Codename U.N.C.L.E. (2015)

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Wiedersehen im Retro-Stil

Unter den zahlreichen James Bond-Epigonen der Sechziger zählte The Man from U.N.C.L.E. zu den populärsten TV-Shows. Das Ungewöhnlichste an dieser Serie mit attraktiven Damen, verrückten Superschurken und bizarren Gadgets war die Zusammenarbeit zwischen dem russischen Topspion Kuryakin und dem US-Agenten Napoleon Solo zu Hochzeiten des Kalten Krieges. Politische Anspielungen wurden indes bewusst unterlassen. Das holen Guy Ritchie und sein Co-Autor sowie Produzent Lionel Wigram in ihrer stilvollen Neuauflage Codename U.N.C.L.E. nach. Mit Hinweisen auf den Mauerbau und die angespannte Lage zwischen den Großmächten präsentieren sie eine „Geburtsgeschichte“ über das erste Zusammentreffen der einstigen Feinde, was die Serie zum Start unterließ.

Deshalb stehen sich CIA-Agent Napoleon Solo (Henry Cavill) und KGB-Agent Illya Kuryakin (Armie Hammer) im Prolog als Gegner gegenüber. Hierbei erweist sich Kuryakin zunächst als fast übermenschlicher, linientreuer Soldat, der lediglich seinen aufbrausenden Charakter und nervösen Tick nicht immer unter Kontrolle bekommt. Das GULAG-Schicksal seines Vaters gehört zu den weiteren politischen Details, die sich die Originalserie nie geleistet hätte. Solo trumpft als Ex-Kleinkrimineller mit exzellenten Fingerfertigkeiten wie gewohnt als Ladies-Man auf, der nichts anbrennen lässt.

Auch die ostdeutsche Automechanikerin Gaby Teller (Alicia Vikander) kann sich seinem Charme nicht verschließen. Sie ist die Tochter des verschwundenen deutschen Raketenspezialisten Dr. Udo Teller (Christian Berkel), einem Ex-Nazi-Handlanger, und erweckt das Interesse des US-Geheimdienstes. Daher bekommt Solo von seinem Chef Saunders (Jared Harris, dem „Professor Moriarty“ aus Guy Ritchies zweitem Sherlock Holmes-Film) den Auftrag, das Mädchen aus Ost-Berlin herauszuholen. Dabei kreuzen sich seine Wege erstmals mit dem hartnäckigen russischen Profi und sie wollen ihren Zwist fortsetzen. Doch längst haben ihre Auftraggeber beschlossen, eine (brüchige) Allianz gegen einen weitaus bedrohlicheren Feind einzugehen: Solo und Kuryakin sollen eine Gruppe fanatischer, reicher Krimineller in Italien aufspüren, die mit Dr. Tellers Unterstützung Uran für schnellere Atombomben anreichern will. An ihrer Spitze stehen die mondäne, skrupellose Geschäftsfrau Victoria Vinciguerra (Elisabeth Debicki) und ihr Playboy-Ehemann Alexander (Luca Cavani). Da Gabis Onkel Rudi (Sylvester Groth), ein fanatischer Nazi, mit der Organisation kooperiert, soll sie als Lockvogel fungieren und zur Tarnung Illyas vorgebliche Geliebte mimen, wobei sie ihre gegenseitige Abneigung nur mühsam zu unterdrücken verstehen.

Auf diesen komödiantischen Liebeskonflikt setzen Ritchie und seine Autoren ebenso wie auf die Mechanismen des Buddy Movies. Kuryalkin und Solo entpuppen sich als zwei Seiten einer Medaille, mit stetem Kräftemessen wollen sie jeweils ihre Fähigkeiten als effektiverer, agilerer Spion unter Beweis stellen, aber letztlich müssen sie sich stets gegenseitig aus dem angerichteten Schlamassel befreien. Ohnehin hält sich die Neuauflage ganz an die Gepflogenheiten des Genres, die man bereits aus den Agentenfilmen der Sechziger kennt.

Doch mit seinem bewährten Erzählprinzip aus Beschleunigung und Zeitlupe, aus Parallelmontagen, Splitscreens und aufklärenden Rückblenden baut Ritchie auf eine dynamische Inszenierung, ohne die Actionelemente völlig in den Fokus zu stellen. Glücklicherweise besitzt Codename U.N.C.L.E. auch ein gewitzteres Drehbuch als Ritchies Sherlock Holmes – Spiel im Schatten, das zudem einen starken und humorvollen Akzent auf die Konflikte zwischen den Charakteren legt.

In den Hauptrollen setzt sich mit Henry Cavill (Man of Steel) als US-Spion und Armie Hammer (The Lone Ranger) als dessen östlicher Gegenspieler der Verjüngungstrend bei Serien- und Comicverfilmungen zwar fort, doch die beiden Darsteller bringen reichlich Selbstironie, Chuzpe und Eloquenz mit ein, um als schlagkräftige Leinwandhelden zu glänzen. Alicia Vikander (Die Königin und ihr Leibarzt) darf ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen. Bei ihren phonetisch erlernten deutschen Dialogen in der Originalfassung ist man aber für die englischen Untertitel dankbar. Christan Berkel erhielt als ihr Filmvater kaum mehr als einen längeren Gastauftritt, mehr Raum bekommt der Ostdeutsche Sylvester Groth als verknöcherter, sadistischer „Dr. Apokalypse“. Hinter der Brille wirkt er als wäre Dauerschurke Günther Meisner (Die Akte Odessa, Das As der Asse) von den Toten auferstanden. Hinzu kommt noch Hugh Grant als undurchsichtiger Brite Waverly. Wenn man weiß, dass der Boss des Duos in der Serie Alexander Waverly hieß, wird seine Position schnell deutlich.

Dank des gelungenen Castings lässt sich verschmerzen, dass die Handlung im letzten Drittel zunehmend vorhersehbar verläuft und zwar nicht an Drive, aber etwas an Witz verliert. Angesichts zahlreicher fader Neuauflagen von Sechziger-Jahre-Hits wie Thunderbirds oder The Avengers erweist sich das U.N.C.L.E.-Wiedersehen immerhin als angenehme, amüsante Unterhaltung, die bis auf eine makabere Szene auf die derben Gags von Kingsman oder Spy – Susan Undercover verzichten kann. Schade, dass man den ursprünglichen Hauptdarstellern Robert Vaughn (Hustle – Unehrlich währt am längsten) und David McCallum (Navy CSI), die heute immer noch vor der Kamera stehen, nicht die Referenz eines Gastauftritts erwies. (Den erhielt nur Ritchies Freund David Beckham.) Vielleicht wird dies in der angedeuteten Fortsetzung nachgeholt. Doch die Konkurrenz auf dem (Retro-)Agentenmarkt ist gewaltig.
 

Codename U.N.C.L.E. (2015)

Unter den zahlreichen „James Bond“-Epigonen der Sechziger zählte „The Man from U.N.C.L.E.“ zu den populärsten TV-Shows. Das Ungewöhnlichste an dieser Serie mit attraktiven Damen, verrückten Superschurken und bizarren Gadgets war die Zusammenarbeit zwischen dem russischen Topspion Kuryakin und dem US-Agenten Napoleon Solo zu Hochzeiten des Kalten Krieges. Politische Anspielungen wurden indes bewusst unterlassen.

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