Die Queen (2006)

Eine Filmkritik von Gesine Grassel

Die Königin von England gegen die Königin der Herzen

Ernst, manchmal steif, aber jederzeit königlich sind die besten Beschreibungen für die englische Königin Elisabeth II., die seit 54 Jahren das Vereinigte Königreich durch gute und schlechte Zeiten führt. Diskussionen über den Erhalt der Monarchie gibt es solange wie die Institution selbst, aber die Briten lieben ihre Royals und konsumieren gierig jeden Fetzen des abgeschirmten und geschützten Lebens. Elisabeth II. dient ihrem Land kompromisslos und bleibt gleichzeitig ein Mysterium. Warum also nicht einen Fetzen Realität mit viel Spekulation und Ideenreichtum verknüpfen, mag sich Drehbuchschreiber Peter Morgan gedacht haben, als er mit Die Queen / The Queen ein Drehbuch vorlegte, das zwar an die Wirklichkeit erinnert, aber mit wenigen geprüften Quellen und Sachverhalten auskommen muss.

Ob der weltweite Starttermin des Films absichtlich parallel zur Veröffentlichung des offiziellen Untersuchungsberichts zum Tod von Lady Di gelegt wurde, ist Spekulation. Geschadet hat das erneute Interesse am mysteriösen Tod der „Prinzessin der Herzen“ dem Film jedenfalls nicht, ganz im Gegenteil. Die Queen (großartig: Helen Mirren) ist in den 104 Filmminuten zwar die Hauptdarstellerin, aber eigentlich geht es um sie: Lady Di und die Woche nach ihrem tödlichen Autounfall am 31. August 1997 in Paris, die Großbritannien traumatisierte und das Verhältnis zur Monarchie entscheidend belastete.

Die Nachricht vom Tod der früheren Prinzessin von Wales erreicht die Königsfamilie in den frühen Morgenstunden eines Sonntags. Glaubt man dem Film, ist zumindest der Großteil der Blaublüter ehrlich geschockt und betroffen. Die weltweite Welle der Symphatie für die Prinzessin und das ungekannte Medienecho machen den Royals viel mehr zu schaffen. Während die Prinzen William und Harry sofort abgeschirmt und von den Medien ferngehalten werden und Prinz Charles die Leiche seiner geschiedenen Frau aus Paris nach London überführt, ist Queen Elisabeth II. zunächst völlig ratlos, wie sie mit der Situation umgehen soll. Sie besinnt sich auf die ihr vertrauten und stärkenden Verhaltensweisen: Als Staatsoberhaupt repräsentiert und leitet sie einen Staat, Emotionen sind da fehl am Platz. Getrauert wird alleine, die Fassung bewahren geht vor. Dass sie damit ihre Untertanen vor den Kopf stößt und einen mehr als kritischen Aufschrei in der Bevölkerung provoziert, ist der 80-Jährigen nicht bewusst. Die geschockte Öffentlichkeit erwartet eine Erklärung, ringt nach Halt, aber die Queen zieht sich hinter die schweren Palastmauern von Balmoral zurück. Der öffentliche Druck wächst und die Grundpfeiler der Monarchie beginnen zu wanken. Sichtlich verwirrt gibt die Königin schließlich der Bitte des überambitionierten und profilierungssüchtigen Premierministers Tony Blair nach und rettet mit einem Live-Fernsehauftritt ihr Ansehen.

Stephan Frears’ Die Queen / The Queen ist ein zwiespältiges Vergnügen. Reicht pure Fiktion, gepaart mit einigen Tatsachenberichten und realen Aufnahmen, für einen abendfüllenden Spielfilm? Der Zuschauer ist irritiert – was entspricht Tatsachen und was ist Fiktion? Es gibt zu viele Begebenheiten, die zu privat erscheinen um auch nur den Dunstkreis der Windsors verlassen zu haben. Auch die Auswahl der Schauspieler lenkt ab. Zwar ähneln die Königin und ihr Gemahl Prinz Philipp, die Königin Mutter, die Prinzen William und Harry sowie Prinz Charles ihren lebendigen Vorbildern, aber diese glaubhaft zu verkörpern ist fast unmöglich. Die realen Figuren sich medial so präsent und vertraut, dass die Schauspieler ein wenig lächerlich wirken. Zumal Lady Di fast gänzlich ohne Filmfigur auskommt. Eine solche filmische Abbildung ist schwierig und was bleibt, ist ein fader Beigeschmack.

Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er die Geschehnisse der sieben Tage nach Dianas Unfall einfach nur abbilden oder bewerten will. Er hängt irgendwo zwischen Satire, Hofberichterstattung und Dokumentation. Selten kritisch und manchmal ironisch wagt sich Regisseur Stephan Frears, der schon mit seinen Filmen Lady Henderson präsentiert / Mrs Henderson presents und Gefährliche Liebschaften das royale und bürgerliche Milieu erschütterte, an eins der letzten großen Geheimnisse von Großbritannien. An einigen Stellen ist Frears aber auch Regisseur von High Fidelity, nur dass er dieses Mal keine Platten sammeln lässt, sondern winzige Informationen zum Thema selbst zusammenstückelt.

Am Ende gibt ihm sein königliches Puzzle sogar Recht. Kino ist Fiktion, und die Fans der Monarchie wollen Illusion und die schöne, am Ende doch märchenhafte Welt der Königin.
 

Die Queen (2006)

Ernst, manchmal steif, aber jederzeit königlich sind die besten Beschreibungen für die englische Königin Elisabeth II., die seit 54 Jahren das Vereinigte Königreich durch gute und schlechte Zeiten führt.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Andrula · 22.03.2007

langweilig, aber gut gespielt!

Kino-Fan aus Starnberg · 05.01.2007

Very british ... Habe mir nach dem Film innerhalb von drei Stunden die Biografie über das Leben der Queen durchgelesen. Wirklich bemerkenswert!! 6 Punkte!