Der Tag wird kommen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Punk's NOT dead!

Was er vom Leben und von einer geregelten Arbeit hält, das trägt er als deutlich sichtbaren „nom de guerre“ und als rotziges Statement auf der Stirn eingeritzt: NOT. Dieser Kerl (Benoît Poelvoorde), der sich einmal als „Europas ältester Punk mit Hund“ bezeichnet, ist ein ziemlich irrer Typ, der nichts als Unsinn im Kopf hat und keine Regeln akzeptiert. Und wenn man seine Eltern kennt, die ein kleines Kartoffel-Restaurant, eine „pataterie“, in einem riesigen Einkaufszentrum auf der grünen Wiese betreiben, dann muss man sich nicht wundern.
Sein Bruder Jean-Pierre (Albert Dupontel) hingegen ist der einzig Normale in der Familie — wobei: Kann man wirklich normal sein (oder es bleiben), wenn man als Matratzenverkäufer getrennt von seiner Familie lebt und dann der Rausschmiss aus dem Job folgt? Weil sich aber NOT liebevoll (zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten) um seinen Bruder kümmert, fasst der neuen Lebensmut und gemeinsam starten die zwei ihren ganz persönlichen Aufstand, der in einem neuen Kampfnamen für Jean-Pierre (DEAD) und einem für die Welt gut sichtbaren Statement mündet: „We are NOT DEAD“.

Angesiedelt in einem namenlosen Ort und in einem (typisch französischen) Einkaufszentrum ist Der Tag wird kommen / Le grand soir ein rotziges, anarchisches Kinostück über das Erwachsenwerden, über Familie und die Freiheit, sich nicht anzupassen, das unverkennbar die Handschrift des Regieduos Benoit Delépine und Gustave Kervern (Mammuth) trägt und das ein wenig an Felix van Groningens Die Beschissenheit der Dinge erinnert.

Immer wieder staunt man über die herrlich absurden Situationen und Aktionen der beiden Brüder, über die zahlreichen Details, über die Bildfindungen, die ohne große Erklärungen viel über die Welt erzählen, in der wir nichts sind als Gefangene des allgegenwärtigen Konsumwahns, des Konformismus, der Anpassung und Gleichmacherei, gegen die es — so intendiert es zumindest der Film — nur ein Mittel gibt: Ausbrechen und Revoltieren. Dass die Revolte von NOT und DEAD sich zu einem „kommenden Aufstand“ auswächst (die vor einigen Jahren in die Feuilletons gekommene Kampfschrift französischer Aktivisten wird an einer Stelle kurz erwähnt), ist zwar eher unwahrscheinlich, aber immerhin setzt Der Tag wird kommen ein deutliches Zeichen des „Nicht-mehr-einverstanden-seins“.

Der Tag wird kommen

Was er vom Leben und von einer geregelten Arbeit hält, das trägt er als deutlich sichtbaren „nom de guerre“ und als rotziges Statement auf der Stirn eingeritzt: NOT. Dieser Kerl (Benoît Poelvoorde), der sich einmal als „Europas ältester Punk mit Hund“ bezeichnet, ist ein ziemlich irrer Typ, der nichts als Unsinn im Kopf hat und keine Regeln akzeptiert.
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