See You“ – so heißt Adam Randalls neuer Film, doch wird beim Betrachten des Films schnell klar, dass man hier nicht allem, was man zu sehen glaubt, auch trauen kann.

I See You (2019)

Eine Filmkritik von Lucia Wiedergrün

Traue nicht dem Hamster!

Als der zwölf Jährige Justin (Riley Caya) auf dem Nachhauseweg verschwindet, halten die Menschen in seinem idyllischen Heimatort den Atem an, ist er doch schon der zweite Junge, der in kurzer Zeit wie vom Erdboden verschluckt scheint. Und nicht nur das, die Detectives Greg Harper (Jon Tenney) und Spitzky (Gregory Alan Williams) entdecken schon bald Parallelen zu einem Jahre zurückliegenden Fall. Wenn der damals verurteilte mutmaßliche Kidnapper aber bis heute in Haft sitzt, ist vielleicht doch jemand oder etwas anderes für das Verschwinden der Jungen verantwortlich? Für Greg Harper hören die Probleme allerdings längst nicht bei diesem Fall auf. Nach einer Affäre seiner Frau Jackie (Helen Hunt) haben die beiden es noch nicht geschafft, sich wieder einander anzunähern, und als dann auch noch das großzügig gebaute Haus der Familie anfängt, ein unheimliches Eigenleben zu führen, stellt sich auch beim Publikum die Frage, ob hier nicht vielleicht supernatürliche Kräfte am Werk sein könnten.

Adam Randalls Film I See You begibt sich von da an in ein Spiel mit den Erwartungen des Publikums. Mal scheint es sich um einen Krimi zu handeln, der den Abgründen amerikanischer Vorstädte nachspürt, dann wieder scheint es sich um eine übernatürliche Haunted-House-Geschichte zu handeln, nur damit es sofort danach so scheint, als könnte man es hier vielleicht doch eher mit einem paranoiden Home-Invasion-Thriller zu tun haben. Aus den unterschiedlichen Genremodi lassen sich im Kopf verschiedene Szenarien bauen, welchen Weg der Film in seinem weiteren Verlauf nehmen könnte.

So wie diese verschiedenen Genres an- und gegeneinander ausgespielt werden, springt auch die Narration immer wieder zwischen ihren verschiedenen Fixpunkten. Mal geht es um den Fall der verschwundenen Jungen, dann wieder um Jackies Auseinandersetzung mit ihrem pubertären Sohn Connor (Judah Lewis), der ihr die Schuld am Auseinanderbrechen der Familie gibt, während sie ihn im Verdacht hat, für die seltsamen Vorkommnisse im Haus verantwortlich zu sein. Dass gerade der narrative Strang um Jackies Affäre und deren Folgen für die Familie nie so richtig lebendig wird, liegt nicht zuletzt daran, dass Helen Hunt in jeder Szene so wirkt, als wäre sie nur versehentlich am Set von I See You gelandet und würde jetzt möglichst regungslos auf das Ende der Dreharbeiten warten. 

I See You schafft es, über seinen Verlauf hinweg einige gute Wendungen und überraschende Schreckmomente zu kreieren, die das Publikum einige Male nach Luft schnappen lassen. Leider reichen diese Momente nicht, um einen ganzen Film zu tragen. Dazwischen entwickelt die Inszenierung ziemliche Länge, nicht zuletzt, da auf die großen Momente der Enthüllung sehr ausführliche Ausschmückungen dessen folgen, was ja dann spätestens seit den vorangegangen Momenten allen Anwesenden klar sein müsste. 

Hier treffen einige gute visuelle Einfälle auf einen etwas trägen Story-Verlauf und machen die Seherfahrung damit zu einem eher durchwachsenen Erlebnis. Alles in allem lassen sich dadurch mit I See You 96 wechselhaft unterhaltsame Minuten verbringen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. 

I See You (2019)

In einer scheinbar idyllischen Kleinstadt verschwindet ein Junge auf die gleiche unerklärliche Weise wie ein anderes Kind schon zehn Jahre zuvor. Detective Joe Harper nimmt den Fall auf und sieht sich und seine Familie bald von beunruhigenden Phänomenen bedroht, die ebenfalls eine Brücke in die Vergangenheit zu schlagen scheinen. 

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