Anime nere

Im Banne der 'Ndrangheta

Drei Brüder aus einer kalabrischen Familie: Luigi (Marco Leonardi) handelt mit Drogen, Rocco (Peppino Mazzotta) ist für die Schwarzarbeit auf dem Bau und die Buchhaltung zuständig, nur der älteste Bruder Luciano (Fabrizio Ferracane) will mit den Geschäften nichts zu tun haben, sondern kümmert sich um Ziegen und Wein in Kalabrien.
Ihr aller Leben wird indes überschattet von dem Jahre zurückliegenden Mord an ihrem Vater, der von einer konkurrierenden Familie abgeschlachtet wurde. Seither ist Luigi erfüllt von Zorn und Rachegedanken, Rocco will die Vergangenheit einfach hinter sich lassen und Luciano in Ruhe gelassen werden und in Frieden leben. Doch die Carbones gehören zur ‚Ndrangheta, daher sind ihre Geschäfte und der Frieden immer bedroht.

Francesco Munzis Anime Nere beginnt wie ein Mafia-Film mit Verhandlungen über Drogenlieferungen, Bildern von Schwarzgeldzahlungen und dem Besuch in einem Striplokal, die ebenso sorgfältig wie ruhig gezeigt werden. Es sind für die Carbones alltägliche Geschäfte, mit denen sie ihr Geld verdienen. Auch entsprechen die drei Brüder den typischen Mafiafilm-Charakteren: Luigi ist attraktiv, arrogant, nimmt sich die Stripperinnen, die ihm gefallen, und ist völlig unberechenbar; Rocco ist mit einer schönen Frau verheiratet, kalkuliert, rational und vernünftig; Luciano hingegen ist ruhig und schwach. Die Hierarchie ist klar, es gibt zwischen den Brüdern keine Intrigen, keine Konkurrenz: Luigi und Rocco kümmern sich um das Geschäft, Luciano will von allem nichts wissen. Erst allmählich zeigen sich in Munzis stillem Film immer mehr Brüche in dieser Welt, die alle ihren Ursprung in einer längst vergangenen Tat haben: dem Mord an ihrem Vater.

Diese Tat überschattet alles, sie setzt den ernsthaften, traurigen Ton von Anime Nere, der (abgesehen vom Anfang) typische Mafiafilm-Handlungsmuster unterläuft. Es geht nicht um Ermittlungen gegen die Familie; die Tücken des Drogenhandelns oder der Baubranche spielen keine Rolle; es geht nicht um die ‚Ndrangheta, ihre Strukturen und Prozesse. Stattdessen konzentriert sich der Film auf den seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zwischen den verschiedenen Familien, der bereits dem Vater der Brüder das Leben kostete, er konzentriert sich auf das Leben in dieser Welt voller „schwarzer Seelen“, auf die der Titel des Films verweist. Als sich Lucianos Sohn Leo (Giuseppe Fumo) gegen seinen Vater wendet und sich durch seinen Onkel Rocco einen Einstieg in das Familiengeschäft erhofft, beginnt daher keine Aufstiegsgeschichte. Leo ist mutig und stolz, aber auch unkontrolliert und arrogant, deshalb bedroht eine unbedachte Tat von ihm ein fragiles Friedensabkommen mit einer konkurrierenden Familie.

Insgesamt ist Anime Nere viel mehr Familiendrama als Mafiafilm, ein sozialrealistischer Film über das Leben in einer ‚Ndrangheta-Familie, das bestimmt wird von Rache und Stolz, von schlechten Entscheidungen und falschen Einschätzungen. Der Film erzählt von dem Kreislauf von Gewalt und Tod, in dem diese Familien stecken, aus dem es so gut wie keinen Ausweg gibt – es sei denn, man wählt den radikalen Schlusspunkt, den dieser Film setzt. In ihm brechen all die Trauer und Rache, der Hass und Stolz auf, die beständig unter der Oberfläche schwelten – vor allem aber die Verzweiflung, die in diesem Film immer wieder zu spüren ist.

(Festivalkritk Filmfest München 2015 von Sonja Hartl)

Anime nere

Drei Brüder aus einer kalabrischen Familie: Luigi (Marco Leonardi) handelt mit Drogen, Rocco (Peppino Mazzotta) ist für die Schwarzarbeit auf dem Bau und die Buchhaltung zuständig, nur der älteste Bruder Luciano (Fabrizio Ferracane) will mit den Geschäften nichts zu tun haben, sondern kümmert sich um Ziegen und Wein in Kalabrien.
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