Dead Man Down (2013)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Momente des Glücks

Manchmal lernt man sich auf ungewöhnliche Art und Weise kennen. Wie Victor (Colin Farrell) und Beatrice (Noomi Rapace), die in zwei sich gegenüberstehenden Hochhäusern auf derselben Etage wohnen und sich abends zuwinken. Bis sie den Mut aufbringt, ihm eine Nachricht in den Briefkasten zu legen. Ob man nicht mal gemeinsam essen gehen wolle. Es beginnt wie eine Romanze, aber beide wollen mehr als nur jemanden kennen lernen.

Sie, deren Gesicht nach einem unverschuldeten Autounfall entstellt ist, will Rache. Und er fragt sich, ob sie ihn beobachtet hat, wie er jemanden in seinem Appartement umgebracht hat. Das ist die Grundsituation von Dead Man Down, dem englischsprachigen Filmdebüt von Niels Arden Oplev, dem Regisseur von Verblendung.

Er hat lange nach einer passenden Geschichte gesucht, die es wert ist, erzählt zu werden. Bis er auf J.H. Wymans Drehbuch aufmerksam wurde, das europäisches Flair in einen amerikanischen Gangsterfilm einfließen lässt. Denn Dead Man Down ist keine Romanze, sondern ein Drama, das explosionsartige Ausbrüche der Gewalt beinhaltet, sich aber als alles andere denn einem Actionfilm versteht. Er erzählt von verlorenen Seelen. Victor sinnt auf Rache, seit seine Familie den Machenschaften eines Verbrecherbosses zum Opfer fiel. Sein Leben ist zum Stillstand gekommen, Vergeltung ist das einzige, das ihn noch beseelt. Beatrice, die Frau, die so gerne lacht, der dies aber Schmerzen bereitet, glaubt, dass Rache ihr ein Gefühl von Abschluss, von Gerechtigkeit verleihen kann. Beide müssen im Verlauf der Geschichte lernen, dass es leicht ist, Dinge zu finden, für die es sich zu sterben lohnt, aber so unendlich schwer, etwas zu finden, wofür es sich zu leben lohnt.

Für Beatrice sind es die kleinen Momente, in denen sie nicht in den Spiegel sieht, in denen niemand sie angafft, in denen sie vergisst, was ihr zugestoßen ist. Für Victor ist es die Erkenntnis, dass – so sehr er es sich auch wünscht – er nicht mit seinen Lieben gestorben ist. Sein Leben geht weiter, mit der Chance darauf, wieder mit Momenten des Glücks angefüllt zu werden. Dead Man Down erzählt von dem steinigen Weg, den diese beiden Menschen beschreiten müssen. In seinen besten Momenten ist er kein Thriller und kein Actionfilm, sondern ein in kühlen Bildern gehaltenes, von Zurückhaltung geprägtes Drama über zwei Menschen, die einander Halt geben, ohne sich dessen überhaupt wirklich bewusst zu sein.

Farrell und Rapace liefern subtile Darstellungen ab. Ein Blick sagt mehr als tausend Worte. Er bringt Klarheit und Verständnis, wo Worte nur ungelenk wären. Beide Schauspieler beweisen eine Sensibilität, die sie in den groß budgetierten Blockbuster-Vehikeln nie ausspielen können. Es sind die kleinen, dichten Dramen mit Arthaus-Wurzeln, die den Mimen Entfaltungsspielraum lassen. Den nutzen sie, ebenso wie Oplev die Gelegenheit nutzt, einen Film vorzustellen, der viele Genres berührt, aber nicht nach ihren Regeln spielen will.
 

Dead Man Down (2013)

Manchmal lernt man sich auf ungewöhnliche Art und Weise kennen. Wie Victor (Colin Farrell) und Beatrice (Noomi Rapace), die in zwei sich gegenüberstehenden Hochhäusern auf derselben Etage wohnen und sich abends zuwinken. Bis sie den Mut aufbringt, ihm eine Nachricht in den Briefkasten zu legen. Ob man nicht mal gemeinsam essen gehen wolle. Es beginnt wie eine Romanze, aber beide wollen mehr als nur jemanden kennen lernen.

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