Du hast es versprochen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Gehversuche im Genre-Entwicklungsland

Es scheint eine Binsenweisheit zu sein, dass es Genrefilme im aktuellen deutschen Kino schwer haben. Ebenso wahr ist aber auch die Feststellung, dass sich gerade in den letzten Jahren immer häufiger Widerstand regt gegen die stillschweigende Übereinkunft, dass dem Publikum keine Horror- oder Thrillerkost aus einheimischer Produktion zuzumuten sei. Allzu viel Erfolg ist diesen zaghaften Gehversuchen bislang allerdings nicht beschieden, Dennis Gansels Politthriller Die vierte Macht scheiterte ebenso an den Kassen wie sein Vampirfilm Wir sind die Nacht – zumindest wenn man die Besucherzahlen mit ähnlichen Produktionen US-amerikanischer Provenienz vergleicht. Das Beachtliche an solchen Geschichten ist aber, dass es dennoch Filmemacher gibt, die es immer wieder versuchen, einen Treffer zu landen und damit den Knoten zu lösen. Das jüngste Beispiel dafür ist der Horrorthriller Du hast es versprochen der Debütantin Alexandra Schmidt, die es mit ihrem Film sogar zum renommierten Filmfestival von Venedig schaffte. Ob ihr Film aber den Fluch des deutschen Genrekinos brechen kann, muss dann doch bezweifelt werden.
Um einen Fluch geht es auch in der Geschichte, die der Film erzählt – zumindest um einen behaupteten: „Niemand, der da runtergegangen ist, kam je wieder hoch“, flüstert die neunjährige Hanna (Greta Oceana Dethlefs) ihrer Freundin Clarissa (Alina Sophie Antoniadis) zu, als die beiden beim Spielen im Wald auf eine verwunschene Ruine stoßen. 25 Jahre später begegnen sich die beiden Freundinnen zufällig wieder, Hanna (nun gespielt von Mina Tander) ist mittlerweile Ärztin und behandelt eine junge Frau (Laura de Boer), in der sie die Freundin von einst wiedererkennt. Die hat gerade einen Selbstmordversuch hinter sich und ist dankbar für die Zuwendung, die Hanna ihr angedeihen lässt. Um das Wiedersehen zu feiern, brechen die beiden Frauen gemeinsam mit Hannas Tochter Lea (Lina Köhlert) zu einer Insel auf – just an jenen Ort, an dem sie einst zusammen den Wald durchstreiften und auf das unterirdische Verließ stießen. Man ahnt schnell, dass diese Rückkehr an den Ort der unbeschwerten Kindheit einige Entdeckungen bereithält, deren Existenz besser für immer im Dunkel des düsteren Gefängnisses geblieben wären.

Rückblickend betrachtet wirkt Alex Schmidts Film Du hast es versprochen fast schon wie ein heiteres Zitateraten, das Genrefans geradezu herausfordert, Assoziationen zu anderen Klassikern aus dem Horror- und Mystery-Bereich hervorzukramen: Die beinahe wie Zwillinge anmutenden, in weiß gekleideten Mädchen — eine Reminiszenz an Stanley Kubricks The Shining. Der Blick aus dem Loch in den Himmel – eine Anlehnung an Hideo Nakatas The Ring, ebenso wie die entsättigten Farben der anfänglichen, an einen Traum gemahnenden Eingangssequenz. Diese Reihung lässt sich fast nach Belieben weiterführen. Zugleich aber markieren all diese Anleihen schon das vordringlichste Problem des Films: Ausgestattet mit einer recht dünnen Story, die am Ende jede Glaubwürdigkeit vermissen lässt, mutet der Film an wie eine Nummernrevue aus hinreichend bekannten Klischees, die durch den recht dünnen roten Faden der Story nur mühsam beisammen gehalten werden.

Dennoch soll nicht verschwiegen werden, dass Alex Schmidts Film seine Qualitäten hat – die liegen vor allem in der souveränen Inszenierung, in der unbestreitbaren technischen Qualität, mit deren Hilfe die Regisseurin souverän auf der Klaviatur der Genrekonventionen spielt. Schade nur, dass die Story es nicht vermag, mit dem gestalterischen Vermögen des eigentlich recht vielversprechenden Debüts mitzuhalten.

Man sollte die offensichtlichen Fehler und Schwächen des Films, die Ungereimtheiten und die Klischeehaftigkeit in der Figurenzeichnung nicht überbewerten, sondern sich vergegenwärtigen, dass es sich hierbei um ein Debüt handelt, das es zudem wagt, die ersten Schritte ausgerechnet auf dem stiefmütterlich verwaisten Feld des Horrorfilms zu wagen. Das allein ist schon aller Ehren wert, auch wenn es noch lange keinen wirklich überzeugenden Genrefilm macht. Auf den müssen wir wohl immer noch ein wenig warten.

Du hast es versprochen

Es scheint eine Binsenweisheit zu sein, dass es Genrefilme im aktuellen deutschen Kino schwer haben. Ebenso wahr ist aber auch die Feststellung, dass sich gerade in den letzten Jahren immer häufiger Widerstand regt gegen die stillschweigende Übereinkunft, dass dem Publikum keine Horror- oder Thrillerkost aus einheimischer Produktion zuzumuten sei.
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