Fuck for Forest

Vögeln für den Regenwald

Franz von Suppé sagte einmal so passend: „Kind, du bist verrückt, du musst nach Berlin!“. Denn in Berlin ist für jeden Platz, Gruppen wie „Fuck for Forest“ (kurz: „F-F-F“) eingeschlossen. Die Gruppe von Neo-Hippies lebt in einer großen Wohngemeinschaft und betreibt eine gleichnamige Webseite, auf der sie hinter einer Paywall Pornographie anbieten. Wohlgemerkt ihre eigene oder Aufnahmen von Menschen, die sie irgendwo auf der Straße angequatscht und überredet haben mitzumachen. Denn hier wird nicht einfach aus purem Hedonismus gevögelt, hier geht es um die Rettung der Welt. Denn mit dem Geld will die Gruppe Regenwälder im Amazonas retten. Ein nobler Akt also, der sexuelle Freiheit mit dem Retten der Umwelt verbinden soll.
Das klingt alles so absurd, dass man meinen könnte, der Filmemacher Michal Marczak hätte sich das Ganze ausgedacht. Doch weit gefehlt. Er stolperte im Internet über einen kleinen Bericht und war so fasziniert von diesen Menschen, die alles tun, um das Gegenteil eines „normalen“ und „geordneten“ Lebens zu leben, dass er seine Kamera nahm und sie aufsuchte. Nachdem er neun Monate mit ihnen verbracht hatte, stimmten die Mitglieder zu ihn filmen zu lassen. Weder ein Werbefilm für die Gruppe, noch ein Film, der sich über sie lustig macht, sollte es werden. Vielmehr lag es Marczak am Herzen einfach dabei zu sein und zu berichten, ja aufzuzeigen, was da eigentlich so alles passiert. Und genau das gelingt dem Film. Er präsentiert Bilder, die je nach Zuschauer und Weltanschauung, die dieser mit ins Kino bringt, ein gewisses Eigenleben erfahren. Bei der Uraufführung in Polen hat er dafür mächtig Ärger bekommen, hier in Rotterdam gab es eher verwirrte Gesichter. Denn es ist schwierig, die Neo-Hippies ganz zu verstehen. Und trotzdem, man muss sie bewundern. Mit unendlicher Geduld und nicht enden wollender Passion stemmen sie sich gegen ein so festes, gesellschaftliches Gebilde, das so manch anderer schon längst aufgegeben hätte. Dabei schwanken sowohl die Protagonisten, als auch der Zuschauer ständig zwischen Absurdität, Naivität, visionären Ideen, Altruismus und dem manchmal alles nivellierenden Alltag hin und her. Ein Auf und Ab, das sämtliche Stereotypen aufzeigt – sowohl im Film, als auch im Publikum.

Dabei verliert der Film nie sein Feingefühl und seine Balance zwischen den Welten. Und mit der Zeit wachsen einem die kauzigen Waldretter sehr ans Herz, zu humorvoll und beherzt ist ihre Art zu leben. Umso herzergreifender die Szenen, die im Urwald in Peru stattfinden. Endlich will die Gruppe ihr Geld investieren und einer Gruppe Ureinwohner den Wald kaufen, in dem sie leben, um ihn zu retten. Doch auch Tausende Kilometer entfernt von der westlichen Gesellschaft, bleiben sie unverstandene Verrückte – eine Erkenntnis, deren emotionalen Einschlag man in jedem seiner Bilder sehen kann.

Fuck for Forest hat nicht nur ein spannendes und noch nicht gezeigtes Thema gefunden, er behält auch seinen Abstand und bebildert seine Geschichte mit so viel Sensibilität, dass viel Platz bleibt, an diesem Film mal wieder sein eigenes, eingefahrenes Weltbild neu anzusehen. Vielleicht ist ja da doch ein wenig mehr Anarchie als gedacht?

(Festivalkritik vom 42. Internationalen Filmfestival Rotterdam, Beatrice Behn)

Fuck for Forest

Franz von Suppé sagte einmal so passend: „Kind, du bist verrückt, du musst nach Berlin!“. Denn in Berlin ist für jeden Platz — Gruppen wie „Fuck for Forest“ (kurz: „F-F-F“) eingeschlossen. Die Gruppe von Neo-Hippies lebt in einer großen Wohngemeinschaft und betreibt eine gleichnamige Webseite, auf der sie hinter einer Paywall Pornographie anbieten. Wohlgemerkt ihre eigene oder Aufnahmen von Menschen, die sie irgendwo auf der Straße angequatscht und überredet haben mitzumachen.
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Meinungen

Stefan Raupentanz · 08.02.2013

Ich bin selbst guter Freund und supporter von fuckforforest, wohne gerade in der FFF Basis Berlin und möchte etwas dazu sagen. :-)
" Endlich will die Gruppe ihr Geld investieren und einer Gruppe Ureinwohner den Wald kaufen, in dem sie leben, um ihn zu retten. Doch auch Tausende Kilometer entfernt von der westlichen Gesellschaft, bleiben sie unverstandene Verrückte" ... ja dieser Eindruck wurde vom Regisseur erzeugt, ist auch ein witziger Plot, der Emotionen hervorruft - weckt aber zum Teil einen falschen Eindruck, denn:
In den vergangenen acht Jahren hat FFF schon in vielen Fällen ihr Geld investiert (!) und wurden von den indigenen Einwohnern meist sehr geschätzt. Sie haben bereits selbst Regenwald gekauft und unterstützen mehrere Aufforstungsprojekte, die das Geld vonn FFF gerne annehmen. Die Menschen auf die sie im Film treffen, welche die Hilfe nicht annehmen wollen, wurden hingegen vom polnischen Regieteam ausgesucht, das heißt man hat sie für die Dramaturgie des Films ganz bewusst auflaufen lassen, was im Nachhinein zu Auseinandersetzungen zwischen FFF und dem Regieteam führte. Ich finde das eine wichtige Anmerkung, danke fürs Lesen.
Bei Fragen zum Thema oder Interesse am Projekt können Sie sich gerne an Leona wenden, deren e-mail sich im öffentlichen Bereich der webseite finden lässt.