Cäsar muss sterben

Mit Shakespeare im Knast

Die Berlinale liebt Shakespeare. Letztes Jahr durften wir die Ralph Fiennes Adaption von Coriolanus ertragen und dieses Jahr steht Julius Cäsar auf dem Programm. Die Regie führen die italienischen Brüder Taviani. Die Besetzung übernehmen die Häftlinge im Hochsicherheitstrakt des römischen Rebibbia-Gefängnisses. Und das Ganze wird dann mit zugegebenermaßen sehr schönen Schwarz-Weiß-Aufnahmen inszeniert. Das Ergebnis heißt Cesare deve morire (Cesar must die) und kann nur ansatzweise wirklich überzeugen.
Die Taviani-Brüder, die ihre Karriere zunächst als Journalisten begannen, um in den 1960er Jahren in das Filmgeschäft zu wechseln, haben ihre kreative Hochphase schon hinter sich. In den 1970er Jahren gelang ihnen sogar der Sieg bei den Filmfestspielen von Cannes mit ihrem Drama Padre Padrone. Seitdem hat man immer mal wieder ganz nette Filme von ihnen gesehen, aber auch allerhand Gescheitertes. Cesare deve morire gehört sicherlich zu den weniger schrecklichen Taviani-Filmen, dennoch darf an dieser Stelle noch bezweifelt werden, ob sie dieser Film aus dem Tal der Kreativlosigkeit befördern wird.

Der Film beginnt mit der Theateraufführung der Gefängnisinsassen und macht dann einen Zeitsprung von sechs Monaten, um die Männer bei den Proben zu beobachten. Während des Castings bekommen wir in kurzen Einblendungen erklärt, welche Straftaten die zukünftigen Darsteller von Brutus, Cäsar oder Cassius begannen haben. Mehr Hintergrund erhalten wir nicht. Hier hört der eigentliche Dokumentarfilm auf. Was folgt ist die Inszenierung kleinerer Szenen auf dem Gefängnisgelände. Hier ist der Film besonders problematisch, denn er verharrt in seiner Ausgangssituation. Und die trägt selbst die 79 Minuten Laufzeit nicht (unterstrichen wird das Argument übrigens durch die hilflose Aktion, den Anfang des Films nochmal am Ende zu wiederholen).

Die Tavianis konfrontieren die Häftlinge mit den Rollen aus Shakespeares Stück und hoffen darauf, dass sich aus den Parallelen zu ihren Leben etwas Spannendes ergibt. Das Problem an diesem semi-dokumentarischen Film ist aber, dass dies nur marginal zutrifft. Wir erfahren viel zu wenig von den Insassen. Sie bleiben uns fremd. Das liegt auch daran, dass selbst kurze und private Momente in den Zellen und auf den Fluren des Hochsicherheitstraktes von den Regisseuren inszeniert wurden. Sie sperren den Alltag der Haft aus und damit auch den Kontext, den man kennen sollte, um die Tragweite dieses Projektes zu verstehen. Und dennoch ist da eine Wucht in Cesare deve morire, die viele auf der Berlinale getroffen hat. Schade, dass viele Kollegen dies auf den eigentlichen Plot zurückführen. Denn was sie in Wirklichkeit ergriffen hat, ist die ewige Aktualität von Shakespeares Themen und Sprache.

Wie man übrigens den Konflikt und das Schicksal von Gefangenen auf eine intensivere und intelligentere Weise darstellt, beweist auf der Berlinale Werner Herzog. Sein Film Death Row porträtiert Menschen, die im Todestrakt auf die Vollstreckung ihrer Strafe warten. Ein schmerzhaft direkter Film, der aber unbewusst auch die Leerstellen in Cesare deve morire aufzeigt.

(Festivalkritik Berlinale 2012 von Patrick Wellinski)

Cäsar muss sterben

Die Berlinale liebt Shakespeare. Letztes Jahr durften wir die Ralph Fiennes Adaption von „Coriolanus“ ertragen und dieses Jahr steht Julius Cäsar auf dem Programm. Die Regie führen die italienischen Brüder Taviani. Die Besetzung übernehmen die Häftlinge im Hochsicherheitstrakt des römischen Rebibbia-Gefängnisses. Und das Ganze wird dann mit zugegebenermaßen sehr schönen Schwarz-Weiß-Aufnahmen inszeniert. Das Ergebnis heißt „Cesare deve morire“ („Cesar must die“) und kann nur ansatzweise wirklich überzeugen.
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Meinungen

Proembl · 19.02.2012

Es ist so wie 2006 als Italien Fussballweltmeister wurde.
Man kann es hinnehmen - aber andere waren besser, mutiger, eleganter, mit mehr Esprit.
Man muss es sportlich nehmen. Nur einer kann Gewinnen - bei Schiedsrichtern heißt es dann milde erklärend: Konzessionsentscheidung. Nicht unverdient ... aber.