Brothers Bloom

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine hinreißend verdorbene Familienbande

Wenn ein vergleichsweise junger und unerfahrener Regisseur wie der 35-jährige Rian Johnson bereits in seinem zweiten Film auf die Mitwirkung renommierter Darsteller wie Adrian Brody, Mark Ruffalo und Rachel Weisz bauen kann, dann spricht einiges dafür, dass hier gerade ein neues Megatalent die Bühne der Filmszene betritt. In der Tat eilt Johnson in den USA nach seinem viel beachteten und hoch gelobten Spielfilmdebüt Brick ein beinahe schon beängstigender Ruf voraus. Der an dem Vorbild des klassischen Film noir orientierte Blick auf eine amerikanische High School gewann im Jahre 2005 den Special Jury Prize in Cannes und gilt mittlerweile vor allem in den USA nahezu als Kultfilm. Kein Wunder also, dass Rian Johnsons neues Werk Brothers Bloom in seiner Heimat ebenfalls auf großes Interesse stieß – und abermals zu gefallen wusste.
Schon seit frühester Kindheit haben sich die beiden Brüder Stephen (Mark Ruffalo) und Bloom (Adrien Brody) Bloom (sic!) als fintenreiche Trickbetrüger durchs Leben geschlagen, wie der Prolog verrät. Was mit dazu beitrug, dass die Pflegeeltern der beiden Gauner genauso wechselten wie gewisse Wertgegenstände von einem Besitzer zum anderen übergingen. Stets hatte der drei Jahre ältere Stephen dabei das Sagen und ersann die tollkühnen Geschichten. Kein Wunder also, dass Bloom nun nach etlichen Jahren die Nase voll hat und endgültig aussteigen will – wer führt schon gerne ein Leben nach dem Drehbuch eines anderen – und wenn es der eigene Bruder ist? Noch einmal kann Stephen ihn zu einem Beutezug überreden, ein letzter Coup noch und dann ist Schluss. Unterstützt von Stephens sehr schweigsamer Freundin Bang Bang (Rinko Kikuchi), deren Name einiges über ihr Talent im Umgang mit Explosivstoffen verrät, wollen die Gebrüder die ebenso reiche wie chaotische und einsame Millionenerbin Penelope Stamp (Rachel Weisz) ausnehmen, deren Lebensinhalt einzig darin zu bestehen scheint, Lamborghinis zu Schrott zu fahren und Hobbys zu sammeln.

Tatsächlich scheint Stephens verzwickte Finte zunächst auch aufzugehen. Doch mit der Zeit ist sich Bloom seiner Gefühle gegenüber dem Opfer nicht mehr sicher, und die Sache droht, allen Beteiligten gehörig über den Kopf zu wachsen. Denn die beiden Brüder und ihre Komplizin sind nicht die einzigen, die in diesem Spiel kräftig mitmischen…

Bei diesem Film gibt es viel zu entdecken: Offensichtlich ist Rian Johnson – was nach seinem Erstling Brick nicht unbedingt auf der Hand lag – sowohl ein Verehrer der schrägen Geschichten von Wes Anderson (The Royal Tennenbaums, Life Aquatic with Steve Zissou) als auch ein Fan von Filmen wie Der Clou oder Frank Oz’ turbulenter Gaunerkomödie Zwei hinreißend verdorbene Schurken / Dirty Rotten Scoundrels mit Steve Martin und Michael Caine in den Hauptrollen. Wie derzeit Quentin Tarantino bei Inglourious Basterds, so bedient sich auch Johnson reichlich aus dem Fundus der erwähnten Vorbilder. Das Erfreuliche an diesem Zitatenfeuerwerk– auch wenn das manche amerikanischen Kritiker anders sehen: Trotz offensichtlicher Vorbilder schafft es Johnson mühelos, aus den Puzzlesteinen und Mosaikteilchen einen ganz und gar originellen und unterhaltsamen Film mit schrägem Humor, einer Prise melancholischer Nostalgie und etlichen Haken und Ösen zu machen, der zugleich noch Raum lässt für Reflexionen über Fiktion und Leben, Sein und Schein. Und zwei wundervolle Gastauftritte von Maximilian Schell und Robbie Coltrane.

Die Widerborstigkeiten Johnsons sieht man manchmal schon auf den ersten Blick. Und vielleicht ist man gerade deshalb geneigt, diese im ersten Moment geflissentlich zu übersehen. Denn auch wenn der Film mutmaßlich Mitte der Neunziger spielt, wirken die beiden Brüder mit ihren altmodisch-elegant geschnittenen Anzügen und den verwegen auf dem Kopf sitzenden Hüten wie Überbleibsel aus den früheren Jahrzehnten. Das wirkt auf den ersten Blick ebenso befremdlich wie die gelegentlich auftauchenden altmodischen Dampfschiffe, Eisenbahnen und Kamele, hat aber – wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat – eine Menge Charme. Und schafft zudem genau jene federleichte Atmosphäre, die man sich bei einem so trickreich verschmitzten Gaunerstück wünscht.

Auch wenn Rian Johnson dann und wann einen Schlenker zuviel in seine Geschichte einbaut – Brothers Bloom ist ein Film, der einfach Spaß macht. Wenn man bedenkt, dass dies gerade mal erst Johnsons zweiter Film ist, muss man sich jetzt schon auf die zukünftigen Werke dieses Regisseurs freuen, der vielleicht einmal einer der ganz Großen werden könnte. Die dazu nötige Originalität und Flexibilität, sich in verschiedenen Genres auszuprobieren und dabei die Grenzen spielerisch zu überschreiten, hat er auf alle Fälle. Vom Mut, sich auch bei seinem ersten Großprojekt den Verlockungen des Mainstream-Kinos zu verweigern, mal ganz zu schweigen. Trotz vernachlässigbarer Schwächen ist dies ein wahrhaft bezaubernder Film.

Brothers Bloom

Wenn ein vergleichsweise junger und unerfahrener Regisseur wie der 35-jährige Rian Johnson bereits in seinem zweiten Film auf die Mitwirkung renommierter Darsteller wie Adrian Brody, Mark Ruffalo und Rachel Weisz bauen kann, dann spricht einiges dafür, dass hier gerade ein neues Megatalent die Bühne der Filmszene betritt.
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