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Ein Film über zwei Menschen mit einer komplett gegensätzlichen Beziehung zu Gegenständen. Während der 32-jährige Fynn ein ordnungsliebender Pragmatiker ist, der mit Laptop und Handy durchs Land zieht, lebt die 54-jährige Marlen in einer Wohnung, in der sie tausendundeins Dinge hortet.

Alles in bester Ordnung (2021)

Eine Filmkritik von Sarah Stutte

Von wahnhaftem Verhalten

Der erste scheue Blick in Marlens Wohnung lässt uns daran zweifeln, dass sie wirklich dort lebt. Schon der Gang ist von sich stapelnden Büchern umzingelt, im Wohnzimmer muss man das Bett erst suchen und die Küche sieht man gar nicht mehr – ob sich hinter den vielen Alltagsgegenständen wie einer kaputten Brotschneidemaschine oder Vasen und Geschirr in allen Farben noch mehr Zimmer verbergen, weiss man nicht. 

„Haben Sie da schon einmal jemanden drin verloren?“, fragt denn auch der neue Nachbar Fynn sarkastisch. Der IT-Experte ist vorübergehend in die kleine Wohnung über ihr gezogen, um in einer nahegelegenen Fabrik die kaputte Flaschensortieranlage zu reparieren. Er hat bei Marlen geklingelt, weil seine marode Heizung einen Wasserschaden verursacht hat und es nun durch die Decke tropft. Die zurückgezogen lebende Marlen fühlt sich ob dieser Aussage betupft und jagt den ungebetenen Eindringling von ihrem Flur. 

Einige Tage darauf sitzt Fynn klatschnass und verzweifelt im Treppenhaus, weil seine Bleibe nun saniert wird und alle anderen Unterkünfte inklusive Tiefgarage nicht so toll waren. Dort entdeckt ihn Marlen und hat Erbarmen. Sie bietet ihm an, bei ihr zu übernachten, in einer kleinen Ecke zwischen den Dingen. Im Gegenzug soll Fynn ihr helfen, sich von dem ganzen alten Plunder zu trennen, an dem sie aus Sentimentalität hängt, der sie aber daran hindert, wirklich loszulassen und nach vorne zu schauen. 

Das Langfilmdebüt von Natja Brunckhorst (bekannt durch ihre Titelrolle in „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) wird fälschlicherweise vielerorts als Liebesgeschichte vermarktet, erzählt aber von einer rein platonischen Freundschaft. Brunckhorst, die das Drehbuch nach Erinnerungen an ihre eigene Mutter, zusammen mit Martin Rehbock geschrieben hat, bedient sich jedoch der klassischen Dramaturgie der romantischen Komödie. Aus anfänglicher Antipathie und über humorvolle Neckereien entwickeln Fynn und Marlen allmählich Verständnis für die Macken des jeweils anderen. 

Das ist letztendlich auch die grosse Qualität der Geschichte. Hier wird nicht der mahnende Zeigefinger erhoben und der Sammlerwahn als Tick gegen den durchaus auch fragwürdigen wahnhaften Ordnungssinn gegeneinander ausgespielt. Dafür versucht Brunckhorst die versöhnliche Koexistenz, die den Mensch mit all seinen Besonderheiten zu akzeptieren sucht.

Besonders schön kommt das in der Szene zum Ausdruck, als der von Marlen gefürchtete Besuch des Hausverwalters ansteht und sich dieser mit zwei Heizungsmonteuren in einer bunt leuchtenden Wunderwelt wiederfindet. Statt ablehnend zu reagieren, lächeln die Arbeiter. Statt Marlens Leben, das an den jedem Krimskrams zu hängen scheint, rücksichtslos mit ihren ganzen Sachen auf den Müll zu werfen, hat Fynn versucht, ihnen eine Struktur zu geben. 

Die Ausstattung von Marlens Wohnung ist bemerkenswert und Corinna Harfouch gibt einmal mehr eine starke Vorstellung als einsam-verschrobene Sammlerin. Auch Fynn ist als ihr sturer Gegenpart durchaus sympathisch. Was beiden jedoch fehlt ist der persönliche Hintergrund, der mehr Verständnis dafür schaffen würde, warum sie sich so an Objekte binden oder auch eben nicht und was aus den Menschen in ihrem Leben geworden ist. So ist letztendlich ihr Verhalten, zwar ein interessantes, doch lediglich oberflächlicher Ausdruck für tiefergehende Wunden, die verborgen bleiben.

Alles in bester Ordnung (2021)

Eine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Die 54-jährige Marlen lebt wie eine Einsiedlerin und hortet Gegenstände, die für sie eine große Bedeutung haben. Fynn hingegen ist 32, ständig unterwegs und liebt nicht mehr als Ordnung und Übersichtlichkeit. Als di beiden aufeinandertreffen, ist das der Beginn einer ungewöhnlichen Geschichte.

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Meinungen

Eve Ink · 21.06.2022

Ich fand den Film wunderbar und - by the way - vorzüglich besetzt.

Holm Nebelung · 14.06.2022

Ein wunderbarer Film, mit wunderbaren Wendungen ...
Nicht für Tatortfans ;)
Die Harfouch in Bestform !

Anna K. · 31.05.2022

Schlechter Cast: Harfouch nicht mehr frisch und Strässer kommt in all seinen Rollen als Unsympath rüber, zudem laienhaft gespielt. Schade für Natja Brunckhorst, aber wir alle fanden den Film schlecht besetzt

Ulrike · 29.05.2022

Ein wunderbarer Film in seiner Lakonie. Geistreich, nie denunzierent sonder sehr menschlich mit viel Witz.