Die Widerständigen "also machen wir das weiter ..."

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Damit es nicht vergessen wird...

Ein Film des Widerstands. Des Widerstands gegen das Vergessen: Denn was immer wieder gebracht, immer weiter verbreitet wird, das sind die Geschichten über die Täter, in Dokumentar- und in Spielfilmform. Und wenn die Widerständler gegen das Hitlerregime in den Vordergrund gerückt werden, dann sind es die bekannten Namen, die etwa Marc Rothemund über Sophie Scholl oder Oliver „Der Untergang“ Hirschbiegel über Georg Elser rekapitulieren.
Natürlich haben die Protokolle des nationalsozialistischen Machtapparates überdauert, an dem sich Historiker abarbeiten — der Widerstand hat keine wissenschaftlich verwertbaren Quellen hinterlassen. Und viele Widerständler haben schlicht nicht überlebt, um ihre Geschichte zu erzählen.

Katrin Seybolds Lebensthema war der Widerstand, der nicht groß herauskam. Über Jahre dokumentierte sie in zahllosen Interviews diejenigen, die aktiv Hitler und seine Schergen bekämpften; sie starb im Juni 2012, ihr letzter Film war Die Widerständigen — Zeugen der Weißen Rose, der nun ergänzt wird mit weiterem Material, in einem weiteren Film, zusammengestellt von Ula Stöckl: Überlebende dürfen sprechen, über die Zeit des Nationalsozialismus, über ihre Überzeugungen, über ihre Gedanken und Aktionen, über Vorsicht, Angst, Verhaftung und Verhör.

Das ist orale Geschichtsschreibung, alte Menschen erzählen, wie es war, wie sich der Geist der Weißen Rose ausbreitete, gerade nach den Hinrichtungen von Hans und Sophie Scholl und von Christoph Probst. Die Flugblätter verbreiteten sich, Widerstandszellen bildeten sich oder weiteten sich aus in Berlin und Hamburg; zentrale Figur war Hans Leipelt, der als Motor Kontakt hielt, Informationen verbreitete. Und Professor Heinrich Otto Wieland, der als Chemienobelpreisträger es sich leisten konnte, auch „Halbjuden“ bei sich studieren zu lassen.

Schmerzlich muss die Erinnerung sein, man sieht es den Gesichtern an, man hört es an den Stimmen. Und doch müssen die Widerständigen erzählen, weil sie es dürfen. Weil die Kamera aufnimmt, verewigt und verbreitet, was gesagt werden muss. Wie klandestin sich der Unmut ausbreitete, wie die Furcht vor der Gestapo ständiger Begleiter war, wie schon kleine Aktionen, ja die reine Bekanntschaft mit bestimmten Personen unweigerlich Verhaftung und Lebensgefahr bedeuteten. Wie wenig erreicht werden konnte gegen das allmächtige, allgegenwärtige Terrorregime. Und wie wichtig doch die Gedanken, der Geist war, der da wehte, im Untergrund, in den Köpfen der Studenten, der Intelligentia.

Erschütternd die Schilderungen von Gestapo-Haft und Verhören, von der Angst, zuviel zu verraten und dem Zwang, etwas sagen zu müssen. Von den Prozessen, vom Wissen, wer geliefert war und wer nicht. Und tragisch die Berichte, wie es weiterging nach dem Untergang: Wie der Widerstand nicht anerkannt wurde, wie die Traumata nicht verarbeitet werden konnten, wie einige ins Exil mussten, weil sie nicht weiterleben konnten in Deutschland; wie in der DDR nur der kommunistische Widerstand akzeptiert wurde.

Ein wichtiger Film; aus eben diesen Gründen. Kein Film, der mahnt, kein Film, der seine Moral für das richtige Verhalten vor sich herträgt. Ein Film über Verhalten, das möglich war; Verhalten, das Haltung bedeutet, und das mit heftigen Konsequenzen geahndet wurde. Verhalten, das Courage erfordert. Verhalten, das verdient hat, festgehalten zu werden.

Die Widerständigen "also machen wir das weiter ..."

Ein Film des Widerstands. Des Widerstands gegen das Vergessen: Denn was immer wieder gebracht, immer weiter verbreitet wird, das sind die Geschichten über die Täter, in Dokumentar- und in Spielfilmform. Und wenn die Widerständler gegen das Hitlerregime in den Vordergrund gerückt werden, dann sind es die bekannten Namen, die etwa Marc Rothemund über Sophie Scholl oder Oliver „Der Untergang“ Hirschbiegel über Georg Elser rekapitulieren.
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