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Der B-Film „A Day to Die“ von Wes Miller ist mutmaßlich einer der letzten Filmauftritte von Bruce Willis – und stimmt daher, bei allen offensichtlichen Schwächen, ein bisschen melancholisch.

A Day to Die (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die letzte Vorstellung?

„Bruce is stepping away from the career that has meant so much to him“, gab Rumer Willis, die älteste Tochter von Bruce Willis, Ende März 2022 stellvertretend für ihren Vater in einem Statement via Instagram bekannt. Bei dem 1955 geborenen US-Schauspieler war zuvor eine Aphasie diagnostiziert worden. Nachdem er 2019 noch in M. Night Shyamalans erfolgreichem (Anti-)Superhelden-Drama „Glass“ und in Edward Nortons modernem Film noir „Motherless Brooklyn“ auf der Kinoleinwand zu sehen war, stand Willis seit 2020 nur noch in niedrig budgetierten Direct-to-DVD-Produktionen, oft in Nebenrollen, vor der Kamera. Bei den diesjährigen Razzie Awards wurde deshalb gar die Kategorie „Schlechteste Performance von Bruce Willis“ eingeführt, um unter Willis’ Auftritten in insgesamt acht B-Movies den lausigsten zu küren – was nach Bekanntgabe seiner Krankheit jedoch wieder zurückgenommen wurde.

Ein B-Movie ist nun auch A Day to Die von Wes Miller. Der Film fängt zunächst eine Geiselnahme und den misslungenen Einsatz einer Spezialeinheit ein, ehe er einen Zeitsprung von 18 Monaten unternimmt. Lieutenant Conner Connolly (Kevin Dillon), der Teil jener Einheit war, ist inzwischen als Bewährungshelfer tätig. Um einem seiner Schützlinge das Leben zu retten, erschießt er einen Angreifer. Das führt nicht nur dazu, dass der korrupte Polizeichef Alston (Willis) Conner vom Dienst suspendiert, um Ärger zu vermeiden; Conner zieht damit auch die Wut des Drogenbosses Tyrone Pettis (Leon Robinson) auf sich. Dieser entführt daraufhin Conners Ehefrau Candice (Brooke Butler), die gerade erfahren hat, dass sie schwanger ist, und fordert von Conner, ihm bis Mitternacht zwei Millionen Dollar zu beschaffen. In seiner Verzweiflung wendet sich Conner an seinen Bruder Tim (Gianni Capaldi) und an seine alte Truppe, angeführt von Captain Brice Mason (Frank Grillo).

Der Plot von A Day to Die ist denkbar formelhaft und obendrein recht krude umgesetzt. Es gibt viele Schusswechsel, erfasst von einer uninspiriert wirkenden Kamera und unterlegt mit einem dauerpräsenten Score, der eine Spannung behauptet, die die Handlung und die Figuren nie einlösen können. Der Einsatz von aufgesetzter Zeitlupe sowie die hektische Montage sind ebenfalls wenig förderlich, um dem Werk eine filmische Qualität zu geben. Hinzu kommt eine befremdliche Begeisterung für schwere Waffen. Die gefährliche Aktion der Männer erscheint zuweilen eher wie ein großes Abenteuer, um die Kameradschaft der Truppe zu feiern. „Zuletzt habe ich mich lebendig gefühlt, als wir zusammen waren“, heißt es da beim Wiedersehen. Dieser Aspekt wird indes nicht näher beleuchtet. Und auch die gesellschaftskritischen Ansätze, die vor allem in den Aussagen des ambivalenten Gentleman-Drogenbosses Tyrone anklingen, bleiben oberflächlich.

Und doch ruft dieser Film zwangsläufig eine gewisse Wehmut hervor. Nicht nur, weil es vermutlich einer der letzten neuen Filme mit Bruce Willis sein wird (ein paar Werke befinden sich noch in Post-Produktion). Sondern auch, weil A Day to Die ganz leicht und entfernt durchschimmern lässt, welche Altersrollen für den Action-Star möglich gewesen wären. Der Part des moralisch fragwürdigen Polizeichefs, der die Stadt mit seinen kriminellen Verbindungen zu einem Paradies für Drogenhändler macht, ist in seiner groben Zeichnung gewiss nicht der würdige Auftritt, um das abschließende Kapitel einer Schauspiel-Laufbahn wie der von Willis zu bilden. Er lässt aber erahnen, wie dieses Kapitel unter anderen Bedingungen hätte aussehen können. Statt sich, wie in seiner ikonischen Darbietung in Stirb langsam (1988), im Feinripp-Unterhemd ganz allein gegen die Bösen stellen zu müssen, darf Willis hier im schicken Maßanzug taktieren und intrigieren. Das hätten wir in Zukunft gern noch häufiger und auch in sorgfältigerer Ausarbeitung erlebt.

Nicht unerwähnt bleiben soll zudem Willis’ Co-Star Kevin Dillon, der hier den Protagonisten Conner verkörpert. Weniger bekannt als sein Bruder Matt Dillon (Rumble Fish, The House that Jack Built), war er in den späten 1980er-Jahren insbesondere dank seiner Lederjacken-und-Motorrad-Performance in der Science-Fiction-Satire Der Blob (1988) durchaus ebenso ein typischer Kino-Rebell in der Tradition von Marlon Brando und James Dean. Dass er gemeinsam mit Willis, einem der größten Action-Helden der zu Ende gehenden Eighties, mehr als drei Dekaden später im Kosmos der schnell und wohlfeil produzierten B-Movies angekommen ist, verleiht Filmen wie A Day to Die eine eigentümliche Melancholie.

A Day to Die (2022)

Connor ist Teil einer militärischen Ghost Unit, die bei einer blutigen Geiselbefreiung vom Hauptunterhändler Captain Alston hintergangen wird. Viele Opfer lasten auf dem Gewissen der Einheit. Fünfzehn Jahre später ist Connor Bewährungs-Offizier und Alston ein korrupter, skrupelloser Polizei-Chef. Als Connor einen Mann des lokalen Drogenbarons in Notwehr erschießt, kidnappt dieser seine Frau und verlangt von ihm innerhalb von zwölf Stunden zwei Millionen Dollar Lösegeld. Connor hat keine Wahl, er muss sein altes militärisches Team zu Hilfe holen. Doch es gibt noch eine weitere Bedrohung, mit der er nicht gerechnet hat.

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