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Ein seniler Bauer, sein lüsterner Tierarzt und eine nackte Frau im Kuhstall – fertig ist der japanische Erotikfilm. Aber ist Daisuke Gotôs A Lonely Cow Weeps at Dawn so schräg wie sein Titel vermuten lässt?

A Lonely Cow Weeps At Dawn

Eine Filmkritik von Falk Straub

Liederliche (Alt-)Herrenfantasien

Die Pinku eiga, zu Deutsch: die pinken Filme, haben ihre Blütezeit längst hinter sich. In den 1970ern machten die kurzen, im 35mm-Format abgedrehten Softpornos noch gut die Hälfte der japanischen Kinoproduktion aus. Der künstlerische Anspruch hebt sie von ihren westlichen Pendants ab, auch, weil sie immer eine Rahmenhandlung bieten. Diese war aber schon zu Hochzeiten meist ein schlechter Scherz.

Auch die Geschichte, die Daisuke Gotô in seinem siebten Kinofilm vor seinem Publikum ausbreitet, ist kaum der Rede wert. Die junge Witwe Noriko (Ryôko Asagi) lebt gemeinsam mit ihrem senilen Schwiegervater Shukichi (Hôryû Nakamura) auf dessen Bauernhof. Um den Alten aufzumuntern, nimmt sie allmorgendlich die Rolle seiner verstorbenen Lieblingskuh Bessie ein, kniet sich nackt in den Stall und wartet darauf, von ihm gemolken zu werden. Dieser skurrilen Beziehung kommen ein Nachbar (Seiji Nakamitsu) und Shukichis Tochter Mitsuko (Yumeka Sasaki) in die Quere, die sich nicht nur für Bares miteinander amüsieren, sondern auch hinter dem Grund und Boden des alten Herrn her sind.

Vorgeblich erzählt Gotô von Trauer und Verlust und von den seltsamen Kompensationsmechanismen, die diese hervorbringen. Tatsächlich aber bedient er nur krude Männerfantasien. Zunächst ist das durchaus subversiv. Wenn Shukichis Tierarzt (Haruki Jô) seine einfältige Helferin (Sakura Mizuki) bei der Arbeit flachlegt, während das Grunzen der nebenan auf ihre Behandlung wartenden Schweine den Akt übertönt, scheint der Kommentar klar: Männer sind Schweine! Die Art und Weise, wie Masahide Iiokas Kamera diese Szene und später einen perfiden Missbrauch einfängt, entlarvt aber auch die Subversion als eine rein vornehmliche.

Zwar geben sich die Frauen selbstbestimmt, am Ende ordnen sie ihr Leben aber völlig ihren undankbaren Männern unter. In puncto Rollenbilder vollführt A Lonely Cow Weeps at Dawn gleich mehrere Rollen rückwärts. Objekt der Begierde war Frau im Pinku eiga zwar schon immer, gab sich aber auch schon deutlich emanzipierter. Bei Gotô ist der Blick auf das weibliche Geschlecht stets ein voyeuristischer, der sich in manch krummer, unangenehm naher Position dem Geschehen lüstern zu-, anstatt angewidert von ihm abwendet.

Wie vieles in dieser sehr japanischen Spielart des Erotikfilms ist das natürlich pure Provokation. Und wie viele andere Vertreter des Pinku eiga schrammt auch A Lonely Cow Weeps at Dawn beständig an der Grenze zum Trash und zur unfreiwilligen Komik entlang. Doch während nicht wenige ältere Exemplare zumindest schöne 35mm-Aufnahmen in prächtigen Farben bieten, ist bei Gotô alles trist und grau. Dass das noch ausreichte, um auf Platz 5 der besten Pinkfilme des Jahres 2003 zu landen, sagt im Grunde alles über den Niedergang des Genres aus.

Trist und grau ist dann auch die Silberscheibe ausgefallen, auf der A Lonely Cow Weeps at Dawn zu haben ist. Das Bild ist miserabel, weist deutlich sichtbare Unschärfen und Pixel an Kanten von Objekten auf. Schnelle Bewegungen verschwimmen. Und das als Extra angegebene Interview mit den Filmemachern ist im Bonusmaterial nicht zu finden. Zum Heulen!

A Lonely Cow Weeps At Dawn

Eine junge Witwe lebt mit ihrem senilen Schwiegervater zusammen. Um ihn davon zu überzeugen, dass seine alte Lieblingskuh nicht tot ist, verkleidet sie sich jeden Morgen als eben solche und lässt sich von ihm melken.

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