Departed: Unter Feinden

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Männer unter Einfluss

„Southie“ nennen die Einheimischen den Problembezirk im Süden Bostons. Seit den 1970er Jahren herrscht dort die irisch-amerikanische Mafia, handelt mit Drogen, Waffen, Diebesgut; Rivalen werden kaltblütig abgeknallt. Martin Scorsese hat sich das Bostoner Gangstermilieu für seinen neuen Film Departed: Unter Feinden / The Departed vorgenommen und eine Geschichte um zwei „Maulwürfe“ inszeniert. Wenn Scorsese sich in die Unterwelt begibt, Straßenkämpfe, Schießereien und Abrechnung inszeniert, können wir uns darauf verlassen, dass er dafür Schauplätze, Schauspieler und die visuellen Mittel des Kinos wie Licht und Schatten so effektvoll einzusetzen weiß, dass er uns keine Minute langweilt. Das Genre ist ihm bekannt, Milieustudien betrieb Scorsese schon mit Hexenkessel (1973), Good Fellas (1990) und Gangs of New York (2002). Muster und Meister braucht sich der 64-jährige Regisseur wohl kaum noch suchen. Umso erstaunlicher ist, dass er mit Departed ein Remake drehte, das auf dem Hongkong-Mafiathriller Infernal Affairs (2002/03) von Andrew Lau und Alan Mak basiert. Departed: Unter Feinden / The Departed kommt dem Original inhaltlich sehr nahe, die Polizei jagt keine Triaden, sondern die irische Mafia und die dampfenden Häuserschluchten von Hongkong werden gegen die Straßen von Boston ausgetauscht.
Departed: Unter Feinden / The Departed handelt also von zwei Spitzeln, beide stammen aus dem Gangsterbezirk in Südboston. Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) will das Elend hinter sich lassen, als Polizist dagegen kämpfen, folglich absolviert er eine Ausbildung an der Police Academy. Doch als seine Vorgesetzten Dignam (Mark Wahlberg) und Queenan (Martin Sheen) ihm die Dienstmarke verweigern, holt ihn seine Vergangenheit schneller ein als ihm lieb ist. Will er ein guter Polizist sein, muss er das erst beweisen: als Undercover-Cop wird er in die Mafiabande um Frank Costello (Jack Nicholson) eingeschleust. Der Gangsterboss soll endlich hinter Gitter gebracht werden, doch es fehlen handfeste Beweise. Der zweite Spitzel geht aufs Konto von Costello. Es ist sein Ziehsohn Collin Sullivan (Matt Damon), den er als Kid auf der Straße aufgelesen und frühzeitig in die Polizei eingeschmuggelt hat. Sullivan hat sich in Windeseile bei den „Bullen“ hochgearbeitet und es immerhin in die Ermittlungseinheit geschafft, die die Mafia schnappen soll. Costello ist so den Gesetzeshütern immer eine Nase vorn. Ein unterhaltendes Doppelspiel ist das, zwei Männer handeln zwei Männer unter Einfluss wie zwei Marionetten auf parallelen Gleisen; kämpfen gegen das Böse und aus Abscheu vor Recht und Gesetz. Aus Loyalität riskieren sie ihren Kopf. Der Plot wäre langweilig, würde dieses Lügengebäude nicht zusammenstürzen. Bei einem fehlgeschlagenen Coup von Costello fliegt auf, dass beide Seiten schwarze Schafe in den eigenen Reihen sitzen haben. Verrat schmeckt nicht, umso härter sind auf beiden Seiten die Methoden, den Übeltäter zu finden. Bei der Polizei soll Sullivan den Spitzel finden. Wie ein Blanko-Scheck ist der Auftrag, sein eigenes Verbrechen aufzuklären. Über Leichen wird er dafür gehen, schließlich muss er einen anderen finden, dem er die Schuld in die Schuhe schieben kann. Auch Costello rückt ihm nahe, den Spion in seiner Bande ausfindig zu machen. Und als die beiden sich heimlich im Kino treffen und dabei von Costigan aus einer hinteren Reihe beobachtet werden, ist der Film wieder ganz nah an Infernal Affairs dran. Eine Reminiszenz ans Original ist ebenso die Fahrstuhlszene: ein grausamer Schusswechsel, den es eine Weile zu verdauen braucht.

Kühle Farben beherrschen Infernal Affairs, technische Raffinesse, aalglatte Oberflächen — eine zackige Inszenierung und Action-Ästhetik wie man sie aus 24 kennt. Departed: Unter Feinden / The Departed dagegen wird von grauen und braunen Farben beherrscht: betongrau das Hauptquartier der State Police, die nachgebauten Sets für Innenaufnahmen wurden farblich entsprechend angepasst. Kameramann Michael Ballhaus spielt mit Licht und Schatten, um zusätzliche Spannung zu erzeugen, auf die in Polizeirevieren typischen Neoröhren hat er bewusst verzichtet. Es ist der achte Film, den der gebürtige Berliner Michael Ballhaus und Scorsese gemeinsam gedreht haben, vorher entstanden unter anderen Die Farbe des Geldes und Die letzte Versuchung Christie.

Das Ende von Infernal Affairs ist keins, dass unseren Gerechtigkeitssinn befriedigt. Scorsese geht da gerechter vor. Fair ist die ganze Story dennoch nicht, aber das sollen Gangsterfilme ja sowieso nicht sein.

Departed: Unter Feinden

„Southie“ nennen die Einheimischen den Problembezirk im Süden Bostons. Seit den 1970er Jahren herrscht dort die irisch-amerikanische Mafia, handelt mit Drogen, Waffen, Diebesgut; Rivalen werden kaltblütig abgeknallt.
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Meinungen

Bingo · 07.03.2015

Mafia und Polizei wie sie sich 10-jährige vorstellen.....

Joachim Knauth · 06.05.2008

Was für ein Witz, dass Departed u.a. für das Drehbuch asugezeichnet worden ist, obwohl es unter aller Sau ist. Wahrscheinlich deswegen gerechtfertigt, weil alle anderen Filme bzw. DRehbücher noch schlechter waren. Eine andere Erklärng habe ich nicht.

Travis Bickle · 01.03.2008

Scorsese ist einfach nur noch alt und schlecht. Seine neueren Filme "Gangs of New York", "Aviator" und jetzt das,... alles Bockmist. Wo ist die Brillanz im Dialog und Handlungsstrang seiner alten Filme geblieben, wie zB "Kap der ANgst" oder "Casino"?
DiCaprio hat ganz zufällig etwas mit der Freundin von Damon. Und wieso trifft sich DiCaprio mit Damon, wenn er Beweise dafür hat, dass Damon ein Spitzel von Nicholson ist? Wieso wird DiCaprio kurz vorm Ende als der berühmte Spitzel vorgestellt und plötzlich kennt ihn keiner mehr? Alles nur Mist. Oder wieso ist DiCaprio plötzlich vertrauenswürdig, nachdem er sich von Nicholson ein Messer in seine HAND hat rammen lassen. Wieso kommt Nicholson nicht darauf, dass DiCaprio der SPitzel ist, wenn DiCaprio der neue ist und seit seinem EInsteig bekannt ist, dass es einen SPitzel gibt? Hallo, bin ich der einzige, dem auffällt, dass der Film scheisse ist. So viele Gelegenheiten gab es, Scorsese einen OScar zu geben. Stattdessen gibt man ihm den Oscar für einen seiner schlechteren Filme, weil man Angst hat, dass seine Filme noch schlechter werden und es dann keine Möglichkeiten mehr geben wird, ihn zu ehren. Und in jedem Film ist der Vater des Protagonisten so toll, dass einem ganz schlecht wird. UNd dass der Vater so toll ist, muss man sich dann auch noch vom Bösewicht anhören. IN Gangs of New York muss man sich anhören,wie Day-Lewis von Caprios Vater (Liam Neeson) schwärmt, in Departed: wie Nicholson von DiCaprio Vater schwärmt. Mann, Mann, Mann...der Weg des Scorsese ist geebnet in Richtung abwärts.

Marco · 06.09.2007

ich habe mir diesen Film schon 10 reingezogen und jedes mal gefällt er mir besser!!! Es ist wirklich einer der besten Filme die ich je gesehen habe!!!!
Unbedingt anschauen, läuft gerade auf Premiere Dirket!!!!!

to.ha. · 21.03.2007

gewaltverharmlosend,gewaltverherrlichend+primitive dialoge.aufgrund dieser faktoren so langweilig,dass ich nach etwa der hälfte des filmes rausgegangen bin.enttäuscht auch von jack nicholson,dass er sich auf so einen schwachsinn einlässt.gruss,t.h.

H. Wagner · 28.01.2007

Sicherlich ein hervorragend gemachter und besetzter Film, die Dialoge jedoch mit ihren ununterbrochenen Formulierungen
aus dem Analbereich überfordern und deprimieren den Durchschnittsmenschen.
Dadurch wird man genervt und kann die großartige
Gesamtarbeit nicht mehr
entsprechend würdigen.

· 13.12.2006

Wirklich ein grandioser Film. Unbedingt anschauen!!!!

SG-Allas · 23.11.2006

Endlich mal eine gute Erfahrung mit der Sneak Preview!

- Leonardo DiCaprio´s beste Rolle;Er ist tief in seinem Charakter gefangen und strahlt unglaubliche Anspannung, Wut und Angst aus.
- Matt Damon zum hassen gut, auch wenn er nicht der Oberböse ist.
- Jack Nicholson ist einfach nur Jack Nicholson, aber diesmal noch mehr.
- Martin Scorsese ist einer der angesehensten Regisseure der Welt, hat aber selbst noch nie einen Oscar gewonnen;immer nur die Leute, die in seinen Filmen mitspielten.Diesmal könnte es passieren.
- Wer irisch angehauchte Punkrockmusik mag, wird den Titelsong von den Dropkick Murphys lieben.
- Auch wenn man "Infernal Affairs" gesehen hat, muss man sich diese Neuauflage antun, denn sie ist auf eine gewisse Art etwas ganz Anderes.
- Die Nebenrollen sind mit Alec Baldwin, Martin Sheen und Mark Wahlberg perfekt besetzt.Besonders Letzterer hat hier einen unvergesslich primitiv genialen Sprachgebrauch (keine Ahnung, was er in der deutschen Fassung sagt,ich kenne nur die engl.OF)

Ich hoffe, dass auch in Deutschland noch Leute zu finden sind, die auf Scorsese-/Mafiafilme der alten Schule stehen.