Deutschland privat - Im Land der bunten Träume

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Retroporno für die Spaßgesellschaft

Ende der siebziger Jahre inserierte der Filmregisseur Robert van Ackeren in diversen Zeitungen und bat um Zusendungen privat gefilmten Super-8-Materials, die – von ihren Machern autorisiert – zu einem intimen Einblick in das ganz private und gefilmte Leben der Deutschen werden sollten. Die Resonanz auf den ungewöhnlichen Aufruf war überwältigend, so dass für den geplanten Film Deutschland privat reichlich Material vorhanden war, das erfreulicherweise – zumindest für manche Zuschauer – mit Frivolitäten und Pornografischem nicht gerade geizte. Nun setzt Robert van Ackeren, der die mittlerweile wohl größte Sammlung privater Schmalfilme besitzt, das Konzept fort und zeigt erneut, was sich zwischen den Sechzigern und den Achtzigern in Deutschlands Schlafzimmern und anderswo so abspielte. Das Ergebnis ist – wie immer, wenn es um Erotik geht – reine Geschmackssache, spricht aber tendenziell nicht cineastische Feingeister an, denn hier geht’s ans Grobe und Eingemachte, und subtile Beobachtungen teutonischer Lebensart und –freude sind eher die Ausnahme.
Vielfach trägt der Film auch einen heimlichen Filmtitel wie „Die deutsch-deutsche Peinlichkeitsrolle“ vor sich her, denn was zu sehen ist, ist oft weniger erhellend als vielmehr trivial und häufig – je nach Perspektive – exhibitionistisch oder voyeuristisch: Merkwürdige Turnübungen in Reizwäsche, Sex in allen Variationen, keck in die Kamera gehaltene Brüste, aber auch Lady Di’s Besuch in Berlin, in dem der rosa Hut der Königin der Herzen die wichtigste Rolle spielt, oder die Bekenntnisse eines Mannes, der noch bei Mutti wohnt und davon träumt, mit mühsam zusammengespartem Geld eine Frau aus Fernost zu holen.

Vielleicht ist das knallbunte-schrille und frivol-peinliche Sammelsurium der Super-8-Filme ja ein Therapeutikum für den Filmemacher Robert van Ackeren, dessen Filme so ganz anders daher kommen als die hier zusammengestellten Werke. Während van Ackeren stets das Glatte, oft auch Geleckte und Stilisierte bevorzugte, sind jene Eigenschaften bei Deutschland privat — Im Land der bunten Träume selten bis nie zu finden – sie sind in vielerlei Hinsicht ein Gegenentwurf zum Oeuvre des Regisseurs, mit dessen Filmen lediglich durch die Ausrichtung auf Erotik und Sex als Triebfedern des Lebens verbunden. Und nicht zuletzt ist Deutschland privat – Im Land der bunten Träume auch eine Art Rückkehr zu den eigenen filmischen Wurzeln, wie sich Robert van Ackeren erinnert. Denn auch er unternahm seine ersten Schritte selbstredend mit einer Schmalfilmkamera und begann seine Karriere als versierter Kameramann und Dokumentarist mit großem Interesse für die ganz normalen Menschen nebenan. Und was den bewegt, daran lässt die Auswahl van Ackerens kaum einen Zweifel: Natürlich geht es zumeist um Sex, und entgegen der landläufigen Meinung ist der deutsche Michel kein verklemmtes Würstchen und seine Gefährtin/Ehefrau/Freundin zu jeder Schandtat bereit, solange die Kamera bereitsteht.

Doch Hand aufs Herz: In Zeiten, in denen professionelle Pornofilm-Produktionen die Welt des Amateursex für sich entdeckt haben und allzeit bereite Männer und Frauen finden, die von einer Karriere als Sternchen des Erotikfilms träumen und sich dementsprechend freizügig vor der Kamera geben, dient Deutschland privat – Im Land der bunten Träume allenfalls einer Schenkel klopfenden Belustigung, die man sich am besten in ausgelassener Stimmung und unter Zuhilfenahme einiger alkoholhaltiger Getränke anschauen sollte – wenn überhaupt. Im Prinzip erinnert der Film an Sendungen wie „Deutschlands peinlichste Homevideos“ oder Ähnliches, die selbst bei den Privatsendern nur als Pausenfüller dienen. Der einzige Unterschied liegt vielleicht in der Qualität und dem speziellen Look der Super-8-Filme sowie manchem Flashback à la „So eine hässliche Tapete hatten wir auch mal im Wohnzimmer“ und einer Haltung, die zwischen voyeuristischem Vergnügen, ungläubigem Staunen, nacktem Entsetzen und stupidem Ablachen schwankt. Der versprochene Erkenntnisgewinn mag sich jedenfalls nicht so recht einstellen, denn dass es in den eigenen vier Wänden ziemlich zur Sache geht, haben wir längst geahnt – nur sehen muss man das nicht unbedingt.

Deutschland privat - Im Land der bunten Träume

Ende der siebziger Jahre inserierte der Filmregisseur Robert van Ackeren in diversen Zeitungen und bat um Zusendungen privat gefilmten Super-8-Materials, die – von ihren Machern autorisiert – zu einem intimen Einblick in das ganz private und gefilmte Leben der Deutschen werden sollte.
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Meinungen

Martin · 14.04.2021

Ich haben bis heute nicht meine Super 8 Filme zurückbekommen.

CenTroniX · 20.05.2010

Nun ja, die ARD hat gesendet - Sendet die ARD nun auch P*rno-Filme? Oder gilt das heute nicht mehr als P*rnografie - sind wir so abgestumpft?
Interessant ist, das zumindest eine Szene wohl aus einem kommerziellen Film stammt bzw. später als Fotostrecke in dem kommerziellen P*rno-Magazin (Teenage S*x, zweite oder dritte Ausgabe?) des Silwa-Verlages abgedruckt wurde.

Matthias Krieghoff · 21.06.2007

Ich möchte für mein Heimkino beide Folgen erwerben.Bitte um INfo.

Markus · 19.06.2007

Der Trailer geht nicht zum Download. Schade