Francesco und der Papst

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Hinter den Mauern des Vatikan

Wie kommt man dem aktuellen Papst Benedikt XVI. nahe in einem Film, der zugleich Einblick geben will in die Welt hinter den Mauern des Vatikan? Der aus Argentinien stammende Kameramann und Filmemacher Ciro Cappellari versucht das schwierige Unterfangen mittels eines Kunstgriffes zu lösen, indem er einen elfjährigen Knaben aus Rom als eigentliche Hauptfigur seines Filmes über den Pontifex Maximus installiert. Dies ist aber nicht der einzige Kompromiss, den der Film in Kauf nimmt – betrachtet man es genauer, setzt sich Francesco und der Papst in vielerlei Hinsicht zwischen alle Stühle und wird dabei seinem eigenen Anspruch nur selten gerecht.
Eigentlich ist dieser Francesco Janucci ja ein ganz normaler Junge aus Rom – wäre da nicht seine wundervolle Stimme und die Tatsache, dass der Elfjährige im Chor der Sixtinischen Kapelle (den „Pueri Cantores“) singt. Obwohl seine Eltern getrennt sind und damit dem katholischen Ideal einer „heilen Familie“ nicht gerade entsprechen und obwohl Francescos Brüder über seine Begeisterung für den Papst eher milden Spott übrig haben, ist es das größte Glück des Jungen, dass ausgerechnet er bei einem Privatkonzert für den Papst den schwierigen Solopart übernehmen soll. Und so fiebert Francesco dem großen Tag entgegen, verfolgt die Auslandsreisen des Papstes und hat vor allem davor Angst, dass der vorzeitige Stimmbruch oder eine Erkältung seinen großen Moment im letzten Augenblick verhindern könnten. Während Francesco für seinen großen Auftritt übt, erfährt der Zuschauer einiges über die Reisen des Papstes und nicht zuletzt auch über die Schwierigkeiten der Pueri Cantores, geeigneten Nachwuchs zu finden – auch im katholischen Italien sind die Erosionserscheinungen und die schwindende Bedeutung der Kirche unübersehbar…

Wer sich von Ciro Cappellaris teilweise inszeniertem Dokumentarfilm Francesco und der Papst kritische Einblicke in das Innenleben des Vatikans erwartet, der ist hier definitiv vollkommen fehl am Platz. Wenn Francescos Mutter an einer Stelle des Films (es ist das einzige Mal), deutliche Kritik an den Haltungen des Vatikans übt, wirkt das angesichts der Bewunderung ihres Sohnes für Benedikt XVI. wie ein Fremdkörper in dem Film. Und selbst bei schwierigen Aussagen des Papstes, etwa anlässlich des Besuches in Afrika, bei dem sich Benedikt zu den Themen AIDS und Verhütung äußert, werden zwar kritische Stimmen eingeräumt, dezidiert auf sie eingegangen wird aber nicht.

Die Crux an dem Film ist aber nicht nur seine wohlwollende Haltung, sondern auch sein Zuschnitt auf ein überwiegend kindliches bis jugendliches Publikum, was wiederum einiges an Entscheidungen verlangte, die dem Film nicht unbedingt gut tun.. Klar, dass man jungen Zuschauern das Lesen von Untertiteln nicht unbedingt zumuten kann. Gerade die Synchronisation aber irritiert von Anfang an mit getragen-altklugen Anmerkungen, mangelnder Dynamik und einer Stimmenauswahl, die nicht immer gelungen wirkt. Dass ausgerechnet der väterlich wirkende Monsignore Liberto mit einer Stimme synchronisiert wird, die mit bayrischer Dialektfärbung beinahe ein wenig an die Stimme des Heiligen Vaters erinnert, ist schon beinahe zum Schmunzeln. Insgesamt verstärkt die Synchronisation eher den künstlichen Charakter des Films und distanziert das Publikum von Francesco.

Wenn aber bei einem Film, der sich dadurch auszeichnet, dass das Publikum eine fremde Welt durch die Augen des Protagonisten kennen lernt, eine prinzipielle Fremdheit statt wachsender Nähe zum Handlungsträger vorherrscht, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass hier konzeptionelle Fehler gemacht bzw. falsche Erwartungen geweckt wurden, die der Film nicht erfüllen kann und vielleicht auch gar nicht erfüllen will. „Die unbekannte Seite des Papstes“ jedenfalls, die der Film nach Auskunft des Presseheftes vermitteln will, ist beim besten Willen nicht vorzufinden. So bietet Francesco und der Papst zwar das nette und harmlose Porträt eines Jungen, der für die heutige Zeit nicht gerade typisch sein dürfte. Das Versprechen, dem Papst nahe zu kommen, erfüllt sich aber nur in jenem kurzen Moment, der den Höhepunkt des Filmes markiert – den Auftritt Francescos vor seinem Idol.

Zur österlichen Erbauung papstfreundlicher Kinder und Jugendlicher mag das zwar genügen, ob die dünn gesäten Einsichten in die Welt des Vatikan allerdings reichen, um bei dieser schmalen Zielgruppen einen veritablen Kinohit zu landen, muss dann doch eher bezweifelt werden.

Francesco und der Papst

Wie kommt man dem aktuellen Papst Benedikt XVI. nahe in einem Film, der zugleich Einblick geben will in die Welt hinter den Mauern des Vatikan? Der aus Argentinien stammende Kameramann und Filmemacher Ciro Cappellari versucht das schwierige Unterfangen mittels eines Kunstgriffes zu lösen, indem er einen elfjährigen Knaben aus Rom als eigentliche Hauptfigur seines Filmes über den Pontifex Maximus installiert.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Michael · 22.03.2011

Im Hinblick auf die Vorfälle in der Vergangenheit, ist dieser Film eher mit einem etwas kritischeren Blick zu sehen.