Aus der Ferne (2006)

Der fremd-vertraute Blick

Im Mai des Jahres 2005 brach der in Essen geborene deutschtürkische Filmemacher Thomas Arslan auf, um jenes Land zu erkunden und zu durchqueren, das seine zweite (oder erste) Heimat ist – die Türkei. Mit einem Tonmann, einem Regieassistenten und einem Fahrer machte sich Arslan auf die Reise, die von Istanbul und Ankara über Gaziantep, Diyarbakir und Van bis nach Dogubayazit an der Grenze zum Irak führte. Vor dem Hintergrund der Streitigkeiten um einen EU-Beitritt der Türkei war es schwierig, Bilder zu finden, die nicht die alten Klischees von Orient und Okzident, Morgen- und Abendland bedienen. Doch genau das ist Arslan auf ganz unaufdringliche, aber atemberaubend effiziente Weise gelungen – allein durch die Macht der Bilder.

Die Impressionen, die Thomas Arslan zeigt, sind sorgfältig ausgewählt, geben einen halb fremden, halb vertrauten Blick auf die Türkei wieder, sie reflektieren Arslans Herkunft als Deutschtürke, der sich der Türkei verbunden fühlt, der dort aber auch ein Fremder ist. Immer wieder sind es gerade die kleinen Begebenheiten am Rande, die er minutiös registriert, das normale alltägliche Leben abseits aller Sehenswürdigkeiten. Schön ist es auch, dass Arslan weitgehend auf Musik oder Kommentare und Erklärungen verzichtet, sondern die Bilder für sich sprechen lässt.

Nicht zuletzt ist Aus der Ferne auch ein Essay über das Reisen selbst, immer wieder werden Durchgangsstationen, Bahnhöfe und Straßen ins Bild gefasst und gewähren Einblicke in das wirkliche Leben der Türkei abseits von Postkartenidylle und metropolenhaftem Gepränge. Auch Schulhöfe erwecken Arslans Interesse, möglicherweise ist dies ja schlichtweg eine Kindheitserinnerung, denn in seiner Kindheit besuchte Arslan vier Jahre lang eine türkische Grundschule, bevor seine Eltern wieder nach Deutschland zurückkehrten.

Aus der Ferne ist eine Mischung aus Erinnerungsarbeit, Erkundungsfahrt und Reisebericht also, die fesselt und interessiert – sofern man sich für das Alltagsleben in der Türkei erinnert, ein stilles Reiseessay, das Unterschiede und Parallelitäten mit scheinbar normalen, in ihrer Ruhe aber magischen Bildern augenfällig werden lässt, ohne dabei im Geringsten politisch zu sein. Das mag manchem Kinobesucher als langweilig, ermüdend oder eskapistisch erscheinen — und damit hat er zumindest teilweise Recht. Denn Aus der Ferne verlangt ein hohes Maß an Interesse und Bereitschaft, sich auf die Art und Weise der Reisens einzulassen, die Arslan gewählt hat. Doch das ist im Kino immer so, nur selten so augenscheinlich wie hier.

Aus der Ferne (2006)

Im Mai des Jahres 2005 brach der in Essen geborene deutschtürkische Filmemacher Thomas Arslan auf, um jenes Land zu erkunden und zu durchqueren, das seine zweite (oder erste) Heimat ist – die Türkei.

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Meinungen

· 05.04.2006

Ich fand "Aus der Ferne" sehr langweilig. Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Thomas Arslan dabei hatte, aber ich fand den Film nicht als Reisebericht oder Erkundungsfahrt. Er hat hauptsächlich nur Baustellen und verwahrloste Ecken der Städte gezeigt, in der er sich befand. Zudem wurde der Film am Ende auch noch politisch, indem die türkische Armee als Besatzungsmacht des Ostens, mit seinen ganzen Straßensperrungen, gezeigt wird und ein Konzert der PKK gezeigt wird. Die Armenierfrage durfte natürlich auch nicht fehlen. Wenn er schon politisch etwas zeigen möchte, hätte er auch etwas zur Enstehung der Türkei, mit seinen ganzen Reformen sagen können, damit der europäische Zuschauer auch etwas dazu erfährt. Aber dazu ist dieser Film zu subjektiv eingestellt und das hat mir gar nicht gefallen. Die Kurden in der Türkei alle als Anhänger der PKK zu zeigen ist auch eine Beleidigung. Schlechter Film!