Freedom Bus

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der schwierige Weg der Demokratie

Gerade erst ist Ägypten wegen der Absetzung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten. Fatima Abdollahyans sehenswerter Dokumentarfilm Freedom Bus, der beim 31. Filmfest München seine Premiere feierte, erinnert an eine gar nicht so weit zurückliegende Zeit, in der der Weg in eine demokratischere und gerechtere Zukunft nach vielen Jahren der Diktatur für einige Zeit möglich erschien.
Ashraf El Sharkawy lebt seit vielen Jahren in Deutschland und besuchte bis vor einigen Jahren Ägypten, die Heimat seiner Eltern, nur noch gelegentlich in den Sommerferien. Auch sein Arabisch ist nach den Jahren in München, wo er eine steile Karriere als Manager bei der Allianz-Versicherung hingelegt hat, nicht mehr das Beste. Als in seiner alten Heimat aber die Proteste gegen das Regime des autokratischen Präsidenten Muhammad Husni Mubarak aufflammen und dieser schließlich aus dem Amt scheidet, schlägt die Stunde des smarten und sympathischen El Sharkawi. Fasziniert von dem historischen Wendepunkt in der Geschichte Ägyptens macht er sich auf nach Ägypten, um dort mit Hilfe von Freunden und Bekannten den Freedom Bus ins Leben zu rufen. Das Ziel des Projekts: El Sharkawy und seine Mitstreiter wollen dabei helfen, die Grundprinzipien der Demokratie in alle Winkel des Landes zu tragen und die Leute dabei unterstützen, die neu gewonnenen Freiheiten klug und selbstbewusst zu nutzen. Denn gerade in den ländlichen Gegenden ist es seit langem üblich, seine Stimme zu verkaufen. Mit der Kamera begleitet die Regisseurin Fatima Geza Abdollahyan die Tour und zeichnet dabei ein genaues und berührendes Bild eines Landes im Aufbruch.

Dass es ausgerechnet ein „Ausländer“ ist (also aus der Sichtweise der Ägypter), der ihnen die Vorzüge der Demokratie nahebringen will, erweist sich mit der Zeit für El Sharkawi als ernstzunehmendes Problem. Man spürt förmlich das Misstrauen, das ihm, dem „Deutschen“, entgegenschlägt, weswegen ihm seine Mitstreiter von Anfang an dazu raten, sich möglichst im Hintergrund zu halten. Auch dass der Freedom Bus unter anderem von der deutschen Botschaft und anderen Institutionen finanziell unterstützt wird, führt immer wieder zu Nachfragen und teilweise wütenden Angriffen vorwiegend nationaler und religiöser Kreise, die eine Einmischung ausländischer Mächte befürchten. Dabei legen die Aufklärer in Sachen Demokratie großen Wert auf ihre Überparteilichkeit – ihnen geht es bei ihrem Engagement nicht darum, Partei für eine bestimmte Richtung oder politische Weltanschauung zu ergreifen, sondern vielmehr um die Vermittlung von politischen Grundlagen, die in Ägypten einfach noch viel zu wenig bekannt sind.

Dass die eigentlich recht trockene Materie eines politischen Unterrichts über die gesamte Laufzeit trägt, liegt nicht nur an der charismatischen Persönlichkeit El Sharkawys, sondern auch an der Nähe der Regisseurin zu ihm und an der von Tom Förderer und Saam Schlamminger komponierten Musik, die ungewohnt modern und gar nicht folkloristisch das Bild einer jungen, modernen und aufgeschlossenen Generation im Land der Pyramiden vermittelt. Wenn die Mitstreiter des Freedom Bus Projekts voller Elan die Vorzüge der Demokratie erklären, dann liegt in diesen Streitgesprächen ein Feuer, eine Begeisterung, die mitreißt und die man hierzulande oft genug schmerzlich vermisst. Man spürt etwas von der Aufbruchstimmung, die vor zwei Jahren in Ägypten herrschte und wird dank der Nähe der Kamera zu den Akteuren selbst Teil dieses ungewöhnlichen Projekts.

Ohne Zweifel ist Ashraf El Sharkawi der Motor des Freedom Bus. Es sind vor allem sein Engagement, seine vielen Kontakte und auch sein Blick von außen, die das Projekt auf den Weg bringen. Oft merkt man ihm an, dass auch er, obwohl er es in Deutschland geschafft hat, hin und her gerissen ist zwischen den Wurzeln, die ihn mit Ägypten verbinden und der Selbstverständlichkeit, in einer Demokratie wie Deutschland sozialisiert worden zu sein. Am Ende erfahren wir, dass El Sharkawi in der Zwischenzeit ganz nach Ägypten gezogen ist, um sich mit voller Kraft seinem Projekt zu widmen. Gerade angesichts der jüngsten Entwicklungen macht der Film neugierig, wie es mit dem Freedom Bus und der Demokratie in Ägypten weitergeht. Wer weiß, vielleicht folgt ja bald ein Nachfolgewerk, das den weiteren Weg Ashraf El Sharkawis aufzeigt – und der ist hoffentlich eng verbunden mit der nachhaltigen Etablierung der Demokratie in seiner neuen Heimat.

Freedom Bus

Gerade erst ist Ägypten wegen der Absetzung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten. Fatima Abdollahyans sehenswerter Dokumentarfilm „Freedom Bus“, der beim 31. Filmfest München seine Premiere feierte, erinnert an eine gar nicht so weit zurückliegende Zeit, in der der Weg in eine demokratischere und gerechtere Zukunft nach vielen Jahren der Diktatur für einige Zeit möglich erschien.
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