Bridget Jones' Baby (2016)

Eine Filmkritik von Katrin Doerksen

43, Single, Idealgewicht

Die Figur der Bridget Jones ist so etwas wie die gute alte Freundin, bei der es völlig egal ist, wie lange man sich nicht gesehen hat. Mit ihr erinnert man sich an damals, lacht, weint und beklagt sich darüber, dass man schon viel zu lange nicht mehr flachgelegt wurde. Noch vor der allerersten Einstellung in Bridget Jones’ Baby sind die Klänge des Songs All By Myself zu hören, alle alten Fans sind sofort wieder drin. Und selbst wer nicht in on the joke ist, versteht ihn, sobald er Bridget (Renée Zellweger) allein und im Pyjama auf dem Sofa hocken sieht, eine einzelne Kerze im Cupcake vor sich. Es ist ihr 43. Geburtstag.

Zielgruppe der Komödienfortsetzung – abermals unter der Regie von Sharon Maguire – sind in erster Linie die Kinogängerinnen, die sich noch an Bridgets Geburtsstunde erinnern: Mitte der 1990er Jahre als Protagonistin einer Kolumne im Independent, später als Romanheldin der Bestseller von Helen Fielding, schließlich in den Kino-Adaptionen, dem gefeierten Bridget Jones — Schokolade zum Frühstück 2001 und dem verhalten aufgenommenen Bridget Jones — Am Rande des Wahnsinns drei Jahre danach.

Vieles hat sich seither verändert. Bridgets Wohnung liegt im mittlerweile gentrifizierten Londoner Borough Market, sie hat ihr Idealgewicht erreicht, ihre Garderobe der Vorstellung davon angepasst, wie erfolgreiche Karrierefrauen auszusehen haben, und arbeitet als TV-Produzentin eines Nachrichtenmagazins. Gleichbleibend ist nur der Umstand, dass sie nach wie vor Single ist, während alle alten Freunde die Freuden der Elternschaft auskosten. In dieser Hinsicht steht Bridget Jones’ Baby ganz im Dienst seiner Vorgänger. Ein langes Warm-Up verzögert den Einsatz der Handlung, brennt jede Menge Gags um der Gags Willen ab, manche davon gut, manche weniger. Vor allem aber kehrt es die Qualitäten hervor, die Bridget Jones überhaupt zu einem Erfolg werden ließen. Ihr Tagebuch ist nach wie vor die erzählerische Grundform der Filmreihe; ihre innere Stimme, die Einsamkeit und tiefsitzende Unsicherheiten zutage fördert. Fragen, die nicht ins Bild passen, das es nach außen abzugeben gilt.

Bridget Jones ist immer noch ein Sprachrohr der Ängste und Zweifel, die wir am liebsten in einem großen Glas Chardonnay ertränken würden. Eine Identifikationsfigur, die abgesehen von ihren sympathischen Schrullen und den Tagebucheinträgen, die das Drehbuch ihr in den Mund legt, über keine Persönlichkeitsentwicklung verfügt. In der zweiten Filmhälfte überschlagen sich plötzlich die Ereignisse ohne einen Funken Interesse für die Gedankengänge hinter Bridgets Meinungsänderungen. Vielleicht, dachten die Autoren, reichen die hormonbedingten Stimmungsschwankungen als Erklärung. Der spoilerbehaftete Filmtitel verrät es schon: Bridget ist schwanger. Unklar ist, wer sich mit ihr auf den Nachwuchs freuen darf: ihr Urlaubsflirt Jack (Patrick Dempsey), ein Amerikaner, der mit dem Algorithmus für eine Dating-Website Millionen gemacht hat. Oder der gute alte Mark Darcy (Colin Firth), der frisch den Trümmern einer gescheiterten Ehe entstiegen direkt wieder Bridget verfällt.

Mit diesem Setup sind genderthematischen Witzen in Bridget Jones’ Baby Tür und Tor geöffnet. Als Highlight tut sich hier Emma Thompson hervor, die in ihrer selbst mit entwickelten Figur einer sarkastischen Gynäkologin nicht nur komödiantisch brilliert, sondern auch für einen entspannten Pragmatismus im Umgang mit bunten Lebensentwürfen steht: Eine Mutter, die zwei mögliche Väter mit in die Klinik bringt? Ach bitte, sie wissen ja nicht, was wir hier jeden Tag zu Gesicht bekommen. Umso verwunderlicher, dass Bridget Jones’ Baby in manch anderer Hinsicht erstaunlich uninformiert wirkt. Und damit sind noch nicht einmal Gangnam Style-Witze gemeint, die eher in einer Komödie von vor zwei Jahren gepasst hätten. Wie Sharon Maguire die populärsten Auswüchse des Beyoncé-Feminismus der vorigen Jahre an die Ränder ihres Films quetscht – Aktivistinnen, die in einer Vermischung aus Pussy-Riot- und Femen-Strategie ihre Brüste im Fernsehen zeigen, oder Demonstrantinnen, die an Chanels Catwalk-Rally auf der Pariser Fashion Week im September 2014 erinnern, – sprechen eher für femsploitation denn ein aufrichtiges Statement für Gleichheit.

Zumal die Prämisse von Bridget Jones’ Baby im Grunde erzkonservativ ist. Die preisgekrönte Karriere, die eigene Wohnung im In-Viertel, die persönliche Freiheit – das alles hat ohne Mann, ohne Baby und Traum in Weiß anscheinend noch immer keinen sonderlich hohen Wert. Dass die Reihe mit ihren Zuschauerinnen gealtert ist, bringt nicht zwingend mehr Weisheit hervor, eher Anbiederung. Das Feindbild sind die Jüngeren, hier in Gestalt von Bridgets neuer Chefin (Kate O’Flynn): eine Mittzwanzigerin, ganz in Schwarz, eiskalt versessen auf die Quote und stets umringt von Man-Bun tragenden, vollbärtigen Assistenten. Hipster-Karikaturen. Viel einfacher kann man es sich nicht machen. Wenn das das Ziel sein soll – ein bisschen privates Bauspar-Glück zum Preis einer ewig währenden Fehde gegen den potentiell gefährlichen Nachwuchs – dann bleibe ich doch lieber bei meinem Glas Chardonnay.
 

Bridget Jones' Baby (2016)

Die Figur der Bridget Jones ist so etwas wie die gute alte Freundin, bei der es völlig egal ist, wie lange man sich nicht gesehen hat. Mit ihr erinnert man sich an damals, lacht, weint und beklagt sich darüber, dass man schon viel zu lange nicht mehr flachgelegt wurde. Noch vor der allerersten Einstellung in „Bridget Jones’ Baby“ sind die Klänge des Songs „All By Myself“ zu hören, alle alten Fans sind sofort wieder drin.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen