Log Line

In „Fast & Furious 10“ lässt Louis Leterrier die Truppe um Vin Diesel mal wieder um das Heil der Familie kämpfen. Fortsetzung folgt.

Fast & Furious 10 (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Here We Go Again (Extended Mix)

Es gibt komplexe Filme – und Filme, die Komplexität behaupten. „The Fast and the Furious“ (2001), die 106-minütige, mit ein paar semi-bekannten Jungstars besetzte Action-Sause von Rob Cohen, war weder das eine noch das andere, sondern schlicht routiniert gemachte Popcorn-Unterhaltung. Dass diese Produktion den Auftakt zu einer Kinoreihe bilden würde, die im nunmehr zehnten Teil mit dem Pathos einer griechischen Tragödie, der Personalgröße eines russischen Romanklassikers und der Oscarpreisträgerinnendichte eines „Vanity Fair“-Covers zur Film-Awards-Season in epischer Breite von Familie, Rache und internationalem Terrorismus erzählen würde, hätte damals wohl niemand vermutet.

Aber hier sind wir jetzt. Fast & Furious 10. 141 Minuten Laufzeit. Viele, viele Figuren und Konstellationen. Und mit Charlize Theron, Helen Mirren, Rita Moreno und Brie Larson vier mimisch überqualifizierte Akteurinnen, die hoffentlich gutes Geld für ihren Auftritt bekommen haben und ordentlich Fun am Set hatten. Nach mehreren Texten, die ich schon über die Fast-&-Furious-Reihe geschrieben habe, bleibt das Gefühl nicht aus, bereits jede Bemerkung über den Stil dieser Filme, über die Stärken und Schwächen ihrer Dramaturgie und Ästhetik niedergeschrieben zu haben. Sämtliche Wortspiele über schnelles Tempo und das Aushebeln physikalischer Gesetze wurden gebracht, alle Infos über Reibereien hinter den Kulissen gedroppt, die Diversität des Casts ausreichend gelobt und der Abrisskalender-Charakter der Kitschdialoge zur Genüge hervorgehoben.

Im Vorfeld der Sichtung von Fast & Furious 10 hatte ich die Idee, einfach einen Mash-up meiner bisherigen Kritiken hinzuhauen: ein paar ambivalente Gedanken aus der Besprechung zu Fast & Furious 8, ein bisschen miese Laune aus dem Text zu Fast & Furious: Hobbs & Shaw und diverse geklaute Versatzstücke aus der Abhandlung über Fast & Furious 9. Das müsste bei einem zehnten Teil doch eigentlich die angemessene Form sein. Nach der Sichtung erscheint es mir hingegen eher angebracht, dieses Vorhaben lediglich anzukündigen, es dann aber nicht umzusetzen. Vielleicht ja beim nächsten Mal, beim elften Teil. Oder womöglich auch erst beim übernächsten Mal – wer weiß? Könnte auch sein, dass ich längst tot geglaubte und vermeintlich abgehakte Feststellungen noch mal wiederkehren lasse, so wie in diesem Franchise angeblich gestorbene Figuren stets wieder auftauchen können. Oder dass ich etwas bis dato als absolut negativ Befundenes ganz plötzlich als überaus positiv einordne, so wie supergefährliche Antagonist:innen mir nichts, dir nichts zu lustigen Sidekicks werden können. Wen kümmert schon Konsequenz und Stringenz?

Worum geht es also in Fast & Furious 10? Mal wieder hat es jemand auf das Familienglück von Dom (Vin Diesel) abgesehen. Das spießige Barbecue-Idyll im kalifornischen Garten wird uns nach wie vor als das Allerheiligste verkauft. Durch eine Intrige des psychopathischen Dante (Jason Momoa), dessen Origin Story durch bearbeitete Rückblenden in vorherige Teile hineingebastelt wird, werden Dom, Letty (Michelle Rodriguez), Roman (Tyrese Gibson), Tej (Ludacris), Ramsey (Nathalie Emmanuel) und Han (Sung Kang) weltweit als Terrorist:innen gesucht, nachdem das schöne Rom mittels einer durch die Stadt rollenden Bombe in Schutt und Asche gelegt wurde. Die Agency, angeführt vom neuen Boss Aimes (Alan Ritchson), ist der Truppe auf den Fersen. Dass es dabei zu ständigen abenteuerlichen Schauplatzwechseln kommt, ist ein hübscher Running Gag des Films.

Der Krieg werde kommen, heißt es. Sämtliche Menschen, die Dom liebt, seien des Todes. „The world is on fire…“ Ja, nun. All diese Menetekel hätten vielleicht eine gewisse Wucht, wenn sich ohnehin nicht jede:r bereits mal dramatisch geopfert hätte. Über Vom Winde verweht (1939) hat Georg Seeßlen einmal gesagt, es sei „eigentlich nicht ein Melodram, sondern deren mindestens sechs“. Etwas Ähnliches lässt sich auch bezüglich Fast & Furious 10 konstatieren. Wir haben unter anderem eine sehr nette Buddy-Komödie über einen Onkel (John Cena als Doms cooler Bruder Jakob) und dessen Neffen (Leo Abelo Perry als Little Brian) auf der Flucht, einen passablen Polizei-Thriller über eine Agentin (Brie Larson als Tess, Tochter von Mr. Nobody), ein ziemlich banales Roadmovie um eine nerdige Clique (Roman, Tej, Ramsey und Han) und eine völlig missglückt interpretierte Revenge-Posse mit Jason Momoa als queer anmutendem Schurken, der böse Erinnerungen an vergleichbar homophob-knallchargige James-Bond-Gegner aus den 1970er Jahren weckt. Manches davon bereitet richtig Spaß, manches lässt mit den Augen rollen, manches ist schlichtweg dämlich. Und alles wird natürlich weitergehen. Bis zum nächsten Mal, ciao!

Fast & Furious 10 (2023)

Im Verlauf zahlreicher Missionen und allen Widrigkeiten zum Trotz ist es Dominic Toretto und seiner Familie noch immer gelungen, all ihre Gegner, die sich ihnen in den Weg gestellt haben, zu überlisten, zu übermannen und zu überholen. Jetzt müssen sie sich dem tödlichsten Gegenspieler stellen, mit dem sie es jemals zu tun hatten: eine entsetzliche Bedrohung, die sich aus dem Schatten ihrer Vergangenheit erhebt, angetrieben von Durst nach Rache und fest entschlossen, die Familie zu zerschmettern und alles – und jeden – für immer zu zerstören, der Dom von Bedeutung ist.

In „Fast & Furious 5“ aus dem Jahr 2011 setzten Dom und seine Crew den verachtenswerten brasilianischen Drogenbaron Reyes außer Gefecht und zogen auf einer Brücke in Rio de Janeiro einen Schlussstrich unter sein Imperium. Sie konnten nicht wissen, dass Reyes’ Sohn Dante alles mit ansah und die letzten zwölf Jahre damit zubrachte, einen Plan zu schmieden, wie er Dom den ultimativen Preis dafür zahlen lassen kann. 

Dantes Plan: Doms Familie vor sich herzutreiben, von Los Angeles zu den Katakomben Roms, von Brasilien nach London und von Portugal in die Antarktis. Neue Allianzen werden geschmiedet, alte Feinde tauchen wieder auf. Aber alles ändert sich, als Dom entdeckt, dass sein Sohn die eigentliche Zielscheibe von Dantes Vergeltung ist.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

John · 05.02.2023

Regie führt Louis Leterrier ohje, na toll Hoffentlich übertreibt er das nicht wieder mit seinen abartigen Kameraschwenks die sogar bei kurzer Betrachtungsdauer
Kopfschmerzen verursachen