Die Boxerin

Eine Filmkritik von Holger Lodahl

Mit Wut im Bauch

Sie ist das minimalisierte „Million-Dollar-Baby“ aus Brandenburg, irgendwo aus der dörflichen Tristesse um Eberswalde im desolaten Ambiente von Arbeitslosigkeit, Arbeitsamt, Armut, Alkohohl und Ausweglosigkeit. Parallelen gibt es, aber jedweder direkte Vergleich zum typischen und perfekt inszenierten Hollywood-Blockbuster würde mehr als nur hinken. Zwar entstand die Milieustudie parallel zu Clint Eastwoods Oscar belohnten Million Dollar Baby (2004). Die natürlich wesentlich sparsamer budgetierte deutsche Hochschul-Produktion mit dem Werk des Hollywood-Veteranen zu vergleichen, ist trotz der gänzlich unterschiedlichen Herstellungsbedingungen nur zulässig in Hinblick auf die verschiedenen Erzählstrukturen des ähnelnden Sujets. Eastwoods Heldin Maggie (Hilary Swank) zeichnet sich vor allem durch ihren unerschütterlich starken Willen und ihre unbändige Energie aus. Wie im amerikanischen Traum kloppt sie sich wie ein Berserker aus ihrer „asozialen“ Herkunft unter Lebenswut und Körperschmerz nach ganz oben, in den bald gestorbenen Traum von Freiheit und Reichtum.
Die gleiche Wucht, die schon mehrfach Rocky seit 1976 wie ein wilder Stier immer wieder in den Ring trieb, steckt auch in Maggies Filmschwester Diana aus Karyn Kusamas Girlfight (2000) – einer weiteren beeindruckenden Variante des Motivs der boxenden Außenseiterin aus dem unteren sozialen Classement. Regisseurin Catharina Deus bebildert karg die klassische Underdog-Geschichte ohne Pathos, dafür mit viel Nachwende-Traurigkeit und einer eher orientierungslosen Hauptfigur.

Die 19-jährige Joe (Katharina Wackernagel), hat die Schule abgebrochen, wirft einen Job nach dem anderen hin, die Dorfjugend meidet sie, und zu Hause trinkt die arbeitslose Mutter (Manon Straché). Joe braust auf ihrem Mofa durch das Eberswalder Elendspanorama, ihr Frust entlädt sich in regelmäßigen Wutanfällen: „Bin ich denn ein Waschbecken, in dem alle reinkotzen?“, fragt sie aggressiv rhetorisch ihren Chef (Richard Heidinger). Das einzige auf der Welt, was sie machen kann und will, ist Boxen. So überredet das stämmige Mädchen den örtlichen Boxclub-Betreiber Igor (Martin Brambach), es trotz Widerstand der männlichen Sportler, zu trainieren. Am Ende muß Joe ihren ersten Kampf in Berlin bestehen. Den Traum findet sie nicht richtig verwirklicht, dafür aber den Weg aus ihren realen Alpträumen.

Mit ihrem Spielfilmdebüt zeichnen die Autorin Martina Klein und die Regisseurin Catharina Deus ein bisweilen allzu lebensnahes und warmherziges Portrait ihrer Hauptfigur Johanna, die sich mit ihren eigenen scheinbaren Unzulänglichkeiten und der aktuellen deutschen Wirklichkeit auseinandersetzen muss. Mit viel Sympathie für die Figuren Films erzählt sie die ewige Geschichte über die verlorene Jugend. Es sind gerade die brillanten Figuren, allen voran Debütantin Wackernagel, und der leider ewig zu verborgen agierende Martin Brambach, die diesen melancholischen Trip ins Dunkeldeutschland weitestgehend auf ihren Schultern tragen; ein toller kleiner Film um eine tragische kleine Geschichte.

Die Boxerin

Nur selten gibt es Kinofilme, die ihren Schwerpunkt auf eine Sportart legen und zu großen Erfolgen werden.
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Meinungen

falk · 21.01.2014

schöner film, gut erzählt, es stimmt aber, manche charaktere werden in der geschichte einfach wieder verlassen, ohne " zu Ende erzählt" zu werden... aber mal was ganz anderes, mich würde interessieren, wieviele mopeds beim dreh in fundus waren. ich habe mindestens 3 gezählt (älterer rückspiegel, neuerer rückspiegel, auspuff unten, auspuff oben (enduro) :))

Oliver · 09.10.2007

Starker Film - dank STARKER Schauspielerin : Katharina Wackernagel - sie spielt nicht nur gut, sonder sieht auch noch verd... gut aus -
ausgezeichnete Rollenbesetzung - hoffe man sieht noch einiges mehr von ihr !!!
Der Film ist leider etwas zu kurz - man hätte noch ein wenig mehr auf das Boxtraining eingehen können und den Fakt, dass das Boxen zum Sinn in ihrem Leben wird, der ihr doch so gefehlt hat ! Alles in Allem - ein Film den man sich nicht entgehen lassen sollt - STARK !!!

Marco · 28.11.2006

Super Film!!! Richtig gut! Tolle Schauspieler, gute Story... BRAVO!!!

@Loki · 11.09.2006

Interessanter wäre eine solche Meinung, wenn Sie auch begründet werden würde.

LOKI · 11.09.2006

Schlechter geht es kaum!