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Am Ende ihres ersten Animationsabenteuers trat die viele Jahre zurückgezogen lebende Addams-Sippe in einen freundschaftlichen Kontakt mit ihrem direkten Umfeld. Kapitel zwei schickt die dem Schaurigen zugewandte Familie nun sogar auf Reisen. Ein besserer Film kommt dabei aber nicht zustande.

Die Addams Family 2 (2021)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Endstation: Zusammenhalt

Der 2019 veröffentlichte Animationsfilm „Die Addams Family hätte ein bissig-cleveres Plädoyer für Andersartigkeit werden können. Leider packten die kreativen Köpfe rund um das Regiegespann Greg Tiernan und Conrad Vernon (gemeinsam auch verantwortlich für die derben Trickstreifen „Sausage Party – Es geht um die Wurst“) ihre spannenden Grundideen allerdings in eine zwischen formelhaft und beliebig schwankende Geschichte und arbeiteten ihre Protagonist*innen, die auf einigen von US-Comiczeichner Charles Addams erschaffenen Figuren beruhen, nicht sorgfältig genug aus, um die morbide, exzentrische Faszination voll durchschlagen zu lassen. Der mittelprächtige Gruselspaß setzte bei verhältnismäßig überschaubaren Produktionskosten von 24 Millionen Dollar an den Kinokassen jedoch so viel um, dass die Macher*innen leichten Herzens eine Fortsetzung beschließen konnten.

Kam es am Ende des ersten Teils zu einer Annäherung zwischen der viele Jahre komplett zurückgezogen auf ihrem unheimlichen Anwesen lebenden Addams-Sippe und den Menschen in der nächsten Stadt, wagt sich der skurrile Clan dieses Mal sogar auf eine Reise quer durch die Vereinigten Staaten. Grund dafür sind die Sorgen der Eltern Morticia und Gomez, besonders den Draht zu Tochter Wednesday zu verlieren. Spätestens nachdem die lieben Angehörigen bei einer Wissenschaftsmesse, auf der die Teenagerin eine bahnbrechende Erfindung vorstellen konnte, für großes Chaos gesorgt haben, ist sie auf ihre Familie nicht mehr gut zu sprechen. Papa Gomez will die wachsende Entfremdung mit einem gemeinsamen Urlaub aufhalten und plant unterwegs, bekannte gruselige Sehenswürdigkeiten anzusteuern. Wenig begeistert schließt sich Wednesday ihrer Mutter, ihrem Vater, ihrem Bruder Pugsley, Onkel Fester, Butler Lurch und dem Eiskalten Händchen an. Kurz vor ihrer Abfahrt taucht aber noch ein mysteriöser Anwalt mit einer unglaublichen, von Morticia und Gomez hastig weggewischten Behauptung auf: Wednesday wurde bei ihrer Geburt vertauscht und ist eigentlich kein Addams-Mitglied.

Ein Roadtrip, der Risse wieder kitten soll, ist mit der konventionellste Weg, um eine turbulente Familienkomödie ins Rollen zu bringen – und passt nicht wirklich zu der doch so eigenwilligen Addams-Bande, die in allem Schaurigen etwas Schönes sieht. Immerhin haben die Verantwortlichen erkannt, dass Tochter Wednesday schon im Vorgänger die mit Abstand interessanteste Figur war. Eine Jugendliche, die die Selbstisolation ihrer Verwandten hinterfragte, eigene Pfade beschreiten wollte und mit ihrem betont teilnahmslosen Auftreten für einige köstliche Momente sorgte. Die Heranwachsende im zweiten Kapitel nun in den Mittelpunkt zu rücken, ist da nur folgerichtig und konsequent. 

Ihr diffuses Gefühl, keine echte Verbindung zu ihrem Clan zu haben, und der jetzt vorgebrachte Hinweis, sie sei im Krankenhaus verwechselt worden, könnten eine spannende emotionale Achterbahnfahrt anschieben und die Unsicherheiten der Pubertät auf unterhaltsame Weise verhandeln. Die Addams Family 2, erneut in einem ansprechenden comichaften Animationsstil dargeboten, bettet Wednesdays Konflikt aber in eine Familienspritztour ein, die die meiste Zeit in Form einer Nummernrevue von eine Station zur nächsten springt. Viele Verwicklungen stehen unter der Überschrift „Reine Willkür“ und haben dementsprechend keine Bedeutung für den Gesamtzusammenhang. „Was soll als Nächstes passieren?“ – „Egal, Hauptsache irgendetwas!“ So oder ähnlich stellt man sich die Gespräche der vier (!) Autor*innen vor, die das Drehbuch zusammenstoppeln durften. Ab und an gelingen kleine komische Leckerbissen. Etwa in einer Szene, als der sonst so wortkarge Lurch ganz unerwartet einen schmissigen Klavier- und Gesangsauftritt hinlegt. Oder wenn die Umarmungen schon immer hassende Wednesday in einer Anspielung auf die Corona-Pandemie bemerkt, dass social distancing für sie noch nie ein Problem gewesen sei. In vielen Fällen dominieren jedoch krampfhaft auf absurd getrimmte Gags, die den nötigen Pfiff vermissen lassen. Gelacht wurde bei der Kölner Pressevorführung, an der auch Kinder teilnahmen, jedenfalls herzlich wenig. 

Der krawallige Twist im Finale wird zwar vorbereitet. Wechselt die Erzählung plötzlich in den Godzilla-artigen Monster-Modus, fühlt man sich dennoch wie in einem anderen Film. Angesichts all der Beliebigkeit verwundert es kein bisschen, dass auf den letzten Metern der Familienfrieden mit der Brechstange hingebogen wird. Außerdem: Spätestens hier fragt man sich, was denn noch so besonders, so unangepasst an diesen Addams-Figuren sein soll.

Die Addams Family 2 (2021)

Die verrückteste Familie der Welt ist zurück. In ihrem neuesten Abenteuer müssen sich die Addams einer völlig neuen Herausforderung stellen – einem Familienurlaub. Dass dieser eher ungewöhnlich als harmonisch verläuft, ist bei dieser Familie gewiss.

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