Dating Queen (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Die Normalisierung einer Frau

„Monogamie ist nicht realistisch. Monogamie ist nicht realistisch. Monogamie ist nicht realistisch!“ Das ist das Erste, was Amy (Amy Schumer) von der großen weiten Welt der Liebe mitkriegt. Monogamie ist nicht realistisch, das bläut ihr Vater seinen kleinen Töchtern ein, der ihr und ihrer kleinen Schwester (Brie Larson) dann noch ganz nebenbei mitteilt, dass ihre Mutter übrigens die Scheidung will. (Die Gründe dafür liegen spätestens jetzt auf der Hand.)

Etliche Jahre später: Amy ist eine gut aussehende, junge, erfolgreiche Frau mit einem eigenen Apartment in Manhattan, einer unglaublichen Toleranzschwelle, was Alkohol betrifft, und einem mittelgroßen Vorrat an Joints in der Handtasche. Und sie macht und nimmt sich, was sie will. Letzteres ist vor allem eine ganze Reihe Männer, die sie abends in Bars aufgabelt, mit zu sich nach Hause nimmt und vernascht. Kurzum, Amy ist eine Abschleppkönigin und pflegt einen Lebensstil wie man ihn sonst nur von Junggesellen kennt. Frei, unverbindlich, abenteuerlich, sexuell unabhängig, fordernd und aktiv. Da möchte man eigentlich zu einem schönen Leben gratulieren, denn sie scheint damit sehr glücklich zu sein. Doch obwohl hier die feministische Ikone und TV-Comedienne Amy Schumer (Inside Amy Schumer, so lautet der ebenso doppeldeutige wie freche Titel ihrer äußerst beliebte TV-Show) die Hauptrolle spielt und Dating Queen zumindest anfangs eine ungewöhnlich starke und freie Frauenrolle präsentiert, ahnt man es bereits: In einem Film, der innerhalb des Hollywood-Systems und noch dazu von Judd Apatow, dem Schöpfer vieler heteronormativer Komödien, gemacht wird, kann das so nicht bleiben.

Umso tragischer ist es, dass Schumer, die das Drehbuch zum Film schrieb, diesen eklatanten Richtungswechsel, diese Verschiebung von einer eigentlich vielversprechenden Grundprämisse hin zu einer nicht hinterfragten Genrekonvention, einfach so mitmacht. Und so kommt es, wie es kommen muss und wie der Film schon von der ersten Minute und vom ersten „Monogamie ist nicht realistisch“ angedeutet hat: Es stimmt etwas nicht mit dieser Frau. Sie ist kaputt. Denn so ein Leben kann nicht glücklich machen. Genüsslich dekonstruiert der Film ihr Leben. Der Redakteursjob bei einem Frauenmagazin stellt sich als eher dümmlich statt anspruchsvoll heraus, ihre Liebhaber sind schlecht im Bett, sie ist eine Trinkerin und eigentlich zutiefst unglücklich. Und sie hat – natürlich – einen waschechten Elektra-Komplex.

Doch dann kommt Aaron (Bill Hader), ein ordentlich gescheitelter Doktor im karierten Hemd, der sie von ihrem Leiden erlöst. Durch echte Liebe und eine ordentliche, monogame Beziehung. Eigentlich ist Haders Figur ein klassischer „Gary Sue“, also die männliche Variante eines wohl bekannten Figurenklischees: des perfekten, immer freundlichen, alles mit Bravour lösenden, netten Mannes, an dem nichts falsch ist und in den man sich einfach verlieben muss. Hader spielt seine glatt geleckte Figur mit viel Charme und Witz, er gibt alles, um aus diesem Stereotyp etwas herauszuholen. Doch viel kann auch er nicht tun, denn seine Korrektheit ist vor allem dazu da, abermals zu unterstreichen, wie abgefuckt Amy doch eigentlich ist. Und auch Amys Schwester, eine verheiratete Frau und noch dazu gerade schwanger, hat vor allem die Funktion, Amys Figur mehr ins gesellschaftliche und moralische Abseits zu befördern.

Dating Queen ist daher stark in seinen ersten Minuten, die wahrhaftig die üblichen Prämissen romantischer Komödien unterlaufen und auch für spannende und oftmals witzige Gender-Verwirrung sorgen. Doch spätestens nach einer halben Stunde des mit 130 Minuten viel zu lang geratenen Filmes werden diese erfrischenden Ansätze negiert und plattgewalzt bis am Ende das generische Prinzip dieses Filmgenres wieder greift und das normierte Happy End Einzug halten darf. Zwischendrin ist Dating Queen ein nicht immer funktionierender Mix aus Drama und Komödie. Leider verdrängt letztere oft das Potential des Dramatischen, was überaus frustrierend ist, haben alle Figuren dieses Filmes doch großes Potential, sich die unter dem Wunsch nach Liebe und Familie liegenden Mechanismen genau anzusehen. In diese Richtung stößt der Film auch immer wieder vor, bricht jedoch stetig mit einem lustigen Witz die Introspektion ab und reduziert sie auf eine abwinkende Pointe.

Und so bleibt Dating Queen eine filmische Verabredung, die einen schalen Nachgeschmack und das Wissen hinterlässt, dass es viel, viel besser, tiefer, offener und inspirierender hätte werden können, hätte man es gewagt, die enge gesellschaftliche Norm einmal zu ignorieren und das unbekannte Land der anderen Möglichkeiten wirklich einmal auszuprobieren.
 

Dating Queen (2015)

„Monogamie ist nicht realistisch. Monogamie ist nicht realistisch. Monogamie ist nicht realistisch!“ Das ist das Erste, was Amy (Amy Schumer) von der großen weiten Welt der Liebe mitkriegt. Monogamie ist nicht realistisch, das bläut ihr Vater seinen kleinen Töchtern ein, der ihr und ihrer kleinen Schwester (Brie Larson) dann noch ganz nebenbei mitteilt, dass ihre Mutter übrigens die Scheidung will.

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Meinungen

Gabriele Veit · 27.08.2015

Selten so eine unlustige Komödie gesehen. Man muss definitiv bis zur letzten Szene warten, die dann mal lustig ist.

Erfrischend sind die unbekannten Schauspieler.

Wäre der Film im Fernsehen gekommen, hätte ich weiter gezappt.