High Performance

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Eingespannt für einen guten Zweck

Zwei ungleiche Brüder stehen im Zentrum dieser österreichischen Komödie über gesellschaftlichen Erfolg, Gutmenschentum und korrumpierte Ideale. Das unaufdringlich beschwingte Langfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Johanna Moder wurde mit dem Publikumspreis beim Max Ophüls Preis 2014 ausgezeichnet. Der Hauptcharakter Daniel (Marcel Mohab) verwirklicht sich in Wien künstlerisch in einer Off-Theatergruppe und hält sich mit diversen Jobs finanziell kaum über Wasser. In seiner Trainingsjacke und mit dem Rucksack am Rücken wird er zur feierlichen Verleihung eines Wirtschaftspreises an seinen Bruder Rudi (Manuel Rubey) nicht vorgelassen und muss einen Nebeneingang ins Hotel finden. Der Stehempfang dort ist für Daniel der reinste Spießrutenlauf, denn die Society-Leute, denen er von den Eltern (Stephanie Fürstenberg, Helmut Berger) vorgestellt wird, wollen nur Erfolgsgeschichten hören. Und sein Vater, der ihn finanziell zumindest gelegentlich unterstützt, spricht Klartext: „Sein Hobby ist das Schauspielern, sein Hauptberuf ist Betteln.“
Daniel erträgt die Herablassung mit stoischer Ruhe, wie einer dieser komödiantischen Charaktere, die sich der eigenen Unzulänglichkeit zwar bewusst sind, denen aber auch das Banausentum der Wortführer nicht entgeht. Der Comedian und Theaterschauspieler Marcel Mohab arbeitet Daniels introvertiertes, trotziges Ringen um Würde und Haltung ganz dezent und dennoch pointiert heraus. Der verheiratete Unternehmer Rudi, der eine Softwarefirma leitet, will Daniel als Rednercoach für eine Kollegin gewinnen. Rudi, herrlich smart und agil von Manuel Rubey gespielt, rückt bald mit unterschiedlichen Versionen dafür heraus, warum er diese Nora (Katharina Pizzera) in Wirklichkeit ausspionieren lassen will. Daniel zeigt sich empfänglich für Rudis Appell an brüderliche Gefühle. Aber weil es zwischen Nora und Daniel funkt, steckt der Prinzipienmensch, der sich zumindest vom Geld nicht korrumpieren lassen wollte, plötzlich in einem dicken Loyalitätskonflikt: Soll er zum Bruder halten, oder ehrlich zu Nora sein, die noch nicht einmal weiß, dass er mit Rudi verwandt ist?

Das kühle Business-Milieu mit seinen Intrigen und auf den Vorteil bedachten Kalkulationen wird komödiantisch reizvoll mit der alternativen Künstlerszene kontrastiert. Scheinbar trennen Daniel und Rudi Welten, aber Nora wiederum ist eine beruflich erfolgreiche und dabei an Werten wie Nachhaltigkeit und Ökologie orientierte Frau: An allen Orten bröckeln in diesem Film die ideologischen Fronten, die Einteilung in gut und böse, richtig und falsch funktioniert im Leben längst nicht so einfach wie in der Theorie. Die Nähe zur Realität gelingt diesem hübschen kleinen Film mit spielerischer Leichtigkeit. Daniel selbst sitzt zwischen allen Stühlen, er wird auch noch quasi von links ständig von moralisch korrekten Leuten überholt. In seiner Theatergruppe herrscht ein rauer Ton in den endlosen Diskussionen, die ihm auf die Nerven gehen, und dann ist da noch diese Hippiekommune in der Nachbarschaft, die nicht benötigte Lebensmittel von den übrigen Hausbewohnern einsammelt, aber Daniels Fertigpizza ablehnt. Der Untertitel „Mandarinen lügen nicht“ verweist auf eine Schlüsselszene, die sich in einer Gesprächsrunde in diesem alternativen Zirkel abspielt und in der Nora beichtet, dass sie allzu oft Masken aufsetzt, um zu gefallen. Doch die selbsternannten Gutmenschen können genauso mitleidlos sein wie die Anzugträger bei ihren millionenschweren Verkaufsgesprächen.

Sein Dialogwitz und die Situationskomik geben dem Film eine feine, anregende Würze. So gelingt ihm ohne moralischen Zeigefinger ein unterhaltsamer Hinweis auf den Wunsch des Menschen, zu eng gewordenen gesellschaftlichen Rollen zu entwachsen und zwischen Anpassung und Rebellion, Norm und Mogelei eine persönlich vertretbare Ethik zu entwickeln.

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Zwei ungleiche Brüder stehen im Zentrum dieser österreichischen Komödie über gesellschaftlichen Erfolg, Gutmenschentum und korrumpierte Ideale. Das unaufdringlich beschwingte Langfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Johanna Moder wurde mit dem Publikumspreis beim Max Ophüls Preis 2014 ausgezeichnet.
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