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Die singenden Seemänner sind zurück. In der Fortsetzung des auf wahren Begebenheiten beruhenden Wohlfühlfilms legt das Regieduo gleich mehrere Schippen drauf. Ob das gutgeht?

Fisherman's Friends 2 - Eine Brise Leben (2022)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kaum noch Wind in den Segeln

Vorsicht Verwechslungsgefahr! Der kornische Shantychor ist zurück im Kino und tappt in die Fortsetzungsfalle. Handlung, Gags, ja selbst das Filmplakat ist recycelt. Wodurch sich diese Wohlfühldramödie seltsam vertraut anfühlt und noch formelhafter als ihre Vorgängerin ausnimmt.

Der Erfolg der singenden Fischer, denen wir im ersten Teil beim Sturm an die Chartspitze die Daumen drückten, ist bis in ihren Heimathafen geweht. Dass das pittoreske Port Isaac sich zur Touristenhochburg gewandelt hat, ist Fluch und Segen zugleich. Nur von der Fischerei kann in dem einstmals verschlafenen Küstennest in Cornwall längst keiner mehr leben. Mit dem nie abebbenden Strom selfiesüchtiger Allesablichter ist es aber auch mit der Ruhe vorbei. Bandleader Jim (James Purefoy), dessen Mutter Maggie (Maggie Steed) unter den neugierigen Blicken ihrer Urenkelin Tamsyn (Meadow Nobrega) ein schnuckliges Bed and Breakfast betreibt, flüchtet sich aufs Meer und in den Alkohol.

Der Grund dafür liegt tiefer als im unerwarteten Ruhm und den begleitenden Störgeräuschen. Im Kielwasser des Kommerzes blieb Jim keine Zeit, den Tod seines Vaters Jago (David Hayman) zu verarbeiten. Der erscheint ihm nun als Geist, der ihm ins Gewissen redet. Wie viele andere Entscheidungen im Drehbuch von Nick Moorcroft, Meg Leonard und Piers Ashworth ist auch diese unglücklich und wirkt aufgesetzt. Auf David Hayman, einen echten Publikumsliebling, und dessen Chemie im Zusammenspiel mit Hauptdarsteller James Purefoy wollte das Trio, das bereits im ersten Teil das Drehbuch verantwortete, wohl nicht verzichten. Dabei hätte mehr Verzicht dem Film gutgetan.

Moorcroft und Leonard kennen sich mit Wohlfühlfilmen aus. Mit ihrer Firma Powderkeg Pictures schrieben und produzierten sie unter anderem Tanz ins Leben (2017), Da scheiden sich die Geister (2020) und eben Fisherman’s Friends. Bei dessen Fortsetzung nahm das Duo nun erstmals auf dem Regiestuhl Platz und war sich sicher, „dass wir sowohl bei der Dramaturgie und den komödiantischen Elementen als auch bei der visuellen und musikalischen Gestaltung eine Schippe drauflegen müssen, während wir gleichzeitig das Herz und den Charme des ersten Films beibehalten wollten“. Das Problem dabei: Moorcroft und Leonard packen gleich so viele Schippen drauf, dass Herz und Charme darunter verschüttgehen. 

Schöner als jede Tourismuswerbung für Cornwall in Szene gesetzt, weiß auch Fisherman’s Friends 2 visuell zu überwältigen. Die Farben sind noch prächtiger und die Drehorte, etwa das an einem Felsabhang an der Küste gelegene Minack Amphitheater, noch atemberaubender. Wie schon Fisherman’s Friends verstrickt sich aber auch dessen Fortsetzung in zu viel Seemannsgarn. 

Im Kern geht es darum, einen Nachfolger für Jago zu finden. Beim Vorsingen in einer Kirche ist vom Operntenor bis zum Rocker alles vertreten. Die Wahl fällt auf den Waliser Morgan (Richard Harrington), der neben seiner Stimme auch mit seinem Zungenschlag verblüfft: Er ist des Kornischen mächtig. Die Gruppe ist begeistert. Einzig Jim, der seinen verstorbenen Vater partout nicht ersetzen will, zeigt sich unbeeindruckt – und verfällt immer stärker der Flasche, was letztlich dazu führt, dass die Plattenfirma die Band fallen lässt.

Im Grunde würde diese Konstellation vollkommen ausreichen, um die knapp zwei Stunden Laufzeit zu füllen: ein noch nicht verwundener Todesfall, ein Hahnenkampf zweier Seebären und harte Überzeugungsarbeit, die beim Plattenfirmenchef Jez (Ramon Tikaram) geleistet werden muss, um doch noch das zweite Album des Fischerchors auf den Markt zu bringen. Doch den Filmschaffenden ist das nicht genug. Die Erfolgsformel aus dem ersten Teil will auch im zweiten angewandt werden: Ein Kulturkampf zwischen Stadt und Land und eine Romanze müssen her. Dumm nur, dass die im ersten Teil dafür zuständigen Figuren, der versnobte Londoner Musikproduzent Danny (Daniel Mays) und Jims Tochter Alwyn (Tuppence Middleton), im zweiten Teil gar nicht mehr mitspielen (sondern auf Hochzeitsreise in Australien sind). 

Culture Clash und Liebesgeschichte werden somit auf mehrere Schultern verteilt, was nur leidlich gelingt. Jims trunksüchtiger Trauerarbeit wird ein aus gegenseitiger Abneigung erwachsenes Techtelmechtel mit der irischen Skandalrockerin Aubrey (Musikerin Imelda May in ihrer ersten Kinorolle) zur Seite gestellt. Derweil muss der von PR-Managerin Leah (Jade Anouka) aus London nach Cornwall geschickte Musiklabel-Lakai Gareth (Joshua McGuire) die Wogen glätten. Die Manieren der Seebären, allen voran die des kernig-kauzigen Leadville (Dave Johns) im Umgang mit dem anderen Geschlecht, sind irgendwo in jenen Jahrhunderten steckengeblieben, aus denen die Shantys stammen. Und zu allem Überfluss verkracht sich dann auch noch Pub-Besitzer Rowan (Sam Swainsbury) mit seiner Frau, zieht zu Hause aus und vorübergehend bei Leadville ein, damit last, but not least auch noch ein Hauch Männerwirtschaft durch diesen Film weht.

Die Pointen sind mal zotig, mal peinlich, vor allem aber vorhersehbar, da ein Großteil davon nur leicht abgewandelte Versionen aus dem ersten Teil sind. Und die Handlung ist so übervoll, dass sie nie richtig an Fahrt aufnimmt. So bärbeißig sich die bärtigen Seemänner auch dieses Mal geben und so stimmungsvoll die vorgetragenen Shantys auch sein mögen, in dieser Fortsetzung herrscht zu häufig Flaute.

Fisherman's Friends 2 - Eine Brise Leben (2022)

Die Fortsetzung von „Fisherman’s Friends“. Der lokale Männerchor The Fisherman’s Friends von Port Isaac in Cornwall ist mit seinen Shantys nun zur eigenen Überraschung landesweit bekannt. Der Chor ist in den Charts und seine Mitglieder werden um Autogramme gebeten. Jedoch kommt nicht jeder im Chor mit der neuen Berühmtheit klar. Außerdem muss der Chor noch Ersatz für den verstorbenen Jago finden.

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Meinungen

Martin Zopick · 14.03.2024

Eine musikalische Dokumentation über eine Gruppe von Fischern die mit ihren Shantys weltberühmt wurden. Der Musikmanager Danny (Daniel Mays) entdeckte sie im Hafen von Port Isaac (Cornwall) und führte sie zum Erfolg. In wie weit sich das Drehbuch an die Fakten hält, sei dahingestellt. Rausgekommen ist ein netter Wohlfühl-Film mit einer Reihe von Promis aus der dritten Reihe. (Daniel Mays, James Purefoy oder David Hayman (Jago)). Der Film betont die britische Tradition des Pub Singing und des Pub Quiz. Dafür ist der Plot überaus reichlich mit Lokalkolorit gespickt, wobei die wunderschöne Landschaft mit ihren zerklüfteten felsigen Einbuchtungen eine wichtige Rolle spielt.
Der Manager bekommt die Dorfschöne Alwyn (Tuppence Middleton), (Ist was fürs Herz!), der älteste Sänger Jago segnet das Zeitliche (Extra Massage für die Tränendrüse!) und der Pub wechselt zwar den Besitzer, bleibt aber der Dorfgemeinschaft erhalten.
Natürlich darf der ‘Drunken Sailor‘ im Repertoire des Chores nicht fehlen.
Ein Vertrag mit einer Plattenfirma, sowie ein Auftritt zu Queens Geburtstag, wo die Gruppe nicht wie versprochen die Nationalhymne singt, runden das Bild vom Erfolg ab.