A Single Man (2009)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

In Schmerz und Schönheit gefangen

Ein Tag im Leben von George Falconer (Colin Firth): Der aus Großbritannien stammende und in den USA lebende Literaturprofessor hat sich dazu entschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen. Der Grund für seinen Entschluss ist der Unfalltod seines langjährigen Geliebten Jim (Matthew Goode), den George einfach nicht verwinden kann. Doch dann kommt alles anders und immer wieder ereignen sich Zwischenfälle, die noch einen Aufschub gewähren oder das Vorhaben torpedieren – es ist eine Achterbahnfahrt zwischen Trauer, Abschied vom Leben und wieder aufkeimender Hoffnung, vielleicht doch noch einen Bezugspunkt, einen Ankerplatz im Leben zu finden und gegen die Spirale des Todes anzukommen. Denn Falconer, das ist zu spüren, ist nicht aufgrund seines Charakters ein Einzelgänger (so lautet der deutsche Titel des Romans von Christopher Isherwood, auf dem der Film lose beruht), sondern er ist durch den Verlust seines Partners zu dem geworden, was er nun ist – ein Gefangener seines Schmerzes. Gegen diese Spirale kommt auch seine gute Freundin Charlotte (Julianne Moore) nicht an, ebenso wenig wie der junge und sichtlich von dem Professor faszinierte Student Kenny (Nicholas Hoult), der immer wieder Falconers Nähe sucht. Am Ende aber nimmt alles einen ganz anderen Ausgang, als man dies zuerst vermuten durfte.

In den 1990ern und zu Beginn des 21. Jahrhunderts galt der Amerikaner Tom Ford als einer der einflussreichsten Modeschöpfer überhaupt. Wie durch ein Wunder gelang es dem Texaner, das am Boden liegende Modehaus Gucci von Grund auf zu modernisieren und zu einem der rentabelsten Modekonzerne überhaupt aufzubauen. Im Jahre 2000 erfolgte die Übernahme des Labels Yves Saint Laurent durch Gucci. 2003 dann nahm Ford seinen Hut bei Gucci, um sein eigenes Modelabel Tom Ford aufzubauen. Sein Traum aber war es schon seit vielen Jahren, sich auch als Filmregisseur zu versuchen. Mit A Single Man ist dieser Traum nun Wirklichkeit geworden. Und es scheint so, als habe sich die Beharrlichkeit, mit der Tom Ford seinen Traum über die Jahre verfolgt hat, gelohnt. Für ihn und für die Zuschauer.

Wie ein Traum, wie ein Schweben zwischen Leben und Tod, Wachzustand und Schlaf, wirkt dieser Film: Trauer und Schmerz sahen selten so gut aus, sind selten so erlesen in Szene gesetzt worden. Allerdings war das durchaus zu erwarten, von einem anerkannten Modeschöpfer wie Tom Ford, dessen Handschrift hier vor allem in der Liebe zu Dekors und Details, für perfekt sitzende Anzüge und elegante Roben zu spüren ist. Dass der Film trotzdem nicht nur gut aussieht, sondern auch darüber hinaus fasziniert, liegt weniger an der recht einfachen Erzählweise, die mittels zahlreicher Rückblenden und einer recht einfachen Farbdramaturgie munter zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen realem Geschehen und Erinnerungen hin und her wechselt.

Neben dem unbestreitbaren Zauber der perfekten Ästhetik, die insbesondere zu Beginn des Films durch die sehr schwelgerische Musik von Abel Korzeniowski beinahe ins Kitschige zu kippen droht, hat der Film vor allem ein Zentrum, das den Absturz ins Klebrig-Süße verhindert: Colin Firth, der hier endlich einmal zeigen kann, dass er mehr ist als der ewige Mr. Darcy aus Bridget Jones und der BBC-Serie Stolz und Vorurteil. Tom Ford lässt dem Schauspieler viel Raum und verweilt beispielsweise während jener Szene, als Falconer den Anruf mit den Nachricht des Unfallltodes seines Freundes erhält, minutenlang auf dem Gesicht seines Hauptdarstellers, der diese Freiheiten zum Vorteil des Filmes zu nutzen weiß. Als Lohn für die außergewöhnliche darstellerische Leistung erhielt Firth bereits in Venedig die Coppa Volpi als Bester Hauptdarsteller und gilt auch bei den Academy Awards als aussichtsreicher Kandidat für einen Oscar. Auf jeden Fall trägt er diesen traumschön-melancholischen Film und sorgt dafür, dass neben den Schauwerten auch der emotionale Gehalt dieser Geschichte eines Abschiedes vom Leben und einer Liebe, die größer ist als der Tod, nicht zu kurz kommt. Ein Film für hoffnungslose Romantiker.
 

A Single Man (2009)

Ein Tag im Leben von George Falconer (Colin Firth): Der aus Großbritannien stammende und in den USA lebende Literaturprofessor hat sich dazu entschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen. Der Grund für seinen Entschluss ist der Unfalltod seines langjährigen Geliebten Jim (Matthew Goode), den George einfach nicht verwinden kann.

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Meinungen

Ulrike Luther · 04.08.2010

Ein ganz großartiger Film voller Gefühl und Menschlichkeit, der mich sehr berührt hat.