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Simi will die Osterferien bei ihrer Tante verbringen, damit ihr diese beim Abnehmen hilft. Diese erklärt sich dazu bereit. Doch auch deren Verhältnis zum Essen ist eher gestört. Einmal mehr zeigt sich, dass viele Diäten einfach ungesund sind.

Family Dinner (2022)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Es ist angerichtet!

Von Anfang an spürt man, dass hier etwas nicht stimmt. Als Simi (Nina Katlein) beim Haus ihrer Tante Claudia (Pia Hierzegger) ankommt, ist alles still. Vorsichtig tritt sie ein, sieht sich um, als Claudia sie dann von hinten überrascht: „Wir dachten, du kommst erst heute Abend.“ Eigentlich eine ganz normale Aussage, doch schwingt bereits ein leicht barscher Unterton mit. Und das ist tatsächlich kein Zufall, denn der Umgang in diesem Haus ist streng, wirkt aufgesetzt freundlich.

Diese Mühe macht sich Filipp (Alexander Sladek) bei Simi erst gar nicht und feindet sie massiv an. Die beiden Cousins haben sich lange nicht gesehen, seit Claudia sich von ihrem Mann, dem Bruder von Simis Mutter, hat scheiden lassen. Mit dem neuen Partner seiner Mutter kommt Filipp nicht gut aus, da ihn dieser als Schwächling ansieht.

Die Stimmung in der Familie ist angespannt. Und Simi traut sich auch nicht recht, Claudia zu sagen, weswegen sie unbedingt die Osterferien bei ihr verbringen wollte. Sie wünscht sich, dass ihr die Tante, die als erfolgreiche Köchin und Kochbuchautorin tätig ist, beim Abnehmen hilft. Claudia lehnt auch erst mal entschieden ab, dass Simi bis über Ostern bleiben kann, denn das sei ein Feiertag, der für die Familie ganz besonders intim sei, da würde sie nur stören. Es vergehen aber ein paar Tage und Claudia erklärt sich trotzdem bereit, Simi zu helfen. Als Erstes muss sie ab sofort fasten. Das fällt der jungen Frau sehr schwer, erst recht, weil zu den Mahlzeiten der Tisch immer reichlich gedeckt ist. Aber nur für Filipp, der muss brav weiteressen.

Family Dinner des österreichischen Regisseurs Peter Hengl nimmt sich viel Zeit, um die Familienkonstellation zu beschreiben. In diesem intimen Kammerspiel, das auf vier Figuren und dem Haus als Schauplatz beschränkt ist, spielt die Atmosphäre eine wichtige Rolle. Eigentlich wirkt alles harmlos, doch das kann natürlich nicht sein. Die Figur der Tante ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Ist sie doch einfach nur ein wenig esoterisch veranlagt oder steckt mehr dahinter? Wieso macht sie so ein Geheimnis um das Thema ihres neuen Buches? Darin soll es um die Essgewohnheiten alter Kulturen gehen und was man heute daraus lernen kann. 

Recht geschickt schlägt der Film den Bogen zwischen Mythologie und Gegenwart. Als Gruselmotiv funktioniert das Zurückgreifen auf kultische Bräuche eigentlich immer. Den früheren Ritualen stellt er neumodische gegenüber. Einst hieß es „Fasten“, heute redet man von „Detox“. Auch fühlt man sich an die vielen Arten von neuen Diäten erinnert, die sich angeblich auf antike Lebensmodelle beziehen. Mokiert sich der Film beispielsweise über die Paleo-Diät, nach der die Menschen sich wie die Menschen in der Steinzeit ernähren?

Dazu greift Family Dinner die aktuelle Diskussion über Schönheitsideale auf. Simi, aus deren Perspektive die Handlung erzählt wird, ist übergewichtig, versucht bereits selbst alles, um abzunehmen. Ihre Tante möchte ihr helfen, deren Mann findet, dass sie es gar nicht nötig hätte. Allein Filipp macht bösartige Sprüche. Nina Katlein beweist Charisma in der Rolle der Simi. Für die junge Österreicherin ist das der erste große Filmauftritt. Sie überzeugt durch ein feines, zurückgenommenes Spiel. Das gilt weitgehend auch für den Rest der Darsteller und insbesondere Pia Hierzegger scheint die Rolle auf den Leib geschrieben worden zu sein.

Das Ungleichgewicht, das zwischen den Figuren besteht, vermitteln die Schauspieler glaubhaft. Keiner vertraut dem anderen, das Klima ist frostig und das überträgt sich auch auf die Wahrnehmung des Films. Er bleibt immer auf Distanz zum Publikum. Einen so richtig emotional in die Geschichte hineinzuziehen, vermag er nicht. Auch nicht, indem einige der Schlüsselszenen mit besonders gewichtiger Musik unterlegt werden oder die Kamera eine ausgeprägte Vogelperspektive einnimmt. Überhaupt wirken einige der entscheidenden Wendungen recht vorhersehbar und es ist schade, dass der Auflösung nicht etwas mehr Sorgfalt entgegengebracht wurde.

Als Horror-Coming-of-Age geht Family Dinner von einer an sich recht originellen Grundidee aus, doch bedient er sich in der dramaturgischen Motivik stark am Altbekannten, was ihn schließlich durchschnittlich macht.

Family Dinner (2022)

Die fünfzehnjährige Simi fährt über die Osterferien auf den entlegenen Bauernhof ihrer Tante, die sich als exzentrische Ernährungsberaterin in Print und Fernsehen einen Namen gemacht hat. Kaum in den Bergen angekommen, muss sich Simi nicht nur das Zimmer mit ihrem Cousin Filipp teilen (der noch von der Mama gefüttert wird), sondern sich auch den strikten Regeln unterwerfen, mit denen ihre Tante und deren Lebensgefährte das Gehöft führen. Was anfangs nur nach einer lästigen Marotte aussieht, entwickelt sich schnell zu einem perfiden Machtspiel, je näher der Karfreitag rückt. Mit jeder unheimlichen Nacht wird Simi klarer, dass auf dem Hof irgendetwas ganz und gar nicht stimmt… (Quelle: Fantasy Filmfest 2022)

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