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Der neueste Beitrag zur nicht enden wollenden Flut an Filmen, in denen dämonische Besessenheit eine Rolle spielt, ist in erster Linie völlig harmlos, geht den Weg zur Komödie aber auch nicht so recht zu Ende. Was bleibt, ist viel Leerlauf.

Der Exorzismus der Gretchen Lang (2022)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Ein Dämon für die Kinderstunde

Fans von Exorzismus-Filmen trifft ein ähnlich hartes Schicksal, wie es bei Freunden von Hai-Horror der Fall ist. Der ultimative Film ihres Sub-Genres ist bereits gedreht, und alles, was neu entsteht, muss sich am Branchenprimus messen lassen – und lässt dabei in aller Regel deutlich Federn. Dass jemals ein besserer Hai-Thriller als „Der weiße Hai“ entsteht, ist kaum vorstellbar. Und auch „Der Exorzist“ von William Friedkin, noch zwei Jahre älter als Spielbergs Meisterwerk, steht recht einsam an der Spitze seiner Nische. Um dem direkten Vergleich aus dem Weg zu gehen, müssen also andere Ansätze her. 

Der TV-erfahrene und horroraffine Regisseur Damon Thomas (Killing Eve, Penny Dreadful) hat für Der Exorzismus der Gretchen Lang eine Romanvorlage umgesetzt und sich mit Produzentin und Drehbuchautorin Jenna Lamia zusammengetan, die ihre Wurzeln eher bei Comedy und Teenie-Soaps verortet (Resident Alien, 90210). Das Ergebnis ist eine recht genaue Verschmelzung dieser Formate. Für einen Horrorfilm ist das Werk trotz der Freigabe ab 16 Jahren deutlich zu harmlos. Außer ein paar Verbeugungen vor Friedkins Einsatz von Erbsensuppe ist hier für Fans von Filmen mit unheimlicher oder bedrohlicher Atmosphäre genauso wenig zu holen wie für Freunde härterer Gangart, zu bieder und brav inszeniert Thomas die wenigen Schockmomente. So konzentriert sich Lamias Skript zwar auf die besessene Gretchen als fiese Freundin, die in ihrer Clique die früheren Freundinnen möglichst schnell um die Ecke bringen will; verdrängte Sexualität beispielsweise, in den meisten besseren Besessenheitsfilmen ein wichtiges Thema, spielt hingegen so gut wie keine Rolle.

Stattdessen präsentiert Thomas mal satirische Überhöhungen, mal versucht er sich an unheimlichen Szenen, er streut komödiantische Momente ein und lässt auch ein wenig Sozialkritik nicht aus. Wie eine Flipperkugel schlägt der Film mal dieses, mal jenes Genre an, lässt aber keine Vermutung zu, auf welches Thomas tatsächlich gezielt hat. Diese unterschiedliche, ständig wechselnde Tonalität macht es dem Publikum schwer, überhaupt ein emotionales Band zu einer der Figuren zu knüpfen. Denn die meisten kommen über stereotype Stichwortgeber im Plot nicht hinaus. Lediglich die Freundschaft zwischen der reichen und beliebten Gretchen (Amiah Miller) und der sozial deutlich schlechter gestellten Abby (Elsie Fisher) wird in Der Exorzismus von Gretchen Lang ein wenig liebevoller und detaillierter in Szene gesetzt.

Gemeinsam mit dem fein gezeichneten 80er-Jahre-Flair ist dieses Band die einzige Konstante im Film, die weder in der Qualität noch in der Tonlage schwankt. Elsie Fisher, die Horror-Fans vor allem aus dem bisher letzten Texas Chainsaw Massacre auf Netflix bekannt sein dürfte, wo sie weitaus blutigeren Horror erlebt als hier, ist als Protagonistin sehenswert, soweit das Drehbuch es zulässt. Christopher Lowell, der in Promising Young Woman einen wenig liebenswerten Charakter spielte, kann als leicht übermotivierter Laien-Exorzist ein paar Lacher für sich verbuchen. Aber schon Amiah Miller als titelgebende Gretchen bleibt weitgehend blass, kommt selten über böses Lächeln und wildes Augenrollen hinaus. Vom restlichen Cast bleibt niemand länger im Gedächtnis – was auch dem ganzen Film blühen dürfte.

Denn neben einem durchwachsenen Drehbuch, einer reichlich ziellosen Umsetzung und weitgehend mäßigen Schauspielleistungen können auch die wenigen Special-Effects nicht überzeugen und machen das große Finale zum unfreiwillig komischen Höhepunkt des Films. Immerhin kommt ganz zum Schluss wieder einmal George Lucas‘ Idee aus American Graffiti zu Ehren, was vor allem einem älteren Publikum gefallen könnte. Insgesamt ist das aber viel zu wenig, um eine der möglichen Zielgruppen zu beeindrucken. Denn dieses Genre-Potpourri schmeckt fad.

Der Exorzismus der Gretchen Lang (2022)

Die besten Teenager-Freundinnen Abby und Gretchen müssen sich mit einem außerweltlichen Dämon auseinandersetzen, der sich in Gretchens Körper niedergelassen hat.

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