Around the Block

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Hamlet down under

Auf das vertraute Terrain eines Erziehungs- und Selbstfindungsdramas begibt sich Sarah Spillane mit Around the Block, wobei sie sich bei ihrem mit dem Australian Directors Guild Award prämierten Skript von ihrer Laufbahn als Lehrerin in einer aboriginen Kunsthochschule inspirieren ließ. Vor diesem dokumentarisch wirkenden Hintergrund wartet die Ex-Schauspielerin erneut mit der Botschaft von Bildung und Kultur als Präventionsmittel gegen Jugendkriminalität auf, was sowohl Reminiszenzen an die Michelle Pfeiffer-Produktion Dangerous Minds – Wilde Gedanken als auch an das französische Banlieue-Drama L’Esquive weckt.
Ein weiteres Mal steht eine idealistische Lehrerin im Mittelpunkt, die zwar die klassische Bühnentradition schätzt, für die sie ihre Schüler zu begeistern sucht, sich zugleich von der Jugendkultur fasziniert zeigt. Stets greift die Amerikanerin Dino Chalmers (Christina Ricci) zur Digitalkamera, mit der sie Jugendliche aus der Wohnanlage „The Block“ bei ihren `Urban Moves` filmt. Dieses Gebiet mit einem hohen Bevölkerungsanteil an australischen Ureinwohnern liegt in Redfern, einem Stadtteil von Sydney, der sich häufig zum sozialen Konfliktherd entwickelte. Schon der Beginn unterstreicht die ständigen Zusammenstöße zwischen den provozierenden Jugendlichen und der rabiaten Polizei. Besonders der 16-jährige Liam Wood (Hunter Page-Lochard) und sein älterer Bruder Steve (Mark Cole Smith) stehen unter steter Observation, da ihr krimineller Vater Jack (Matt Nable ) aufgrund eines Überfalls hinter Gittern sitzt.

Mutter Chrissie (Ursula Yovich) spürt den schlechten Einfluss ihres Mannes selbst aus den Gefängnismauern heraus auf ihre Söhne, zumal er auf Rache für einen Verrat sinnt. Während Steve bald den Spuren seines Vaters folgt, sieht sich Liam stärker vom schulischen Theaterkurs angezogen, wo Dino eine moderne Hamlet-Version einstudiert. Sein von der Polizei erschossener Onkel zählte einst zum legendären Ensemble des „Black Theatre“, zu dessen Erbe sich Liam berufen fühlt. Es gelingt ihm sogar, die Hauptrolle zu ergattern und dabei der angebeteten Orphelia-Darstellerin näher zu kommen. Derweil sieht sich seine Lehrerin hin und her gerissen zwischen ihrem Freund, der sie mit unbedachten rassistischen Sprüchen verärgert, einem anfangs eher rivalisierend eingestellten Kollegen und ihrer einstigen Geliebten, die sie zunächst nur aus der Ferne observiert.

Der Shakespeare-Stoff mochte gleichzeitig als Inspirationsquelle für die Handlung gedient haben, zumal er sich ebenfalls um ein Rachemotiv für den Vater dreht. Was den Plot betrifft, lässt Spillane allerdings kein Stereotyp aus. Manche Wendungen sind schon meilenweit vorher absehbar. Man ahnt schnell, welchen Weg der zwischen Dinos pädagogischem Impuls und den Rachegelüsten des Vaters und Bruders gespaltene Jugendliche einschlagen wird, selbst wenn er zunächst beide Richtungen präferiert. Zudem wirken die Dialoge manchmal allzu didaktisch, während an anderen Stellen, wie bei der Diskussion um den besten Hamlet-Filmdarsteller, durchaus Humor aufblitzt.

Neben einigen stimmigen Regieeinfällen funktioniert Around the Block besser als Blick auf den Kosmos der australischen Ureinwohner, ihre Koexistenz und Reibungsflächen zur weißen Bevölkerungsschicht. Schon allein der von Hunter Page-Lochard glaubwürdig verkörperte Protagonist, der Wurzeln aus beiden Kulturen mitbringt, muss seinen Weg innerhalb der jeweiligen Gemeinschaft finden. Von der jugendlichen Begeisterung für Rap- und Hip Hop-Rhythmen stellt Spillane Parallelen zur schwarzen Kultur her, wie sie von Shakespeares Lyrik eine Linie zu den Texten Tupac Shakurs zieht.

Neben Zugpferd Christina Ricci, deren Rolle gegen Ende allerdings eher an den Rand gedrängt wird, treten als weitere Prominente Altstar und Co-Produzent Jack Thompson (Australia) als Schulleiter sowie Model Ruby Rose als Dinos One-Night-Stand auf. Der lesbische Kontext erweist sich als marginal, doch immerhin sorgt er dafür, dass der Verleih Salzgeber das 2013 uraufgeführte Werk innerhalb der L-Nights und später auf DVD veröffentlicht. Man konnte sogar Sarah Spillane für ein Grußwort an das hiesige Publikum gewinnen, in dem sie ihre Begeisterung für die deutschen Existenzialisten unterstreicht.

Around the Block

Auf das vertraute Terrain eines Erziehungs- und Selbstfindungsdramas begibt sich Sarah Spillane mit „Around the Block“, wobei sie sich bei ihrem mit dem Australian Directors Guild Award prämierten Skript von ihrer Laufbahn als Lehrerin in einer aboriginen Kunsthochschule inspirieren ließ.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen