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Rian Johnson kann Agatha Christie: Auch das zweite Abenteuer seines merkwürdigen Detektivs greift die Grundidee von mehreren Verdächtigen auf begrenztem Raum auf. Der Mord auf einer griechischen Insel ist aber mit genug Variationen erzählt, um nicht zum Abklatsch des ersten Films zu werden.

Glass Onion: A Knives Out Mystery (2022)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Lustiger denn je: Auch Benoit Blancs zweiter Fall überzeugt

In Hollywood liegen Licht und Schatten manchmal dicht beisammen. Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson weiß das wie kaum ein zweiter. 2017 bekam Johnson für „Star Wars: Die letzten Jedi“ die volle Hassbreitseite von Fans und Kritikern ab und es schien, als habe sich seine Karriere in der Traumfabrik mit diesem Film erledigt. Doch gut zwei Jahre später erhob er sich mit seiner ebenso spannenden wie amüsanten Agatha Christie-Hommage „Knives Out“ wie Phönix aus der Asche. Und da ihm die Rechte an seinem Werk gehörten, verkaufte er gleich einen zweiten und dritten Film mit seinem neu geschaffenen Detektiv Benoit Blanc exklusiv an Netflix – für mehr als 450 Millionen Dollar! Mit „Glass Onion“ präsentiert Johnson nun den ersten davon.

Und zeigt dabei natürlich viele Parallelen zum ersten Film, das liegt in der Natur der Sache. Denn das Publikum für so einen Film erwartet mittlerweile eine erstklassige Star-Riege, das hat bereits Sidney Lumets Mord im Orient-Express von 1974 so festgelegt und ist seitdem von jeder Agatha Christie-Verfilmung beibehalten worden. Da lässt sich auch Rian Johnson nicht lumpen und heuert nach seinem Mega-Ensemble in Knives Out erneut jede Menge Stars der Oberliga an, um die teilweise recht kleinen Rollen möglichst prominent zu besetzen. Immerhin sind diesmal auch Schauspieler:innen dabei, die noch nicht ganz oben angekommen sind oder gerade erst ihren Weg begonnen haben, wie die Britin Jessica Henwick oder Madelyn Cline. Aber mit Edward Norton, Janelle Monáe, Dave Bautista, Kathryn Hahn und Kate Hudson neben dem Rückkehrer Daniel Craig kann sich die Besetzungsliste durchaus mit der von Knives Out messen (Cameos kommen noch dazu).

Wie es sich in einem klassischen Whodunit nach Art Agatha Christies gehört, muss der Mord dabei in einem isolierten Bereich stattfinden, diesmal ist es die griechische Privatinsel von Nortons Charakter, einem Tech-Milliardär, der seine Freunde jedes Jahr zu einem besonderen Wochenende einlädt. Und beim diesjährigen Mörderspiel sollen die Gäste herausfinden, wer den Gastgeber ermordet hat und aus welchem Motiv heraus die Tat geschah. Ob das wirklich eine Herausforderung für Star-Detektiv Benoit Blanc ist, der ebenfalls zu der illustren Gästeschar gehört, soll hier nicht verraten werden. Aber Johnson zieht allein aus diesem Teil der Geschichte eine der witzigsten Szenen des ganzen Films – und parodiert dabei noch liebevoll die finalen Monologe der Christie-Detektive. So wie der ganze Film noch deutlicher als sein Vorgänger immer dicht an einer Persiflage der ernsthafteren Vorbilder, zuletzt zweimal von Kenneth Branagh in Szene gesetzt und verkörpert, vorbeischrammt.

Johnson wandelt auf dieser dünnen Linie als Autor und Regisseur traumhaft sicher und hält diesen Kurs bis zum optisch eindrucksvollen Finale seines Films ohne jedes Problem. Dazu schafft er mit einigen Kniffen im Script trotz aller Ähnlichkeiten zu Blancs erstem Fall genug Variationen in Erzählform und Dialogen, um Glass Onion (der Name hat im Film mehrere Bedeutungen) zu einem frischen neuen Detektiv-Abenteuer zu machen. Zwar gerät ihm sein Plot gerade im finalen Akt schon etwas zu unglaubwürdig, um noch als ernsthafter Krimi durchzugehen, aber Spaß macht der vertrackte Fall allemal. Auch, weil Johnson diesmal eine ganz andere Konstellation von Figuren zusammenbringt und erzählerische Stilmittel wie Rückblenden unterschiedlich einsetzt. Während es in Knives Out noch kurze Szenen waren, erzählt Johnson diesmal nach dem zweiten Akt in einer langen Rückblende das Geschehen aus anderer Perspektive noch einmal nach – mit verblüffendem Ergebnis.

Verblüffend ist auch ein gutes Adjektiv für die Kulissen des Films. Was die Set-Designer hier geleistet haben, hat definitiv die große Leinwand verdient. Denn die Luxusbehausung des Milliardärs strotzt nur so vor Extravaganz und opulenter Optik und ist dabei gleichzeitig überbordend, elegant und geschmacklos – wie man sich die Villa eines Neureichen so vorstellt. Zeigen um jeden Preis, der Gesamteindruck ist egal. Der Charakter des Edward Norton wird durch seine Bleibe fast besser beschrieben als durch seine Dialoge. Was natürlich auch daran liegt, dass Kameramann Steve Yedlin wie schon im Vorgänger den Film in makellose Bilder packt. Gemeinsam mit den durchweg spielfreudigen Stars, die an ihren moralisch ramponierten Figuren offenkundig großen Spaß hatten, wird Glass Onion so zum mehr als würdigen Nachfolger von Knives Out. Bleibt die Reihe auf so einem hohen Unterhaltungsniveau, dürfen Johnson und Craig gern noch weitere Fälle von Benoit Blanc auflegen.

 

Glass Onion: A Knives Out Mystery (2022)

In der Fortsetzung zu Rian Johnsons „Knives Out – Mord ist Familiensache“ reist der Detektiv Benoit Blanc nach Griechenland, um einen Fall zu lösen, in den neue schräge Verdächtige verwickelt sind.

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Meinungen

Hans im Glück · 11.01.2023

Ein netter Zeitvertreib. Mehr aber auch nicht.
Alles ist höchst konstruiert. Die Gags sehr flach und mit dem Hammer gezeigt.
Die Bildeinstellungen, in denen die gesamte Gruppe gezeigt wird, wirken völlig überbelichtet, geradezu wie in einer Congstarwerbung.
Insgesamt kann man den Film auch wieder schnell vergessen.