Duplicity - Gemeinsame Geheimsache (2009)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Charmantes Verwirrspiel

Dass in der Wirtschaft raue Sitten herrschen, dürfte dem einen oder anderen Interessierten in den letzten Jahren bestimmt aufgefallen sein. Auch die Begeisterung mancher Manager und Wirtschaftslenker für die Prinzipien von Sun Tsu (Die Kunst des Krieges) und Carl von Clausewitz (Vom Kriege) verdeutlicht, wie hoch Aggressivität und Konfliktbereitschaft im Denken mancher Manager im Kurs stehen. „Wirtschaft ist Krieg“, weiß ein japanisches Sprichwort. Und wo Kriege um Marktanteile und neue Märkte geführt werden, sind Spionage und Desinformation nicht weit entfernt. In den letzten Jahren rücken die Spione in den Unternehmen und Konzernen erst langsam in den Fokus des medialen Interesses. Und bei genauerer Betrachtung war auch James Bond, der Inbegriff des Geheimagenten, in seinen Abenteuern weniger mit den Russen als vielmehr mit den dunklen Machenschaften machtgieriger Unternehmer und Konzernlenker befasst. Mit Duplicity –Gemeinsame Geheimsache setzt Tony Gilroy (Michael Clayton) dem Genre nun die Krone auf und hat einen derart gewundenen und verdrehten und zugleich ungeheuer charmanten Spionagethriller gedreht, der neben allem Anspruch an das Fassungsvermögen der Zuschauer zugleich auch sehr viel Spaß macht.

Wie sehr sich die beiden Firmenlenker Dick Garsik (Paul Giamatti) und Howard Tully (Tom Wilkinson) hassen und bekriegen, inszeniert Gilroy in einer furiosen Eröffnungsszene ohne einen einzigen Dialogsatz, aber umso komischer und beeindruckender: Unter einem bleigrauen, wolkenschweren Himmel stehen zwei Privatjets in perfekter Symetrie einander gegenüber, umgeben von smarten Managern, aus deren Reihen sich jeweils ein Mann löst und in der Mitte angekommen, verschlingen sich die Körper ineinander, hagelt es Schläge und Hiebe, legt man sich (und zwar im wortwörtlichen Sinne) aufs Kreuz und geht sich gegenseitig an die Gurgel. Bis die subalternen Manager wie Hilfstruppen das heillos ineinander verstrickte Menschenknäuel voneinander trennen. Eines macht diese in Slow Motion gedrehte Szene deutlich: Diese beiden Männer sind Todfeinde. Und sie schrecken vor keiner Gemeinheit zurück, um den Krieg gegen den Kontrahenten nicht doch für sich zu entscheiden. Im Kalten Krieg zwischen den beiden Unternehmen sind auch die frühere CIA-Agentin Claire Stenwick (Julia Roberts) und der ehemalige MI6-Mitarbeiter Ray Koval (Clive Owen)n verwickelt, die jeweils für einen der beiden Kontrahenten arbeiten. Was die Arbeitgeber freilich nicht wissen: Claire und Ray kennen sich von früher und arbeiten an dem Plan, durch Tricks und ein doppeltes Spiel reich zu werden. Doch vor dem Hintergrund der eiskalten Machenschaften ist Liebe und gegenseitiges Vertrauen nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Vor allem dann, wenn noch Andere in dem Poker um Macht, Geld und neue Produkte mitspielen.

Ein äußerst verzwickter Plot ist es, den Tony Gilroy hier geschrieben und inszeniert hat, voller trickreichen Wendungen und doppelten Böden und garniert mit Rückblenden und Split Screens. Und mehr als einmal ertappt man sich dabei, dass man nicht mehr genau weiß, ob man den Bildern und Subplots bzw. dem eigenen Verständnis noch trauen darf – ein Gefühl, das auch Claire Stenwick und Ray Koval zu Genüge kennen dürften. Beinahe scheint es so, als habe das Team um Gilroy und den brillant agierenden Kameramann Robert Elswit (There Will be Blood , Syriana) versucht, an einem Weltrekordversuch teilzunehmen, wie viele Schrauben, Drehungen und Twists in einen einzigen Film passen. Was Duplicity – Gemeinsame Geheimsache nicht immer zum Vorteil gereicht: Im Dickicht der falschen Fährten und doppelten Böden verschwimmen und zerfasern die Motivationen der Handelnden und betonen die (zugegebenermaßen raffinierte) Künstlichkeit und Konstruiertheit der Geschichte.

Da der Film aber mit leichter Hand gemacht ist und von einem entzückenden Paar sowie zwei hinreißenden Schurken getragen wird, bleibt der hohe Unterhaltungswert auch dann erhalten, wenn man der einen oder anderen Fährte nicht mehr folgen kann – oder will. Wenn beispielsweise Claire Stenwick Ray mittels angeblich gefundener Unterwäsche auf die Probe stellt, dann ist das nicht nur sehr charmant, sondern auch ziemlich sexy und erinnert an augenzwinkernde Thriller aus den Sechzigern wie Thomas Crown ist nicht zu fassen / The Thomas Crown Affair mit Steve McQueen und Faye Dunaway (USA 1968, Regie: Norman Jewison) oder an Steve Soderberghs Trilogie rund um Danny Ocean und seine Komplizen.

Nach Tom Tykwers The International begibt sich Clive Owen in Duplicity –Gemeinsame Geheimsache binnen kurzer Zeit bereits zum zweiten Mal in die kriminellen Abgründe der Wirtschaft – wie passend – und sorgt gemeinsam mit Julia Roberts dafür, dass man sich das intrigante Treiben mancher Manager endlich mal wieder mit Vergnügen anschauen kann. Und das Ende macht deutlich, dass man zwar versuchen kann, bei den Spielen der großen Jungs ein wenig mitzuspielen, dabei aber bedenken sollte, dass manche besonders gewitzten Exemplare selbst dem schlauesten Kopf immer mindestens einen Schritt voraus sind. Das sind ja heitere Aussichten.
 

Duplicity - Gemeinsame Geheimsache (2009)

Dass in der Wirtschaft raue Sitten herrschen, dürfte dem einen oder anderen Interessierten in den letzten Jahren bestimmt aufgefallen sein. Auch die Begeisterung mancher Manager und Wirtschaftslenker für die Prinzipien von Sun Tsu (Die Kunst des Krieges) und Carl von Clausewitz (Vom Kriege) verdeutlicht, wie hoch Aggressivität und Konfliktbereitschaft im Denken mancher Manager im Kurs stehen. „Wirtschaft ist Krieg“, weiß ein japanisches Sprichwort. Und wo Kriege um Marktanteile und neue Märkte geführt werden, sind Spionage und Desinformation nicht weit entfernt.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen