Black Forest

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das leibhaftig Böse aus der Glotze

Im tiefen, dunklen Wald lauert es – das Böse. Das wissen wir nicht nur aus den Märchen der Gebrüder Grimm, sondern auch aus dem Kino. Das Unbehagen der Menschen vor der wilden, ungezähmten Natur, die letztlich nur ein Spiegelbild der dunklen Seiten der menschlichen Seele ist, sorgt in Filmen wie Blair Witch Project und Lars von Triers düster-depressivem Psychotrip Antichrist für mehr als nur wohligen Grusel. Da die Deutschen seit der Romantik ein besonders inniges Verhältnis zum Wald hegen (kein Wunder, dass in den 1980er Jahren selbst die Grande Nation „le Waldsterben“ als Lehnwort in den ansonsten geheiligten Sprachschatz einfließen ließ), verwundert es wenig, dass sich nun auch ein deutscher Gruselfilm daran macht, seine Protagonisten und damit auch den Zuschauer buchstäblich in den Wald zu schicken. Und weil der Schwarzwald mit seiner bereits im Namen befindlichen Finsternis bestens zum Dunkel-Dräuenden passt, wurde die Handlung just dorthin verlegt. Denn je finsterer der Wald, umso wohliger lässt es sich gruseln. Zumindest theoretisch.
Eigentlich soll es ja ein Urlaub fernab der Zivilisation werden, den die beiden befreundeten Pärchen Mike (Adrian Topol) und Sabine (Nikola Kastner) sowie Jürgen und Eva (Johanna Klante) unternehmen. In der abseits gelegenen, ziemlich ramponierten Schwarzwaldhütte mit dem Namen „Wunderlehof“ gibt es weder Wasser noch Telefon oder sonstige Segnungen des modernen Lebens. Als einziges Zugeständnis an die Neuzeit liefert ein asthmatischer Dieselgenerator den nötigen Strom für die funzeligen Glühbirnen und einige Steckdosen. Dass hier im badischen Off kein Mobilfunknetz verfügbar ist, versteht sich eh von selbst. Doch dann finden die beiden Männer einen alten Fernsehapparat und reparieren die Flimmerkiste – schließlich will man(n) auch im Urlaub nicht auf die Sportschau verzichten.

Das allerdings stellt sich als schlechte Idee heraus. Und zwar nicht deswegen, weil von nun an der Haussegen schief hängt, sondern vor allem, weil der Apparat ein reges Eigenleben entwickelt. Und als gäbe es nicht schon genug Grausames auf allen Kanälen – von der Schwarzwaldklinik über Talk-und Gerichtsshows bis hin zum versammelten Volksmusik- und Castingshow-Schrott –, flimmern von nun an in regelmäßigen Abständen irritierende Sequenzen in der Röhre, die anscheinend nur eines bezwecken — Zwietracht und Verwirrung zwischen den Freunden zu schüren. Die Glotze frisst ihre Kinder und sorgt dafür, dass die schlechte Stimmung bald in Handgreiflichkeiten und Brutalitäten mündet, bei der einige auf der Strecke bleiben werden.

Was angeblich eine Medien- und vor allem eine TV-Kritik sein will, ist bei aller Liebe dann doch nicht mehr als ein mittelprächtiger Thriller, der deutlich nach Vorbildern wie Blair Witch Project (so bei den Videoaufnahmen am Anfang des Films) oder The Ring (das Böse, das sich über moderne Medien verbreitet) schielt, ohne jemals deren Klasse und vor allem Spannung zu erreichen. Mit sichtbar kleinem Budget gedreht sind es vor allem die jungen Schauspieler, die sich an dem durchsichtigen und mitunter hanebüchenen Drehbuch vergebens abarbeiten. Nicht einmal formal weiß sich der Film von der typischen Ästhetik des kritisierten Fernsehens abzuheben – trotz sichtbaren Bemühens um ungewöhnliche Einstellungen wirkten die Bilder flach und changieren oft ins Nachtschwarze – gerade so, als habe die mangelhafte fiktionale Stromversorgung am Ort des Geschehens auch die Filmcrew ereilt. Auch inhaltlich hat der Film wenig Überraschendes vorzuweisen: Schnell ahnt der gewiefte Zuschauer, dass all das, was sich am Anfang andeutet und in den Dialogen thematisiert wird, am Ende genauso oder noch schlimmer eintreten wird. Ein ironisches Spiel mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer und den Konventionen sucht man hier ebenso vergeblich wie eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Medium Fernsehen, das am Ende gar — so wird behauptet — die endgültige Herrschaft über die Realität gewinnen wird.

Unterm Strich ist Black Forest eine weitere Bestätigung der These, dass Horrorthriller aus deutschen Landen noch ein gewaltiges Entwicklungspotenzial haben. Die Medienkritik, die der Film in erschreckend platte Metaphern gießt, kann man sich getrost schenken – da hilft auch das dunkle Raunen im Presseheft zu dem Film nicht. Die tatsächliche manipulative Macht der Medien wirken ungleich subtiler auf uns ein, als es der Film konstatiert. Und wenn wir schon dabei sind: Angesichts der rasanten Entwicklung des Internet wäre es um ein vielfaches interessanter gewesen, eine ähnliche Situation der Gefahr aus dem Netz zu konstruieren. Das leibhaftig Böse, das aus der Glotze kommt —  so ganz taufrisch und vor allem treffend mag uns das in Zeiten, in der mehr junge Menschen ihre Zeit vor allem vor dem Computer verbringen, nicht mehr erscheinen.

Black Forest

Im tiefen, dunklen Wald lauert es – das Böse. Das wissen wir nicht nur aus den Märchen der Gebrüder Grimm, sondern auch aus dem Kino. Das Unbehagen der Menschen vor der wilden, ungezähmten Natur, die letztlich nur ein Spiegelbild der dunklen Seiten der menschlichen Seele ist, sorgt in Filmen wie Blair Witch Project und Lars von Triers düster-depressivem Psychotrip Antichrist für mehr als nur wohligen Grusel.
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Meinungen

horst · 31.03.2010

man wer den film schaut ist selbst dran schuld...habe den gestern in einer sneak preview gesehen und er ist absoluter rotz