David Wants to Fly

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Mit David Lynch auf den Spuren der fliegenden Menschen

David Lynch ist wohl so ziemlich jedem Cineasten ein Begriff. Seine Werke haben eine ganze Generation junger Filmemacher inspiriert. So auch David Sieveking. Frisch von der Filmhochschule sucht er nun nach einem guten Projekt, einer Idee zu seinem ersten Werk. Doch die Inspiration lässt ihn im Stich. So wendet er sich an seinen Filmguru David Lynch, der zufällig in einem kleinen Kaff in den USA eine Rede über Tranzendentale Meditation (TM) hält. Was nicht viele wissen, der Regisseur ist seit Jahrzehnten Anhänger dieser Lehre, die kein Geringerer als die Ikone des 1960er Jahre Hippe-Mystizismus Maharishi Mahesh Yogi erfunden hat. So richtig bekannt wurde dieser, als die Beatles und Mia Farrow mit ihm meditierten und mehrere Monate bei ihm in Indien verbrachten. Dort lernten sie Maharishis Yoga Techniken, die später unter dem Namen Tranzendentale Meditation (TM) bekannt wurden und sich weltweit verbreiteten. Wenn man also in einer Sinnkrise steckt und sein großes Vorbild einem empfiehlt mal ein bisschen für den inneren Frieden zu meditieren, dann tut man das.
So begibt sich David Sieveking auf den Weg eines TM-Schülers, der erstmal mit einer Spende über eine beträchtliche Geldsumme beginnt. Dafür führt man ihn auf den erleuchteten Pfad des Meisters und lehrt ihn das Meditieren, das — so die Lehre — einmal zum yogischen Fliegen dienen kann. Sieveking dokumentiert mit sanfter Ironie den Selbstversuch ein besserer Mensch zu werden. Dabei führt ihn sein Weg auch in das TM Hauptquartier, zu anderen Anhängern und auch immer wieder zu David Lynch. Solange der junge Filmemacher unkritisch bereit ist zu glauben, was er hört wird er stets freundlich eingeladen. Doch Sieveking beginnt zu zweifeln und geht der Frage nach, ob TM nicht eigentlich eine Sekte ist.

Die Dokumentation kommt zweigeteilt daher. Einerseits geht es um die Geschichte und jüngsten Ereignisse rund um das TM Geschehen, andererseits geht es um den Regisseur selbst, der sein Leben und seine Beziehung ebenfalls in den Vordergrund rückt und damit versucht die persönliche Seite eines TM Praktizierenden zu portraitieren. So richtig gelingen mag ihm das leider nicht. Dazu ist Sieveking zu interessiert sich als coolen Berliner Jungfilmer darzustellen, der mit flapsigem Humor seine Filme dreht und ihnen damit das zurzeit beliebte „Bloß nicht zu ernst nehmen“ Label gibt. Interessanterweise fängt er aber damit ein kleines Stück Berliner Realität ein und zeigt ein wenig aus der jungen Medien- und Filmszene, die gerade beginnt eine neue Welle deutschen Filmschaffens zu kreieren. Uninteressant ist das nicht, passt aber nur schwerlich zum anderen Teil der Dokumentation: der Frage, ob TM nun eine Sekte ist und was dort hinter den Kulissen passiert. Hier bemüht sich Sieveking möglichst umfangreich zu recherchieren und hat Glück. Man gewährt ihm Einlass in die Hauptzentrale, er darf mehrmals mit David Lynch konferieren und ist sogar bei der Beerdigungszeremonie des Maharishi vor Ort. Herrlich auch die Aufnahmen aus der Urania in Berlin, als ein TM Vertreter erklärt man habe den Teufelsberg gekauft, um dort yogische Flieger anzusiedeln, die für die „Unbesiegbarkeit Deutschlands“ meditieren.

David wants to Fly ist eine durchaus interessante, wenn auch nicht konstante Dokumentation, die es sich aber allein des Objekts ihrer Investigation wegen zu sehen lohnt.

David Wants to Fly

David Lynch ist wohl so ziemlich jedem Cineasten ein Begriff. Seine Werke haben eine ganze Generation junger Filmemacher inspiriert. So auch David Sieveking. Frisch von der Filmhochschule sucht er nun nach einem guten Projekt, einer Idee zu seinem ersten Werk.
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Meinungen

Stefan · 17.04.2011

Was immer David Lynchs Quellen seines Schaffens sind, David Sieveking sollte sie auch anzapfen. Finde den Film durch und durch kleinkariert und peinlich.

Susanne Hagen · 29.05.2010

Perfekt in das "Jahr der Wahrheit" 2010 und seine Enthüllungen passt dieser Film über die TM-Organisation und ihre "Weltregierung". David Sieveking hat mit Gespür, Gründlichkeit und mehrfach dem Glück des richtigen Zeitpunkts rund um die Welt Informationen, Bilder, Interviews zu Maharishi und seine Praktiken zusammengetragen. Sehr unterhaltsame Erkenntnisse bis zum Schluss - vor allem dieser lässt mich das Kino erhellt und beglückt verlassen. Reingehen! Es lohnt sich!

Martin K. · 20.05.2010

Habe den Film gestern Abend im Düsseldorfer Bambi gesehen. Unabhängig von der Thematik des Films und jenseits eines Urteils über die dokumentarische Vorgehensweise Sievekings oder die Seriosität der Maharishi-Vereinigung kann ich eines festhalten: Ich wurde berauscht. Die stellenweise umwerfende Bildgewalt und die m.E. perfekte Auswahl der musikalischen Untermalung haben mich einen Abend lang in einen Status der Zufriedenheit versetzt, wie sie bisher kein Hollywood-Film aus mir hervor locken konnte. Dafür nehme ich gerne auch die in meinen Augen recht plump daher plätschernden "Studentenleben"-Passagen inkl. kleinbürgerlicher Beziehungskrise in Kauf, die vielleicht eher in einem Film wie "13 Semester" unterzubringen wären.
Zum "Schmarotzer"-Vorwurf, dass Sieveking sich allzu sehr an Lynchs ruhmreiche Fersen kletten würde: Ja, Dokumentarfilmer mögen nunmal lästige Fliegen sein - aber wir Zuschauer schnappen sie uns eben gerne mit unserer Zunge, wenn sie sich so richtig voll gesogen haben, und lassen uns das Festmahl schmecken.

Andreas · 20.04.2010

Ich habe den Film auf der Berlinale gesehen und kann ihn nur empfehlen. Ein gut inszeniert und durchdachter Dokumentarfilm, der sich offen und nicht einseitig mit dem Grundthema auseinandersetzt. Ein leichtfertiger Umgang mit dem Thema kann ihm nicht vorgeworfen werden, denn er scheut nicht die Dinge vor Ort(Indien) auf ihren Wahrheitsgehalt zu untersuchen. In großartigen Bildern und mit Humor, wird hier eine schlüssige und teilweise poetische Geschichte erzählt, die nebenbei den Mut aufbringt auch den Autoren des Filmes selbstironisch zu hinterfragen. Spätestens an dieser Stelle muss man dem Film zugestehen, dass sich der Zuschauer seine eigene Meinung zum Thema bilden soll und darf. Wenn ein Film soetwas schafft, ist das grundsätzlich schon mal sehr intelligent. Soviel zu der Kritik, der Film sei dumm.

Rupendra · 22.02.2010

Der Film ist die Chance einer kompromisslosen und fairen
Vergangenheitsbewältigung seitens der TM Organisation.

Das Kleben an alten Feindbildern auf beiden Seiten bringt keinen Fortschritt.

Die Kritikpunkte aufgreifen und an einer Veränderung und Aufarbeitung arbeiten. Wo ist das Problem?

Klagen und Rechtsanwälte seitens der TMO sind das falsche Signal.
Kompromisslose und faire Bilanz und eine neue Bereitschaft zur Kommunikation auf beiden Seiten sind das Credo der Zeit.

Gut würde der TMO eine Betonung der eigenen Urteilskraft, Kritikfähigkeit, Selbständigkeit und Freiheit stehen statt des Eindrucks von Dogma und Fanatismus. Kein Anspruch auf die alleinige Lösung aller Probleme. Keine Heilsversprechen und keine Konkurrenz zur Lufthansa (Yoga Flieger). Keine Reduzierung der Persönlichkeitsbildung allein auf eine Technik.
Eine nachvollziehbare, seriöse und offene Finanzpolitik zu Preisen, die sich jeder leisten kann. Und das Wichtigste, es muss nicht jeder TM meditieren oder überhaupt meditieren, also kein Eindruck von Missionierungsgehabe und den Anschein einer Nur-wir-retten-die Welt-Philosophie.
Und bitte keine Unbesiegbarkeits- Schulen, Türme, Unis, etc. sondern eine Sprache, die auch auf der Straße verstanden wird.

Fly Baby · 18.02.2010

Ob gut oder schlecht, zumindest ins Schwarze scheint der Film getroffen zu haben, liest man mal die Kommentare hier durch. Den bekanntlichen bellen getroffene Hunde ...

Johannes · 18.02.2010

Aus der Taz:
Dem Weltfrieden wird das ebenso wenig förderlich sein wie das Yogische Fliegen, über das sich David Sieveking in seinem gehypten, aber leider völlig dummen Film "David Wants to Fly" (Panorama) mokiert. Mit kalkuliert argloser Mine heftet er sich hier an David Lynchs Versen, um Transzendentale Meditation als Abzockverein zu entlarven. Doch wusste man natürlich schon vorher: Pseudoaufgeklärte, Borsalino tragende Wohlstandshippiekinder aus Hessen sollten keine sogenannten Dokumentarfilme drehen, in denen sie sich als investigative Aufklärer inszenieren, ohne dabei von ihren hessischen Spießerwerten (die große Liebe finden etwa) zu lassen. Peace - und bis morgen!

Paul Stefan Kauerz · 17.02.2010

Eigentlich stellt David Sieveking genau die Fragen wenn sich ein neugieriger Mensch einer Figur wie David Lynch und der Transzendentalen Meditation nähert.

Leider aber er beschreibt er sich in seinem Film vor allem selbst, als eitelen jungen Filmemacher, der sich gerne im Licht seines cineastischen Idols Davic Lynch sonnen möchte. Allerding wird er aber von Lynch nicht zu seinem künstlerischen Erben erklärt, mit Recht, denn handwerklich ist David Sievekings Film David wants to fly wirklich keine Glanzleistung.

Also beschließt David Sieveking Lynch an seiner weichsten Stelle zu treffen: seiner Liebe zur Transzendentalen Meditation nach dem Motto, David Sieveking, der Mann der David Lynch in den Hintern trat. Er schleimt sich mit einer Spende bei Lynch und seinen TM Freunden ein und pinklet sie schließlich alle genüsslich mit mäßig inszenierten Hass- und Neidklischees aus der jounalistischen Trickkiste öffentlich an. Was natürlich Sieveking als seriösen Interviepartner in alle Zukunft diskreditert.

Für den kritischen Zuschauer wird deutlich, dass er mit seiner linken Tour, mit vorgelegten Kommentaren seine Acteure geschickt unglücklich darzustellen, im Grunde jeden aufs Kreuz legen könnte. Der Pabst, der Dalai Lama oder die Queen würden bei David Sieveking bestimmt genauso blöd aussehen, wie hier der Maharishi und seine Anhänger.

Schlimm finde ich, dass so eine schwache Glosse als "Dokumentation" auf einem deutschen Filmfestival läuft.

Rita Schmitt · 13.02.2010

Ich finde es gut.dass auf der Berlinade auch junge Leute eine Plattform finden, sich darzustellen. Als solches habe ich diesen Film gesehen. Allerdings hatte ich eher den Eindruck, dass Herr Sieveking sich eher die Bekanntheit David Lynchs zu Nutze machen will, als durch sein inhaltliches und technisches Können überzeugen zu können.

Herbert Wolters · 13.02.2010

Hab den Film gesehen - lohnt sich nicht: stilistisch und technisch wie von einem Amateur, inhaltlich nichts sagend und langweilig.

Michael Dreyer · 12.02.2010

Die Ankündigung macht auf jeden Fall neugierig zumal diese allein schon einige Fragen aufwirft.
Ist jeder, der ein Meditationsseminar besucht hat und für sich im persönlichen wie beruflichen Leben Vorteile damit genießt, gleichbedeutend ein Anhänger und damit im gleichen Atemzug Ziel und Grund für eine zukünftige öffentliche Diskreditierung nach Freigabe des Films von Sieveking?
Kritisch ist mit Sicherheit zu betrachten, dass die TMO das alte Wissen scheinbar als gepachtet ansieht, welches schon in den klassischen Yoga und Ayurveda Texten niedergelegt ist.
Klar, dass der TM Organisation die Freien und unabhängigen Meditationslehrer, die sich von der TMO, ihrem Außenauftritt, den Karnevalskostümen einiger offizieller Vertreter, ihrem „TM hilft gegen alles und dem Weltverbesserungsharndrang distanzieren, auf die Goldpappkronen geht.

Sicher hat der Yogi auf die Unterschiede zu anderen Formen der Besinnung, Einkehr oder Meditation hingewiesen und das Charakteristische des transzendentalen Übens herausgearbeitet und gelehrt. Doch erfunden hat er das Prinzip der transzendentalen Kunst des Meditierens nicht.

Der Yogi Maharishi ist nun vor 2 Jahren verstorben und er hat die alte TM Organisation mit ins Grab - pardon in den Ganges genommen. Die derzeitigen Verwalter scheinen eher Insolvenzverwalter zu sein, während die unabhängige Seite mit der Renovation eines uralten Erfolgsmodels in aller Stille begonnen haben. Dort kostet ein Seminar auch nicht 2000.- Euro und es werden auch keine Ratenkredite angeboten. Z.B. rechnet sich ein Seminar für Studenten bei den Freien ab 150.- Euro.

Das transzendente Meditieren mit der TM Organisation und gewissen Ungereimtheiten gleichsetzten zu wollen, greift allerdings zu kurz.

Wer verständlicherweise keine 2000.- Euros abdrücken möchte und auch sonst mit der TMO nichts zu tun haben möchte aber an dieser Art der Meditation interessiert ist, der hat die Freiheit, zu einem unabhängigen oder freien Lehrer der transzendentalen Künste zu gehen

Um es mit Detlev Buck in seinem Roadmovie zu sagen, „Wir können auch anders.“

Und sonst? Ach ja, meditieren an sich ist schon geil oder wie heißt es:

Es geht überall - im Bett, auf der Couch. Manche machen es im Auto.
Nach einem langenTag ist es genau das Richtige, was Dich wieder runterbringt.

Dabei ist Meditation nicht das, was Sie denken.

Und es gibt eben auch die anderen Beispiele gelungener Meditationsbiographien, die mit dem TMO Zirkus nicht wirklich was am Hut hatten:
Madonna, Sheryl Crow, Pearl Jam frontman Eddie Vedder, Lenny Kravitz, Paula Abdul, Nena, Udo Lindenberg, Sir Paul Mcartney, Ringo Star, Justus Frantz, Clint Eastwood, Hannelore Elsner, Kraftwerk, Siegfried & Roy, Moby, die Rockgruppe Scorpians, der berühmte Fotograf Peter Lindbergh, Mike Love (Beach Boys), Paul Horn, Jakob von Uexkull.