Der gewisse Kniff

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Donnerstag, 5. August 2010, ARTE, 20:15 Uhr

Da wird ein riesiges rustikales Bettgestell durch die Straßen Londons manövriert, und das ist nicht die einzige wilde Eskapade dieses Films, die sich in rasendem Tempo zu Land oder zu Wasser im urbanen Raum der wunderschön in Schwarzweiß fotografierten britischen Metropole ereignet. Als Aktionsfeld der agilen Akteure ist diese Stadt mit ihrem kruden Charme der 1960er Jahre die heimliche Hauptdarstellerin der räudig-reizenden britischen Satire Der gewisse Kniff von Richard Lester, der als Regisseur von A Hard Day’s Night und Help! auch schon die Beatles scheuchte.
Da finden sich in einer Pension drei Männer zusammen, bereit, mit viel versprechenden Strategien reichlich Beute innerhalb der Damenwelt zu erlegen und diese auch miteinander zu teilen: Während der Lehrer Colin (entzückend: Michael Crawford) auf diesem Terrain eher unbeholfen unterwegs ist, hat der Schauspieler Tom (Donal Donnelly) deutlich mehr einschlägige Erfahrungen, und der größenwahnsinnige Aufschneider Tolen (Ray Brooks) behauptet gar, die perfekt funktionierende Methode bereits gefunden zu haben – was die Anzahl seiner Affären anscheinend durchaus bestätigt.

Das geplante Treiben in der Pension erfordert zu allererst ein imposantes Bett, das Colin und Tom auf einem Schrottplatz organisieren und per pedes transportieren, als sie der nur augenscheinlich naiven Nancy (Rita Tushingham) begegnen, die vom Lande nach London kommt und auf der Suche nach ihrer Unterkunft beim CVJM ist. Nancy schließt sich den beiden arglos an, bis sie auf Tolen trifft und seinen gnadenlosen Verführungskünsten offenbar erliegt. Doch so hilf- und harmlos, wie sie anfangs auftritt, ist Nancy dann doch nicht, und sie versteht es auf ihre Art nur allzu prächtig, Oberhand über die drei Frauenhelden zu gewinnen …

Mit der Goldenen Palme und dem Großen Preis der Technik bei den Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet, wo er seine Premiere feierte, bei der Berlinale für den Goldenen Bären sowie für zwei Golden Globes und sechs BAFTA Awards nominiert und für das Beste Drehbuch von Charles Wood von der Writers’ Guild of Great Britain geehrt lief Der gewisse Kniff seinerzeit auch überaus erfolgreich in den Kinos. Die Filmmusik stammt von James-Bond-Spezialist John Barry (Asphalt-Cowboy / Midnight Cowboy, Jenseits von Afrika / Out of Africa), dessen Kompositionen später noch mehrfach mit einem Academy Award prämiert wurden.

Die gesamte wilde Geschichte nach einem Stück von Ann Jellicoe sowie die brüllend komischen, provokanten Details in Slapstick-Manier bereiten ein derart köstliches Vergnügen mit nostalgischem Liebreiz, dass die drastisch überzeichneten Gender-Stereotypen auch nach beinahe einem halben Jahrhundert noch zu überzeugen vermögen. Wer genau aufpasst, entdeckt in kleinen Rollen auch heutige Stars wie Jane Birkin, Jacqueline Bisset und Charlotte Rampling, die in dieser extravaganten brititschen Attacke auf die spröde bürgerliche Moral der 1960er Jahre ihr Spielfilmdebüt gaben.

Der gewisse Kniff

Da wird ein riesiges rustikales Bettgestell durch die Straßen Londons manövriert, und das ist nicht die einzige wilde Eskapade dieses Films, die sich in rasendem Tempo zu Land oder zu Wasser im urbanen Raum der wunderschön in Schwarzweiß fotografierten britischen Metropole ereignet.
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