Angry Monk – Eine Reise durch Tibet

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Wanderer zwischen den Welten

In seinem Dokumentarfilm Angry Monk – Eine Reise durch Tibet erkundet der Schweizer Filmemacher Luc Schaedler den Lebensweg Gendun Choephels, dessen Wirken sich einst anschickte, sein Land aus der Jahrhunderte alten Erstarrung zu lösen. Er zeichnet das Bild eines widerspenstigen Wanderers zwischen den Welten, der sein Land, das im Westen oft verklärt wahrgenommene Tibet, mit kritischen Augen und wachem Herzen begleitete und das er so sehr liebte, dass er es verändern wollte.
Der zornige Mönch, wie der widersprüchliche Titel des Films Gendun Choephel benennt, kam keineswegs als Unruhestifter und Revolutionär auf die Welt. Geboren im Jahr 1903 im unruhigen, von verschiedenen Ethnien und Religionen bewohnten Ostteil Tibets, hatte es sich vielmehr schnell abgezeichnet, dass Gendun Mönch werden sollte, ein Weg, der im wichtigsten Kloster der Gegend begann und der ihn schließlich ins größte Kloster der Welt Drepung in Lhasa, führen sollte. Dort, im geistigen Zentrum des Buddhismus wurde ihm das klösterliche Leben aber schnell zu eng, so dass er sein Glück in der Hauptstadt Tibets suchte. Alten Weggefährten zufolge waren seine Interessen während jener Zeit seines Lebens eher weltlicher Natur, so verdingte er sich als Porträtmaler und war ein gern gesehener Gast zwielichtiger Etablissements. Prägend war schließlich die Begegnung mit dem indischen Kommunisten und Historiker Rahul Sankrityayan, mit dem er gemeinsam ausgedehnte Reisen durch Tibet unternahm, auf der Jagd nach alten Texten des Buddhismus. Rahul begriff seine historischen Forschungen als Teil seines revolutionären Kampfes gegen die britische Kolonialherrschaft und sah im Verständnis der Geschichte einen Schlüssel zur Gestaltung der autonomen Zukunft Indiens – eine Haltung, die Gendun Choephel auf Tibet übertrug.

Schließlich folgte der Mönch seinem Weggefährten 1938 nach Indien und unternahm dort ebenfalls ausgedehnte Forschungsreisen, er verfasste Reiseberichte, Zeitungsartikel und machte sich schließlich daran, den Kamasutra ins Tibetische zu übersetzen, ein Vorhaben, das allem Anschein nach nicht nur aus theoretischem Interesse gespeist wurde. 1946 kehrte Choephel in seine Heimat zurück und schloss sich der Tibetischen Revolutionspartei an. Seine Pläne, am Sturz der tyrannischen Regierung in Lhasa aktiv mitzuarbeiten, wurden allerdings jäh zunichte gemacht: Wenig später erfolgte seine Verhaftung, als politischer Unruhestifter wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner Entlassung 1949 war der revolutionäre Elan des Mönchs erloschen, er gab sich dem Suff hin und starb schließlich 1951 – kurz nachdem chinesische Truppen das Land besetzt hatten.

So recht mag eine Gestalt wie Gendun Choephel nicht in unser idealisiertes Bild von Tibet passen, doch Luc Schaedler gelingt es in seiner filmischen Reise auf den Spuren des zornigen Mönches, ein Bild Tibets zu entwerfen, das der Wirklichkeit näher kommt als all jene Mystifizierungen. Anhand der widersprüchlichen Figur des kämpferischen Geistlichen zeichnet Schaedler auf überzeugende Weise das Bild eines Landes, das man nach der Begegnung mit diesem wunderbaren Reisefilm nur mit anderen Augen sehen kann.

Angry Monk – Eine Reise durch Tibet

In seinem Dokumentarfilm Angry Monk – Eine Reise durch Tibet erkundet der Schweizer Filmemacher Luc Schaedler den Lebensweg Gendun Choephels, dessen Wirken sich einst anschickte, sein Land aus der Jahrhunderte alten Erstarrung zu lösen.
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Meinungen

heilswegler · 06.10.2006

klingt in meinen ohren nicht soo prickelnd : es gibt ja durchaus verklärendes - wie allerdings auch verklärtes pseudo enthüllendes über tibet. ich befürchte ein wenig letzteres bei dem vorliegenden film. ok : ansehen mag wohl vonnöten sein. der beschreibung nach aber wünsche ich persönlich mir doch noch mehr zuträglich - buddhistisches, auch wenn jetzt das andere lager heulen mag ...