Che - Cannes 2008

Eine Filmkritik von Red.

Verwirrung an der Croisette

Steven Soderberghs Che war in diesem Jahr der wohl mit der meisten Spannung erwartete Wettbewerbsbeitrag des Festivals von Cannes. Doch nach der Vorführung des mehr als vierstündigen Films herrschte Ratlosigkeit und auch Enttäuschung unter den Besuchern. Hatte man jetzt einen zweiteiligen Film gesehen oder gar zwei vollkommen separate Filme? War die vorgeführte Version nur ein Rohschnitt oder tatsächlich das fertige Werk, das in dieser Form auch in die Kinos kommen soll?
So viel steht fest, das Biopic über den Vorzeigerevolutionär und die Popikone Che Guevara gliedert sich in zwei etwa gleich lange Teile (oder eben Filme). Der erste befasst sich mit dem Aufstieg Che Guevaras an der Seite von Fidel Castro und endet mit dem Sieg der kubanischen Revolutionäre über das Regime Batistas im Jahre 1959. Der zweite Teil verfolgt Ches vergeblichen Versuch, die Revolution nach Bolivien zu exportieren und endet 1967 mit dem Tod des Revolutionärs. Hier hat auch Franka Potente einen Auftritt als Tamara Bunke, eine deutsche Wegfährtin Ches, die wie er von bolivianischen Truppen getötet wurde und von der gemunkelt wird, dass Guevara ihr Liebhaber war.

Die deutsche Filmkritik geht mit Soderbergh hart ins Gericht, allen voran Rüdiger Suchsland auf telepolis.de : „Letztendlich zählt das Ergebnis. Und das ist, kurz gesagt, ein einziges Desaster. Ein langatmiges, träges Stück Film — ohne Focus, ohne Idee, ohne Mut, ohne Esprit. Die größte Enttäuschung des bisherigen Festivals, ein Film, der nichts Erkennbares sein will, nur erkennbar alles Mögliche nicht ist.“ Auch Hanns-Goerg Rodek zeigt sich bei Die Welt als wenig angetan: „Vielmehr erhielt die versammelte Kritikerschaft von dem maximal männlichen Benicio Del Toro als Che eine Lektion im Führen eines Dschungel-Guerillakrieges.“ Wolfgang Höbel kann dem Film auf spiegel.de ebenfalls nur wenig abgewinnen: „Nur leider erweist sich das Herumhängen mit dem Revolutionär als allenfalls mittelprächtig unterhaltsames Unterrichtsexperiment eines cineastischen Vertrauenslehrers, der sich aller moralischer Wertungen strikt enthält.“

Differenzierter und auch um einiges wohlwollender geht die angelsächsische Presse mit Che um. Im Guardian meint Peter Bradshaw gar, dass Che ein ernsthafter Anwärter auf die Goldene Palme sei. Der Film werde womöglich einst als Soderberghs Meisterwerk angesehen: „fesselnd, wenngleich strukturell mangelhaft.“ Bei Foxnews vergleicht Roger Friedman Che mit Michael Cimnios Heaven’s Gate. Seit 1985 habe man in keinem Film gleichzeitig so viel Genie und Langeweile erlebt. James Rocchi von cinematical.com erlebt den Film als „einfach, klar und offen“ und fährt damit fort, dass Che sagen wolle: „Hier ist ein Mann, das ist was er tat, so hat er gelebt und so ist er gestorben.“ Wendy Ide von der Times betrachtet den Film in seiner gegenwärtigen Form als eine „Fehlinvestition“. Doch sei sie sich sicher, dass aus dem Material ein, wenn nicht gar zwei, erfolgreiche Film entstehen werden.

Che - Cannes 2008

Steven Soderberghs Che war in diesem Jahr der wohl mit der meisten Spannung erwartete Wettbewerbsbeitrag des Festivals von Cannes.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen