Das größte Spiel der Welt

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Nomaden, Tuaregs, Indianer und ein Fußballspiel

Was eine mongolische Nomadenfamilie, eine Kamelkarawane der nigrischen Tuaregs und ein brasilianischer Indianerstamm aus dem Amazonas gemeinsam haben: Sie leben in den abgelegensten Regionen der Erde und sie lieben Fußball. Und zwar so sehr, dass sie alles daran setzen, das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 2002 zwischen Deutschland und Brasilien im Fernsehen zu sehen. Über ihren Einsatz und die Hürden, die sie dabei überwinden müssen, hat der spanische Regisseur Gerardo Olivares den heiteren Episodenfilm Das größte Spiel der Welt / La Gran Final gedreht.
Was für unsere Breitengrade eine Selbstverständlichkeit ist, kann für andere zur Tour de Force werden. Wie leicht es doch für uns ist, den Fernseher anzuknipsen und Fußballspiele gemütlich im heimischen Sessel zu verfolgen. Oder bei den Weltmeisterschaften einfach zur nächsten Eckkneipe oder gar Public Viewing zu gehen und das Spektakel mit unzähligen anderen Fans zu verfolgen. So einfach ist es weder für die Mongolen, noch die Tuaregs oder die Indianer – sie leben fernab von der Zivilisation, meist ohne Strom und fließendes Wasser. Und wer wenig hat, muss nicht nur besonders einfallsreich sein, sondern auch die nötige Geduld dafür mitbringen. In den drei parallel verlaufenden Episoden zeigt Olivares die Kreativität und Hartnäckigkeit seiner Protagonisten auf ganz köstliche und komische Art und Weise. Alle haben einen Fernseher, doch der muss noch aktiviert werden. Den Mongolen fehlt der Strom, den sie sich vom staatlichen Strommast heimlich abzapfen werden. Den Tuaregs fehlt ein Baum, an dem sie ihre Antenne anbringen können und den Brasilianern ein Stück Kabel und später wieder ein funktionstüchtiger Fernseher.

Dass der Regisseur des Films seit über fünfzehn Jahren Dokumentarfilme und Reportagen im Bereich Anthropologie, Ethnografie und wilde Tierwelt dreht, ist dem Film deutlich anzumerken. So wie er die Nomaden im kargen Altai-Gebirge der Mongolei einfängt, wie bildgewaltig er seine Protagonisten durch die heiße Sandwüste Ténéré in Niger ziehen oder wie er die Flora und Fauna im Amazonasgebiet Brasiliens vor Klängen, Farben und Bildern nur so strotzen lässt, das ist sehr dokumentarisch aufbereitet, mit sehr viel Liebe zu den Landschaften, den Tieren und Menschen, die sie bewohnen.

Die Idee zum Film kam dem Regisseur auf einer Reise in die Mongolei, wo er nach geeigneten Drehorten für ein Dokumentarfilmprojekt suchte. Dort begegnete er Nomaden, die auf Pferden mit einem alten Fernseher im Sattel quer durch Steppe zum „Zum eisernen Baum“ unterwegs waren. Der Baum war eine Ansammlung von Eisenresten und diente als Antenne für den Fernseher, mit dem sie das Weltmeisterschaftsendspiel verfolgen konnten. Egal wie fernab die Menschen von der Zivilisation lebten, die der Regisseur in der Welt getroffen hat, Ronaldo und Zidane waren keine Fremdwörter für sie. Ganz im Gegenteil. Sie kannten sich bestens damit aus. Diese große Leidenschaft verschiedener Menschen und Kulturen für den Fußball gab schließlich den Impuls, Das größte Spiel der Welt / La Gran Final zu drehen. Entstanden ist eine kurzweilige Komödie, bei der man das Gefühl hat, eher in einem Dokumentarfilm als in einem Spielfilm zu sitzen. Der Film hat viele komische Momente, die aber nicht den ganzen Film tragen. Gut nach der Hälfte scheint sich das Meiste nur noch zu wiederholen. Die Episode mit den Indianern ist sicherlich die Schwächste unter den Dreien, zu gestellt und konstruiert wirkt sie. Der Film ist kein Fußballfilm – und das will er auch nicht sein – er ist vielmehr eine ethnografisch-vergleichende Studie dreier verschiedener Kulturen. Wer das gern im Kino sieht, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.

Das größte Spiel der Welt

Was eine mongolische Nomadenfamilie, eine Kamelkarawane der nigrischen Tuaregs und ein brasilianischer Indianerstamm aus dem Amazonas gemeinsam haben: Sie leben in den abgelegensten Regionen der Erde und sie lieben Fußball.
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