Fischen Impossible - Eine tierische Rettungsaktion

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Der Haifisch, der hat Zähne

Wie sehr der Animationsfilm in deutschen Kinos letztlich stromlinienförmigen Konventionen gehorcht, wird dem Kinogänger, der sich nicht regelmäßig auch auf Festivals herumtreibt, nur selten bewusst gemacht – etwa, wenn wieder einmal eines der Meisterwerke aus dem Studio Ghibli seinen Weg auf die Leinwände findet, jene Filme voller fantastischer Transformationen und traumgleicher Geschehnisse, deren Protagonistinnen und Protagonisten nur wenig mit den allzu braven Figuren zu tun haben, die etwa Disney-Filme in den letzten Jahren bevölkerten. Selbst die Konkurrenz aus den Häusern Sony (mit kräftiger Unterstützung der Aardman Studios) und Dreamworks sowie die kleinen Diamanten von Pixar ändern nichts daran, dass sich die Geschichten und Erzählweisen strukturell doch immer sehr ähneln.
Da fällt ein Film wie Fischen Impossible – Eine tierische Rettungsaktion dann gleich spürbar aus dem Rahmen, obwohl man sich sehr bemüht, den Film in der Vermarktung doch sehr aussehen zu lassen, als habe man es hier mit einem ähnlichen actionreichen Spektakel zu tun wie etwa Arthur Weihnachtsmann – und auch wenn das keineswegs verfehlt ist, weil das letzte Drittel von Fischen Impossible eine einzige wüste Rettungsaktion beschreibt, geht es doch am Kern des Films ein wenig vorbei.

Pup und Julius sind zwei dick befreundete Haifische – Pup ein Bambushai, Julius ein wesentlich größerer Weißspitzenhai, der gerne vorgibt, gefährlich und fischfressend zu sein, es aber in Wirklichkeit nie übers Herz bringt, andere Fische aufzuessen und sich stattdessen lieber von alten Autoreifen ernährt. Zufällig stoßen die beiden auf eine Stelle, an der ein Haipaar einen ganzen Schwung Eier hinterlassen hat – und beobachten prompt zwei kleine Menschenjungen, die die Brut einsammeln und in ihr Boot einladen. Pup lässt das keine Ruhe, und zusammen mit der Schildkröte Mertle macht er sich auf den Weg, die ungeschlüpften Haie aus der Gefangenschaft zu retten.

In dieser Kurzbeschreibung klingt die Handlung von Fischen Impossible beruhigend linear und einfach, tatsächlich aber springt der Film oft unvermittelt zwischen den Handlungssträngen, wie man es in dieser Form von Kinderfilmen kaum gewohnt ist. Da werden Themen angerissen und dann sehr unvollendet liegen gelassen, und erst langsam schält sich zumindest für den erwachsenen Zuschauer heraus, wie das alles zusammenhängt, dass sich ein Rochen aus Angst vor Julius mit bedrohlichen Tieren aus der Tiefsee gegen den Hai verbündet und der kluge Tintenfisch Octo an seinen Erfindungen bastelt, während eine Fabrik am Meeresufer das Leben aller Tiere im Wasser bedroht.

Die Erzählhaltung des Filmes changiert dabei zwischen einem Realismus, der fast schon grimmige Züge hat – das Fressen und Gefressenwerden der Tierwelt ist immer unterschwelliges Thema, und die Bedrohung durch Umweltverschmutzung sehr real –, und einer Traumlogik, in der die Zusammenhänge und Ängste ganz andere Kontexte finden: der Dreck aus der Fabrik hilft zum Beispiel den bösen Tiefseetieren bei ihrem Plan, die Herrschaft über das Meer zu übernehmen.

Die Niedlichkeit der Disney-Figuren, sogar der Antagonisten etwa in Findet Nemo!, ist da weit weg: der Sprung von nur scheinbarer Bedrohlichkeit zu tatsächlicher Gefahr scheint nie besonders groß zu sein. Das macht den Film sicher für ganz kleine Kinder problematisch – aber eben auch interessanter als die meisten seiner Artgenossen aus dem Mainstream.

Allerdings übersetzt sich diese Komplexität, die sich vor allem darin äußert, dass Regisseur Aun Hoe Goh und sein Silver Ant Studio bereit sind, Abgründe klaffen zu lassen, die anderswo übertüncht werden, nicht unbedingt in größerer oder differenzierterer moralischer Tiefe. Pups Befreiungsaktion und der Versuch von Julius und seinen Freunden, ihm zu helfen, gerät ja schließlich zu einem exaltierten und ziemlich chaotischen Actionshowdown, dessen Absurdität allerdings wiederum ihren ganz eigenen Charme hat.

Man muss Fischen Impossible, international schon wieder etwas abgründiger als SeeFood vertrieben, nicht unbedingt lieben. Aber man darf doch hoffen, dass mit diesem malaysischen Beispiel erst der Anfang dafür gemacht worden ist, dass man in deutschen Kinos auch Animationsfilme aus jenen Teilen der Welt zu sehen bekommt, die bisher nie das Dunkel eines hiesigen Kinosaals zu Gesicht bekamen.

Fischen Impossible - Eine tierische Rettungsaktion

Wie sehr der Animationsfilm in deutschen Kinos letztlich stromlinienförmigen Konventionen gehorcht, wird dem Kinogänger, der sich nicht regelmäßig auch auf Festivals herumtreibt, nur selten bewusst gemacht – etwa, wenn wieder einmal eines der Meisterwerke aus dem Studio Ghibli seinen Weg auf die Leinwände findet, jene Filme voller fantastischer Transformationen und traumgleicher Geschehnisse, deren Protagonistinnen und Protagonisten nur wenig mit den allzu braven Figuren zu tun haben, die etwa Disney-Filme in den letzten Jahren bevölkerten.
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