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Grundsolides Biopic über Bob Marleys Lebenswerk, das nicht nur mit seiner Musik und Atmosphäre, sondern auch mit kultureller Repräsentation und starkem Schauspiel überzeugen kann.

Bob Marley: One Love (2024)

Eine Filmkritik von Lukas Hoffmann

Exodus, movement of Jah people

Jamaikanische Strände, langsame Rhythmen und süßlicher Cannabisgeruch treffen auf politische Spannungen, bürgerkriegsartige Zustände und die britische Kolonialmacht. Am 22. April 1978 gelang es Robert Nesta Marley, dem bedeutendsten Reggae-Künstler der Welt und Schlüsselfigur der Rastafari-Bewegung, beim „One Love Peace Konzert“ in Kingston die beiden politischen Kontrahenten Jamaikas zu einem symbolischen Handschlag auf der Bühne zu überzeugen. Dieser Handschlag konnte, zumindest vorübergehend, die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Parteien beenden.

In Bob Marley: One Love thematisiert Regisseur Reinaldo Marcus Green das Leben von Robert Nesta „Bob“ Marley (Kingsley Ben-Adir) anhand eines Zeitraums von zweieinhalb Jahren. Angefangen mit ausgelassenem Fußballspielen am Strand, über den Anschlag auf Bob und seine Frau Rita (Lashana Lynch), das Friedenskonzert „Smile Jamaica“ und sein Exil in England. Über die Entstehung seines größten Albums „Exodus“, der Europatournee und der Rückkehr nach Jamaika. Kurze Rückblenden geben dabei Einblicke in Bobs Vergangenheit, sind aber nie mehr als knappe Einordnungen seiner schöpferischen Motivation oder Weltanschauung. Auf diese Art wird beispielsweise die Entstehungsgeschichte der „Wailers“, später als Marleys Band bekannt, oder sein Weg zum Glauben und der Rastafari-Bewegung beleuchtet.

Greens Biopic kann dabei keine umfängliche Dokumentation ersetzen, vielmehr zeigt er dem Publikum einen spannenden Ausschnitt aus Marleys Leben und erzählt unterdessen eine durch und durch unterhaltsame und Popcornkino-taugliche Geschichte. Das ist gleichzeitig die größte Stärke und die größte Schwäche von Bob Marley: One Love. Das Biopic folgt nämlich der mittlerweile für das Genre typisch gewordenen Struktur: Texttafeln am Anfang und am Ende leiten die Geschichte ein und geben einen Ausblick auf die unmittelbare Zukunft bis zum Tod Marleys, eine musikalische Montage in der Mitte des Films untermalt den Erfolg in Europa, im vierten Akt gibt es einen großen Konflikt, der bis zum stimmungsvollen Abschlusskonzert im fünften Akt beigelegt wird. Diese Formelhaftigkeit relativiert sich allerdings durch das großartige Schauspiel von Kingsley Ben-Adir und Lashana Lynch.

Beide sprechen, zumindest im englischen Originalton, in authentischem jamaikanischem Dialekt. Besonders Ben-Adir ahmt ebenfalls die einzigartige Körperhaltung, Gestik und Mimik von Bob Marley in Perfektion nach. Die allgegenwärtige Cannabiskultur und das zurückhaltende Verhältnis zu Alkohol finden ebenso ihren Platz in der Erzählung. In Kombination mit den liebevoll gestalteten Sets – sei es das stets lebendig wirkende Haus der Marleys oder die verschiedenen Tonstudios – und der musikalischen Untermalung aus Marleys gesamter Diskografie entsteht eine Atmosphäre und Nähe zu den Figuren, die die meisten Zuschauer*innen problemlos mitreißen dürfte. Daher ist es auch nicht verheerend, dass in der überschaubaren Laufzeit von 104 Minuten tiefergehende Themen wie Marleys Songwriting-Prozess, die politische Lage in Jamaika oder der Zusammenschluss mit den Wailers nur oberflächlich behandelt werden. Insbesondere sein Privatleben, die häufigen Seitensprünge und seine zwölf Kinder wirken eher wie eine Randnotiz. Letzteres könnte darauf zurückzuführen sein, dass Rita, Cedella und Ziggy Marley als Produzenten maßgeblich an der Entstehung und dem Inhalt des Films beteiligt waren.

Bob Marley: One Love ist somit mehr ein Straight Outta Compton als ein Rocketman: Konventionell inszeniert, statt mit kreativen Einstellungen zu experimentieren, konventionell erzählt, statt mit extravaganten Musical-Einlagen zu überraschen, aber stets mit großem Augenmerk auf authentische kulturelle Repräsentation und dem Spaß an der Musik und Atmosphäre. Die Rastafari-Bewegung, der Glaube und die damit einhergehende Lebenseinstellung, Terminologie sowie rhythmische Sprechweise stehen in der Handlung genauso sehr im Mittelpunkt wie sie Thema in Marleys Songtexten sind. 

Ein Biopic, das Bob Marleys Musik und das damit einhergehende Lebensgefühl so gut transportiert, dass man nach dem Kinobesuch sofort „Exodus“ anwerfen möchte, um noch ein Weilchen länger in der Atmosphäre des Films zu verweilen.

Bob Marley: One Love (2024)

Bob Marley ist noch immer ein Gigant der Popkultur. Seine Songs „No Woman, No Cry“, „Is This Love“ und viele weitere gehören auch über 40 Jahre nach seinem Tod zu den meistgespielten Liedern der Welt. Doch Bob Marley ist viel mehr als ein Reggae-Musiker. Zum ersten Mal erzählt ein Kino-Spielfilm nun seine Geschichte. „Bob Marley: One Love“ feiert das Leben und die revolutionäre Musik Marleys. Er begeisterte damit die ganze Welt – und bezahlte dafür einen hohen Preis.

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Meinungen

Klaus · 28.02.2024

Großartige Musik - Mittelmäßiger Film
Ohne Tiefe, blieb der Film immer hinter den Erwartungen. Manchmal habe ich mir gewünscht eher die Geschichte von Rita Marley zu hören und sehen. Der "Hauptdarsteller blieb "blass".
Aber vielleicht wird Marley auch tatsächlich überbewertet und der Film war eine gute Gelegenheit Kasse zu machen.

Irmi · 23.02.2024

Ich war sehr enttäuscht von diesem Film.
Alles sehr oberflächlich- wenig Musik.
Dieser Film hat mich nicht berührt, obwohl ich großer Bob Marley Fan bin.
Ich kann diesen Film leider nicht weiter empfehlen....
Schade....

Sandra · 18.02.2024

Die Vorfreude meinerseits war groß, leider auch die Enttäuschung. Die Persönlichkeit von Bob Marley wurde für meinen Geschmack viel zu wenig thematisiert. Allerdings haben wir den Film in der deutschen Synchronisation gesehen, was dem Film noch mehr nahm. Also, wenn dann nur den Originalfilm.

Piero · 16.02.2024

Langatmiges Machwerk mit pathetischem Einschlag und verklärt dargestelltem Rastafari-Kult. Die Musik bleibt im Hintergrund.
Lieber daheim bleiben und ein paar Bob Marley LP´s auflegen!

Jackson · 15.02.2024

Ich habe den Film gestern in der Preview gesehen und teile die Auffassung der Rezension nicht. Der Film wollte zu viel und damit wurde alles zu wenig. Hauptdarsteller war super, vielleicht ein bisschen zu clean.

Viele Stränge wurden unzureichend erzählt und vermittelten einen unausgewogenen Eindruck.
Was gar nicht thematisiert wurde ist die Tatsache, dass Bob Marley jedwede medizinische Behandlung verweigerte, aufgrund seines Glaubens.
Gerade diese Tatsache ist ein sehr großer Teil seines Lebens und hätte erzählt werden müssen. Ohne jede Wertung.
Ich vermute, dass dies bewusst nicht getan wurde. Der Film wurde von sehr vielen Marleys produziert.