High Art

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Dienstag, 21. Mai 2013, Einsfestival, 22:10 Uhr

Als die einst erfolgreiche Fotografin Lucy Berliner (Ally Sheedy), die mit ihrer Liebsten Greta (Patricia Clarkson) ein rauschhaftes Dasein in der Abhängigkeit von Heroin fristet, der jungen, ambitionierten Journalistin Syd (Radha Mitchell) begegnet, lässt sie sich von ihr überzeugen, für die Kunstzeitschrift Frame eine Bilderserie zu schießen. Als die beiden Frauen gemeinsam aufs Land fahren, wo Lucy ihre Fotos machen soll, wachsen sich die Sympathie und der Flirt zwischen ihnen zu einer heißen Affäre aus, während Syd zum bevorzugten Motiv für die Kamera gerät. Das ist nicht gerade das, was die Redaktion von Frame sich vorgestellt hat, doch es entsteht eine ansprechende Ausgabe mit Lucy und Syd auf dem Cover. Als Greta realisiert, dass sie ihre Freundin an Syd verloren hat, bittet sie Lucy nach der wohl unvermeidlichen Vorwurfsszene, eine letzte Nacht mit ihr zu verbringen, was allerdings tragische Konsequenzen birgt …
Nach den Kurzfilmen Souvenir (1994) und Dinner Party (1997) hat die US-amerikanische Filmemacherin Lisa Cholodenko, die 2010 mit ihrem jüngsten Film The Kids Are All Right über ein lesbisches Elternpaar kräftig für fidele Furore sorgte, ihr Spielfilmdebüt High Art inszeniert, das nach seiner Premiere beim Sundance Film Festival mit dem Waldo Salt Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde und noch weitere Preise und Nominierungen bei internationalen Filmschauen erhielt. Dieses atmosphärisch intensiv gestaltete Drama, das sich mit seiner überwiegend in kleinen Räumen gedrehten, überschaubaren Dramaturgie auch auf der Bühne hätte ereignen können, besticht dennoch zuvorderst durch seine bewegten Bilder, die wie Charakterstudien erscheinen und vor allem die Gesichter auf intime Weise einfangen.

High Art lebt von der Annäherung und Nähe der beiden Hauptfiguren, die stark stilisiert als zwei extrem unterschiedliche Frauentypen auftreten. Während Radha Mitchell als Syd wie ein braves junges Mädchen agiert, meist unsicher, häufig verlegen, lächelnd und bewundernd, gibt Ally Sheedy die stets prätentiöse, drogensüchtige Künstlerin Lucy mit dem Habitus der permanenten Inszenierung ihrer berauschten Existenz, artifiziell auftrumpfend, als spiele sie in einem klassischen Melodram, zu welchem der Film schließlich auch beinahe gerät, für den die Mimin unter anderem mit dem Independent Spirit Award prämiert wurde und den Preis der National Society of Film Critics gewann. Kann die ungewöhnlich zugespitzte Haltung dieser Protagonistin einerseits mit einem heroingepulverten Größenwahn erklärt werden, bringt sie andererseits den Kampf einer im Grunde abgetakelten Heldin um ihre Restwürde zum Ausdruck, die wohlweislich jeden Moment als den potenziell letzten überhöht. Es ist zweifellos die US-amerikanische Schauspielerin Ally Sheedy (Der Frühstücksclub / The Breakfast Club, 1985, Citizen Jane, 2009), die hier mit ihrem außergewöhnlichen Auftritt die Stimmungen und Wendungen gelungen dominiert. Bedauernswert ist, dass man hierzulande seit langem kaum etwas von dieser talentierten Akteurin sieht, die man sich durchaus gleichermaßen wunderbar bei Quentin Tarantino und auch Woody Allen vorstellen kann.

High Art

Als die einst erfolgreiche Fotografin Lucy Berliner (Ally Sheedy), die mit ihrer Liebsten Greta (Patricia Clarkson) ein rauschhaftes Dasein in der Abhängigkeit von Heroin fristet, der jungen, ambitionierten Journalistin Syd (Radha Mitchell) begegnet, lässt sie sich von ihr überzeugen, für die Kunstzeitschrift Frame eine Bilderserie zu schießen.
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