Altiplano

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein filmischer Dialog zweier verwandter Seelen

Altiplano, so lautet der Name einer Hochebene in den Anden, die sich auf 3.600 Meter über dem Meeresspiegel befindet und die vom Südosten Perus bis zum Westen Boliviens reicht. Im Norden dieses riesigen Gebietes, das 170.000 Quadratkilometer umfasst, liegt der Titicacasee, direkt an den Rändern der uralten Kulturlandschaft befinden sich Metropolen wie La Paz und El Alto und Städte wie Oruro und Potosí. Dazwischen liegt ein Gebiet voller Gegensätze und fantastischer Landschaften – wüstenähnliche Regionen und der größte Hochgebirgssee der Welt, Spuren alter Hochkulturen und pulsierende Städte voller Leben – und damit die ideale Bühne für das Drama zweier Frauen, das Peter Brosens und Jessica Hope Woodworth in ihrem Film Altiplano bildgewaltig und mit zwei beeindruckenden Darstellerinnen (Jasmin Tabatabai und Magaly Solier) eingefangen haben.
Eigentlich trennen sie viele Tausend Kilometer, doch das Schicksal hat zwischen den beiden Frauen ein unsichtbares Band gespannt, das sie miteinander verbindet: Die eine, Grace (Jasmin Tabatabai), ist eine gefeierte Kriegsfotografin, die im Irak mit ansehen musste, wie einer ihrer Begleiter vor ihren Augen hingerichtet wurde und die daraufhin ihren Beruf an den Nagel hängt. Die andere, Saturnia (Magaly Solier, die mit Eine Perle Ewigkeit bekannt wurde), lebt in Turabamba in Altiplano, und hat soeben durch eine Quecksilberkontaminierung ihren Verlobten verloren – es ist offensichtlich das gleiche Schicksal, das auch Max (Olivier Gourmet) ereilt hat, den Mann von Grace, der als Arzt in den Anden arbeitet. Während Saturnia entschlossen den Kampf gegen die gewissenlosen Betreiber der Minen, die für die Vergiftungen, verantwortlich sind, aufnimmt, wählt ihre Seelenverbündete einen anderen Weg der Trauerarbeit: Entschlossen, den Umständen des Todes ihres Mannes auf den Grund zu gehen, reist Grace nach Altiplano – und entdeckt dort etwas für sich, das trotz ihres Traumas und des Verlustes beinahe einer Heilung gleichkommt…

Krankheit und Tod, Gewalt, Krieg, Ausbeutung und Heilung, das sind die großen Themen von Altiplano. Und es sind vor allem die Frauen – ganz gleich ob in Südamerika, Europa und anderswo auf der Welt, die unter diesen von Männern verursachten Gräueln zu leiden haben. Peter Brosens und Jessica Hope Woodworth kleiden ihre Geschichte in erlesene und teilweise symbolisch aufgeladene, an manchen Stellen auch überfrachtete Bilder (wenn beispielsweise die Bilder der gestorbenen Minenarbeiter über einen Bach treiben wie ein endloser Zug des Todes), die immer wieder an Großmeister des Weltkinos wie Andrej Tarkowskij und Ingmar Bergman erinnern. Das Ergebnis ist ein wunderbar anzusehender Film, der definitiv die große Kinoleinwand verdient hat – weil sich nur hier die Magie seiner Bilder entfalten kann. Hermetischer als die streng kadrierten Bilder gerät die spirituell angehauchte Botschaft, die Altiplano mit viel Verve transportiert – verstärkt durch die bisweilen sehr dick aufgetragene musikalische Untermalung – zu esoterisch vage und schrammt der Film in einigen Momenten haarscharf am gutmenschelnden Ethnokitsch vorbei.

So ist am Ende der Eindruck dieses Films ein überaus ambivalenter: So beeindruckend die Bilder auch sein mögen, die verrätselte (oder wahlweise erschreckend einfache) Botschaft von Altiplano erschließt sich manchem Zuschauer (wenn nicht gar dem überwiegenden Teil) nicht einmal im Nachgang. Angesichts des unbestreitbaren Talentes der beiden Filmemacher für raffinierte Bildfindungen wünscht man ihnen für die Zukunft ein besseres Gespür und eine glücklicheres Händchen für Stoffe, die ein breiteres Publikum anzusprechen vermögen.

Altiplano

Altiplano, so lautet der Name einer Hochebene in den Anden, die sich auf 3.600 Meter über dem Meeresspiegel befindet und die vom Südosten Perus bis zum Westen Boliviens reicht. Im Norden dieses riesigen Gebietes, das 170.000 Quadratkilometer umfasst, liegt der Titicacasee, direkt an den Rändern dieser uralten Kulturlandschaft befinden sich Metropolen wie La Paz und El Alto und Städte wie Oruro und Potosí.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen