Die schöne Krista

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Germany's next Top-Cow

„Diese Kuh hat alles, was wir von einer modernen Milchkuh verlangen. Gut im Fundament, scharf gebaut, eine großrahmige Hochleistungskuh.“ So wird die titelgebende schöne Krista von einem Preisrichter in der Weser-Ems-Halle charakterisiert, der sie folgerichtig zur schönsten Kuh Deutschlands kürt. Ihr Züchter Jörg ist vor Tränen gerührt, hat er doch seit Jahren mit seiner Zucht auf dieses Ziel hingearbeitet. Mit den Bildern der Leistungsschau beginnt der Dokumentarfilm Die schöne Krista von Antje Schneider und Carsten Waldbauer, in dem sie Krista und ihren Züchter in ihrem Alltag begleiten.
Mit dem Titelgewinn ändert sich – wie wohl bei jeder Castinggewinnerin – auch Kristas Leben: Fortan steht sie nur noch mit einer weiteren Kuh in einer Box und nicht mehr im Stall, außerdem muss sie nicht nur Milch, sondern auch Eizellen produzieren und fit für weitere Schauen sein. Denn Jörg verspricht sich von seiner Krista auch einen finanziellen Gewinn, schließlich ist sie nicht mehr nur einfach eine der 2,5 Millionen Kühe in Deutschland. Also besamt er sie mit dem Sperma von Goldwyn aus Kanada und hofft, sie wird selbst ein Kalb austragen, außerdem lässt er Eizellen entnehmen und befruchten, damit andere Kühe ihre Kälber austragen können. Jedoch gibt es Schwierigkeiten: Die künstliche Befruchtung funktioniert nicht, außerdem hat Krista eine Zyste und leidet unter Infektionen. Dadurch wird sie nicht schwanger und Jörg muss um seinen Gewinn fürchten. Denn der wirtschaftliche Druck ist enorm: Damit er den Hof betreiben kann, muss er zu den 8000 Euro durch Milchverkäufe dieselbe Summe durch Verkäufe von Tieren erwirtschaften. Und die von Leihmüttern ausgetragenen Kälber von Krista würden eine enorme Summe einbringen.

Obwohl die Parallelen zu menschlichen Schönheitsschauen und Casting-Sendungen allzu offensichtlich sind, geben die Filmemacher Antje Schneider und Carsten Waldbauer weder Krista noch die Landwirte Jörg und Janine der Lächerlichkeit preis, sondern konzentrieren sich auf die Erlebnisse von Krista und Jörg. Indem die Kamera gelegentlich Kristas Blickwinkel übernimmt, entstehen amüsante Bilder, vor allem aber sind Jörgs Leidenschaft und Hingabe ansteckend. Dabei wird immer auch deutlich, dass diese Schauen – wie bei den Menschen – ein Geschäft mit der Schönheit und Illusionen sind. Deshalb werden Kristas Beine mit Mehl behandelt, Schwanz und Risthaare sorgsam geföhnt, selbst ihre Euter mit Sekundenkleber zugeklebt.

Zugleich wirft der amüsante und teilweise auch rührende Film einen vorurteilsfreien Blick auf die moderne Milchwirtschaft, denn für Jörg geht es bei allem auch um das Überleben des Hofs. Er erscheint wie man sich landläufig einen Bauernhof vorstellt: Die Kühe weiden, werden gemolken und müssen Kälber austragen. Wie idyllisch Jörgs Betrieb jedoch noch ist, wird bei einem Ausflug zu einem Großbetrieb nach Kanada deutlich. Dort steht Kuh neben Kuh und keine scheint wie Krista umsorgt zu werden. Jedoch ist diese Betriebsform wohl die Zukunft – auch Jörg will seinen Hof vergrößern. In Kanada werden dann durch die Bilder der Samenentnahme auch noch die letzten Rätsel der Zucht gelöst: Ein Bulle wird mit einer Kuh angelockt, dann wird sein Penis im entscheidenden Moment des Samenergusses in ein Gefäß umgeleitet. Und die kanadischen Bullen sind im Dauereinsatz, da ihre Samen sehr begehrt sind. Schließlich sind die kanadischen Kühe groß und haben stattliche Euter – und genau das ist derzeit äußerst gefragt. Auch Kristas Vater lebte in Kanada – ebenso wie der berühmte Bulle „Starbuck“, der es auf 200 Söhne und 400 Enkel gebracht haben soll. Ihm ist sogar eine Vitrine gewidmet, in der sein Penis aufbewahrt wird. Und spätestens bei der Präsentation dieser Devotionalien wird deutlich, dass auch Züchter manchmal einfach nur Bewunderer sind.

Die schöne Krista

„Diese Kuh hat alles, was wir von einer modernen Milchkuh verlangen. Gut im Fundament, scharf gebaut, eine großrahmige Hochleistungskuh.“ So wird die titelgebende schöne Krista von einem Preisrichter in der Weser-Ems-Halle charakterisiert, der sie folgerichtig zur schönsten Kuh Deutschlands kürt. Ihr Züchter Jörg ist vor Tränen gerührt, hat er doch seit Jahren mit seiner Zucht auf dieses Ziel hingearbeitet.
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Meinungen

Dörte · 27.06.2014

Eigentlich ein sehr schöner film um das Leben auf dem Bauernhof wenn der Schönheitswettbewerb nicht zu sehr im Vordergrund stehen würde.