Elly ...

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Leben im Iran - Zwischen Tradition und westlichem Lebensgefühl

Es ist eine ausgelassene Runde von Freunden, die zusammen einige Tage am Meer verbringen wollen. Doch schon die Ankunft am Urlaubsort verläuft nicht ganz so, wie das geplant war: Die Unterkunft kann nur für einen Tag bezogen werden, da der Besitzer sein Kommen angekündigt hat, so dass die Thirtysomethings aus Teheran notgedrungen in einer heruntergekommen Villa am Meer ihr Domizil aufschlagen.
Schnell zeigt sich, dass der Ausflug auch einer eingefädelten Verkupplung dienen soll: Ahmad (Shahab Hosseini), der eigentlich in Deutschland lebt und gerade von seiner deutschen Frau geschieden wurde, und die Kindergärtnerin Elly (Taraneh Alidousti) sollen zusammengebracht werden. Anfangs scheint der Plan, den Sepideh (Golshifteh Farahani) ausgeheckt hat, auch zu funktionieren, doch Elly zeigt sich widerspenstig und will bereits nach einem Tag wieder nach Hause zurückkehren. Doch kurz bevor sie aufbricht, geschieht ein Unglück, das alles verändert. Beim Versuch, eines der mitgereisten Kinder vor dem Tod im Meer zu retten, verschwindet Elly spurlos, und keiner der Anwesenden kann wirklich sagen, ob sie nun Reißaus genommen oder den Tod im Wasser gefunden hat. Beim Versuch herauszufinden, was wirklich geschah, verstricken sich alle Anwesenden immer tiefer in ein Gespinst von Lügen und müssen zudem erkennen, dass auch Elly ihre Geheimnisse hatte: So taucht beispielsweise plötzlich ein Verlobter auf, von dem niemand etwas wusste und vor dem die Verkupplungsabsichten Sebidehs geheim gehalten werden müssen. Denn es geht schließlich um die Ehre Ellys, von der niemand genau weiß, was mit ihr geschehen ist. Und so spitzen sich die Ereignisse immer mehr zu, die ausgelassenen Tage am Meer werden für alle Beteiligten zu einer wahren Höllentour.

Mit exzessivem Handkamera-Einsatz und ausgezeichneten Schauspielern hat der iranische Regisseur Asghar Farhadi ein dichtes, manchmal aber etwas zähes Beinahe-Kammerspiel gedreht, bei dem die Protagonisten sich immer tiefer in ein Gespinst aus Lügen und moralischen Wertvorstellungen verstricken, bis schließlich nur noch die Wahrheit hilft. Interessant ist dabei vor allem, wie emanzipiert die Frauen anfangs wirken und wie schnell diese scheinbare Freiheit selbst in liberalen Kreisen offensichtlich Bessergestellter der iranischen Gesellschaft abhanden kommt, sobald die Situation kippt.

Regisseur Asghar Farhadi will den Film zwar – vielleicht auch aus Schutz vor möglichen Zensurmaßnahmen – nicht als Bestandsaufnahme der iranischen Gesellschaft verstanden wissen. Doch die rigiden Moralvorstellungen, die sehr subtil immer wieder an die Oberfläche drängen, und die Selbstverständlichkeit, mit der Frauen im Extremfall für alles verantwortlich gemacht werden, spricht Bände und zeichnet sehr wohl ein stimmiges Bild des Iran als zutiefst gespaltenes Land zwischen Tradition und westlichem Lebensstil.

Elly ...

Es ist eine ausgelassene Runde von Freunden, die zusammen einige Tage am Meer verbringen wollen. Doch schon die Ankunft am Urlaubsort verläuft nicht ganz so, wie das geplant war:
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