Frau Böhm sagt Nein (2009)

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Graue Maus trifft Raubtier

Es waren Vorzeigemodelle deutscher Wirtschaftstugenden, die vor wenigen Jahren in unappetitliche Schlagzeilen gerieten: Mannesmann und Volkswagen. Fast sind die Details dieser Affären schon wieder in Vergessenheit geraten, da erinnert Regisseurin Connie Walther daran, indem sie beide Fälle in einen packt.

Vermutlich hat der Fernsehbeitrag, der auch auf dem Ludwigshafener Festival des deutschen Films gezeigt wurde, schon vor seiner Ausstrahlung einige Rechtsanwälte auf Trab gehalten. Denn er beginnt mit der juristischen Klausel: „Die Handlung und die handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig.“ Ziemlich klar ist jedoch, dass es um die „erste große Übernahmeschlacht in der Geschichte der Bundesrepublik“ geht. Und das war nun mal die Zerschlagung von Mannesmann durch Vodafone. Inklusive des Skandals um die 50 Millionen D-Mark, wegen denen Vorstandschef Klaus Esser vor Gericht stand.

In dem filmischen Pendant von Mannesmann, das hier Hewaro AG heißt, wird auch der Betriebsrat gekauft – durch Lustreisen. Das gehört natürlich zu VW und macht die Handlung vermutlich in einem rechtlichen Sinn zu einer fiktiven. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass hier mit einer These gearbeitet wird: Seht her, unser Wirtschaftsleben ist insgesamt verlottert, es wimmelt nur so von Gier und Bestechung, für anständige Menschen ist in diesem System kein Platz.

Was also tun, wenn man Rita Böhm heißt und bei der Hewaro AG just für die Auszahlung der insgesamt 80 Millionen (auch andere Vorstandsmitglieder profitierten davon) zuständig ist, die der Aufsichtsrat als Prämien für die Arbeit der Manager bewilligte? Frau Böhm (Senta Berger) steht kurz vor der Pensionierung und hat ein Leben lang nur für die Firma gelebt. Sie wohnt allein, feiert Weihnachten mit einer Schallplatte und einem Piccolo. Von außen betrachtet führt die mausgraue Junggesellin ein bedauernswertes Leben. Aber sie selbst scheint ein kleines Glück darin gefunden zu haben: „Ein Leben lang bin ich dafür bezahlt worden, dass ich korrekt bin“. Stolz darauf, dass sie noch den alten Direktor gekannt hat, zitiert sie gern dessen Spruch: „Vorstand steht für Vorbild plus Anstand“.

Keine Frage: Die Filmfigur Rita Böhm ist nicht nur ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie ist auch und vor allem ein Prototyp: das Symbol eines untergegangenen (oder im Untergang befindlichen) Systems der Sozialen Marktwirtschaft, in der das Gewinnstreben im Zaum gehalten wurde von moralischen Prinzipien.

Auch die junge Konkurrentin von Frau Böhm steht für ein Wirtschaftsmodell: Ira Engel (Lavinia Wilson) hat mit Engeln nichts am Hut. Sie fühlt sich als Vertreterin einer Generation, die sich von Job zu Job hangeln muss, immer gefährdet, immer unter Druck, immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Als alleinerziehende Mutter hat sie auch eine Entschuldigung für ihre Anpassung an den Raubtierkapitalismus: Sie braucht das Geld nicht nur für sich.

In dem Konflikt, der sich nun zwischen Frau Böhm und Frau Engel entwickelt, hat der Film seine besten Seiten. Da werden auch mal die Menschen unterhalb ihrer Charaktermaske kenntlich. Da brechen Verkrustungen auf, werden Annäherungen möglich. Ansonsten setzt der Film auf eine Empörung und eine Aufklärung, die gar nicht nötig ist. Dass ein Skandal ein Skandal ist, davon braucht man niemanden zu überzeugen. Es sei denn, man möchte in seiner Meinung bestärkt werden und sich noch einmal neu aufregen.
 

Frau Böhm sagt Nein (2009)

Es waren Vorzeigemodelle deutscher Wirtschaftstugenden, die vor wenigen Jahren in unappetitliche Schlagzeilen gerieten: Mannesmann und Volkswagen. Fast sind die Details dieser Affären schon wieder in Vergessenheit geraten, da erinnert Regisseurin Connie Walther daran, indem sie beide Fälle in einen packt.

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Meinungen

Familie Kastner · 22.10.2009

Ein hervorragender Film mit einer erstklassigen Senta Berger. Dieser Film hat uns sehr nachdenklich gestimmt, zu welchem skrupellosen Handeln Manager gegenüber Menschen fähig sind. Dieser Film zeigt die wahre Realität in Deutschland.

Angelika Fischer · 22.10.2009

traurig machend und realistisch. Sehr guter Film

Marlies Orth · 22.10.2009

Dieser Film war seit langem mal wieder richtig Klasse.Ein Lob für die Mutigen,die dieses Thema mal aufgegriffen haben.Leider wird es sicher im Wirtschaftsleben so weiter gehen.Es gibt zu wenige Frau "Böhms"