Ganz oder gar nicht (1997)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Manchmal geschieht es, dass ein vermeintlich kleiner Film mit ebensolchem Budget sich als absolut erfolgreicher Knaller mit kultverdächtigen Qualitäten entpuppt. Die britische Komödie Ganz oder gar nicht von 1997 zählt zweifellos zu derartigen cineastischen Überraschungen: In vier Kategorien nominiert erhielt der Film 1998 den Oscar für die Beste Musik von Anne Dudley, und diese augenfälligste Auszeichnung führt nur die lange Liste der internationalen Nominierungen und Preise an, die das wunderbar komische Stück um einen Haufen charmant-schräger Kerle verzeichnen kann.

Längst hat sich die einstmals wohlhabende Industriestadt Sheffield im Norden Englands mit ihren stillgelegten Stahlwerken zu einem abgestiegenen Ast mit hoher Arbeitslosigkeit und entsprechender Armut entwickelt. Auch der finanziell stets klamme Gaz (Robert Carlyle), der kaum mehr den Unterhalt für seinen Sohn Nathan (William Snape) aufbringen kann, und sein Freund Dave (Mark Addy) schlagen sich mehr schlecht als recht in der herrschenden Hoffnungslosigkeit durch. Als seine Ex-Frau, die mittlerweile wieder glücklich liiert ist, die alleinige Sorge für Nathan beantragen will und sein Sohn offensichtlich wachsend ungern überhaupt noch Zeit mit seinem ungeschickt-kauzigen Vater verbringen will, sucht Gaz verzweifelt nach einem Ausweg aus seiner Misere. Ein von der Frauenwelt heiß umlagerter Auftritt der Showstripper The Chippendales bringt ihn auf die Idee, ein ähnliches Projekt zu initiieren. Gemeinsam mit Dave und Nathan startet er ein entsprechendes Casting, um eine sexy Truppe für einen sensationellen Auftritt zu rekrutieren, doch das Sichten der Bewerber verspricht zunächst allenfalls eine prächtige Blamage …

Regisseur Peter Cattaneo (Dear Rosie, 1990, Lucky Break, 2001, The Rocker, 2008) hat mit Ganz oder gar nicht eine feinfühlige, filigran bis explosiv heitere Geschichte mit einer grandiosen Figurenzeichnung gelandet, deren intensiv inszenierte Substanz von den musikalischen Komponenten ganz hervorragend flankiert wird. Hier gelingt es einer bunt zusammengewürfelten Gang von Underdogs, sich durch ungewöhnliche Bewegungen und schmerzfreie Hartnäckigkeit aus ihrer deprimierenden Erstarrung zu befreien und durch die kompromisslose Entblößung ihrer defizitären Körperlichkeit ihre angeknackste Würde zurückzuerobern. Das ist große, beseelte Unterhaltung mit anregendem Wohlfühleffekt, der nicht zuletzt darin besteht, dass die gängige Vorstellung dessen, was gemeinhin als erotisch präsentabel gilt, gehörig zu Gunsten einer zauberhaften, ganz persönlichen Anziehung verrückt wird.
 

Ganz oder gar nicht (1997)

Manchmal geschieht es, dass ein vermeintlich kleiner Film mit ebensolchem Budget sich als absolut erfolgreicher Knaller mit kultverdächtigen Qualitäten entpuppt. Die britische Komödie Ganz oder gar nicht von 1997 zählt zweifellos zu derartigen cineastischen Überraschungen:

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