Afflicted

Eine Filmkritik von Patrick Holzapfel

Found Footage für Anfänger

In Debütfilme von jungen Filmemachern werden häufig sehr, sehr viele Ideen geworfen. Diese haben sich in den Jahren bis man endlich den ersten Langfilm drehen darf derart angestaut, dass man den jeweiligen Filmen oft eine Unausgewogenheit vorwerfen mag. Im Fall von Afflicted, der die Ideen von gleich zwei jungen Filmemachern aushalten muss, trifft diese Regel leider auch zu. Dennoch vermittelt der Film immer wieder eine große Freude am Horrorgenre und ist ein vielversprechender Mix aus Found Footage, Road Trip und Horrorschocker.
Clif Prowse und Derek Lee spielen sich in ihrem ersten Film auch gleich selbst, zumindest Varianten ihrer Personen. Sie geben zwei langjährige Freunde, die zusammen eine Weltreise planen. Dabei wollen sie ihre Erlebnisse mit Kameras aufzeichnen und zeitnah auf einen Internetblog laden. Allerdings leidet Derek an einer Gehirnerkrankung, die diese Reise für ihn zum Risiko macht.

Zunächst läuft alles wie geplant, man hat Spaß und reist von Barcelona nach Paris. Dort verbringt Derek nach langem Bemühen eine Nacht mit einer unbekannten Frau und als ihn Clif am nächsten Morgen mit der Kamera im Hotelzimmer überraschen will, findet er seinen Freund voller Blut und mit einer Wunde auf dem Bett liegen.
Und diese Nacht soll Folgen haben. Von dort an entwickelt Derek nämlich übernatürliche Fähigkeiten und mehr und mehr erwacht ein grauenhaftes Monster in ihm, sodass er nicht nur für Clif sondern für seine ganze Umgebung zur Gefahr wird. Was ist mit Clif in jener Nacht passiert? Das nicht ganz nachvollziehbare, aber spannende daran: Trotz aller Abartigkeiten und Gefahr laden Clif und Derek ihre Videos immer weiter hoch. Bis sich selbst Interpol für den Fall interessiert.

Insbesondere in den ersten Sequenzen baut das Regieduo eine erwartungsvolle Spannung auf. Die Alltäglichkeit und die durchdachte Erweiterung des Found Footage Horrors ins Internetzeitalter bereitet ein originelles Sehvergnügen. Hinzu kommen zahlreiche witzige Ideen wie beispielsweise die gemeinsame nächtliche Suche nach Tierblut in Italien, das in Youtube-Clip Manier gefilmte Austesten der übernatürlichen Fähigkeiten von Derek und die Anklänge eines ganz anderes Films, der hätte heißen können: Tagebuch eines Vampirs.

Auf der anderen Seite stehen Schwächen in den emotionalen Beziehungen, die Lee und Prowse etablieren. So funktioniert die Freundschaft nur als Ausgangspunkt und auch der fürsorgliche Bruder von Derek wirkt hilflos und irgendwie albern im Geschehen. Dadurch sind einem die Protagonisten zwar sympathisch, aber letztlich doch egal.
Im letzten Drittel gibt der Film dann viel von seiner Found Footage Konsequenz auf. Zwar gehen die Kameraeinstellungen nach wie vor logisch aus den narrativ verwendeten Kameras des Duos hervor, ihre Positionen und die steigende Anzahl von Schnitten wirken jedoch arg gewollt. Ähnliches gilt für den Plot, der irgendwann über seinen Höhepunkt hinausgeht. So hechelt sich der Film nur mehr von einem, mal mehr und mal weniger effektiven Schocker zum nächsten ohne jedoch die originelle Verspieltheit des Anfangs beizubehalten.

Vergleicht man Afflicted beispielsweise mit einem anderen kanadischen Debütfilm mit Found Footage Anleihen, nämlich The Dirties von Matt Johnson so fehlt Afflicted einiges von der raffinierten Reflexivität, die Johnsons Film, der sich zugegebenermaßen nicht um Genrekonventionen scheren braucht, auszeichnet. Dennoch ist Afflicted ein sehenswertes Debüt in der Tradition von The Blair Witch Project oder Rec für alle, die sich gerne auf einen Horrortrip begeben und für alle, die wissen möchten, auf was sie bei ihrer nächsten Weltreise unbedingt achten sollten.

Afflicted

In Debütfilme von jungen Filmemachern werden häufig sehr, sehr viele Ideen geworfen. Diese haben sich in den Jahren bis man endlich den ersten Langfilm drehen darf derart angestaut, dass man den jeweiligen Filmen oft eine Unausgewogenheit vorwerfen mag. Im Fall von „Afflicted“, der die Ideen von gleich zwei jungen Filmemachern aushalten muss, trifft diese Regel leider auch zu. Dennoch vermittelt der Film immer wieder eine große Freude am Horrorgenre und ist ein vielversprechender Mix aus Found Footage, Road Trip und Horrorschocker.
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