Die Todesreiter von Darfur

Eine Filmkritik von Red.

Anatomie eines Genozids

Was für ein Titel! Zunächst würde man beinahe an einen blutigen Western oder einen Horrorstreifen, wenn da nicht die Ortsangabe Darfur wäre, die man aus den Schreckensnachrichten längst kennt. Doch wer diesen Film dann gesehen hat, der weiß, dass in der Realität ein Grauen existiert, das die Fiktion bei weitem übertrifft.
Der offizielle militärische Beobachter Brian Steidle hat dieses Grauen hautnah erlebt, als er in den Jahren 2004 und 2005 in die westsudanesische Krisenregion Darfur geschickt wurde, die aus den drei Provinzen Gharb Darfur, Schamal Darfur und Dschanub Darfur besteht. Bereits ein Jahr zuvor hatte der Aufstand zweier Rebellentruppen, der Sudan Liberation Army (SLA) und des Justice and Equality Movement (JEM) begonnen, die sich gegen die Benachteiligung der Region wandten. Trotz eines Waffenstillstandes, der am 8. April 2004 unterzeichnet worden war, schlug die sudanesische Zentralregierung mit Hilfe arabischer Reitermilizen, den Janjaweed erbarmungslos zurück: Mordend, brandschatzend und vergewaltigend zogen die Milizen durch die Region und hinterließen eine Spur der Zerstörung: So sollen nach Schätzungen der „Coalition for International Justice“ rund 400.000 Menschen bei dem Konflikt ums Leben gekommen sein, rund 2,5 Millionen Menschen wurden vertrieben. Seit Anfang des Jahres 2008 sind UNAMID-Friedenstruppen in der Unruheregion stationiert, doch Darfur kommt nicht zur Ruhe. Mittlerweile hat sich der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag der Causa angenommen und Haftbefehl gegen den sudanesischen Minister für humanitäre Angelegenheiten Ahmad Harun und den Chef der Reitermilizen Ali Kuschaib erlassen, ein weiterer Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten al-Baschir soll demnächst folgen. Doch für die vielen Toten kommt das alles zu spät.

Steidle hat als Beobachter des Konflikts, der als größte humanitäre Katastrophe der letzten Jahre gilt, das Grauen auf zahlreichen Bildern minutiös festgehalten. Aufgrund seines Auftrags zum Zuschauen verurteilt, musste er miterleben, wie er bedroht und entführt wurde und wie vor seinen Augen Kinder niedergemetzelt wurden. Unzählige Berichte über das Grauen hat er damals verfasst, in der Hoffnung, dass sich dadurch etwas ändern. Doch vergebens. Psychisch gebrochen und maßlos enttäuscht von der Tatenlosigkeit der internationalen Gemeinschaft quittierte Steidle seinen Dienst, um in die USA zurückzukehren und dort über das Grauen zu berichten, das er dort gesehen hatte.

In ihrem Film Die Todesreiter von Darfur / The Devil Came on Horseback schildern die beiden Filmemacherinnen Anni Sundberg und Ricky Stern Steidles Erlebnisse und seinen verzweifelten Kampf um die öffentliche Aufmerksamkeit. Sie tun dies mit Hilfe der unfassbaren Bilder, die der Ex-US-Marine mit seiner Kamera geschossen hat – der einzigen Waffe, die ihm bei diesem aussichtslosen Kampf zur Verfügung stand und sie schildern ganz nebenbei den Weg eines jungen Mannes, der sich unter dem Eindruck der Gräuel verändert hat. Früher war der Exsoldat ein patriotischer Amerikaner, heute ist er maßlos enttäuscht von der Untätigkeit seiner Regierung und der Hilflosigkeit der internationalen Staatengemeinschaft. Und doch führt er seinen Kampf weiter – auch mit diesem Film, der ihn unter anderem auf seiner Reise in die Flüchtlingslager im Tschad begleitet. Sein Kampf ist vor allem auch ein Kampf gegen die eigenen Dämonen, gegen Bilder, die man nicht wieder vergessen kann.

Die Todesreiter von Darfur

Was für ein Titel! Zunächst würde man beinahe an einen blutigen Western oder einen Horrorstreifen, wenn da nicht die Ortsangabe Darfur wäre, die man aus den Schreckensnachrichten längst kennt.
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