100 Porsches And Me

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

"Kann ich mal ne Runde fahren?"

So ist das manchmal mit Ziffern – zwischen Tragödien und „dem größten Geschenk an die Menschheit“ liegt manchmal nur ein Sonderzeichen – was man gut an dem Kürzel 9/11 beobachten kann. Lässt man das „/“ beiseite, landet man bei 911 und damit beim bekanntesten und beliebtesten Modell der schwäbischen Sportwagen-Marke Porsche. Um letzteren geht es bei André Schäfers Dokumentarfilm 100 Porsches And Me, genauer gesagt um die Suche nach einem grasgrünen 911er aus den frühen Siebzigern, von dem der Regisseur seit vielen Jahren träumt. Natürlich geht es aber nicht wirklich um diese Suche, sondern vielmehr um einen Mythos und ganz allgemein um Träume, die sich mit dieser Sportwagenlegende verbinden.
Insgesamt 100 dieser Sportwagen – wobei Schäfer nicht nur 911er, sondern auch 356er „gesammelt“ hat – und ihre Besitzer sind in dem Film versammelt. Vom Studenten, der ein vergammeltes Wrack restaurieren will, über die Rallye-Legende Rauno Aaltonen und eine betagte Hausfrau bis hin zum Filmregisseur Frank Darabont (Die Verurteilten / The Shawshank Redemption, The Green Mile, The Walking Dead) sowie zu den Schauspiel-Ikonen James Dean und Steve McQueen reicht die Bandbreite der Enthusiasten, sie umfasst Sammler, ehemalige Porsche-Mitarbeiter, Promis jeglicher Profession, die allesamt eines eint – sie sind mit dem Porsche bzw. dem 911er Virus infiziert und geraten ins Schwärmen, wenn sie über „ihr“ Auto reden oder es vorführen dürfen.

Es gibt viele „Verrückte“ im positiven Sinne unter den Fans, die André Schäfer in seinem schon etwas betagteren Dokumentarfilm vorstellt, der bereits mehrere Male in einer kürzeren Fassung im Fernsehen zu sehen war und der nun nach einer knapp dreiwöchigen Kinoauswertung am 25. Mai bereits auf DVD erscheint. Der US-Star-Komiker Jerry Seinfeld (Seinfeld, Bee Movie — Das Honigkomplott) ist aber sicher der extremste der passionierten Sammler, was auch daran liegen mag, dass der Schauspieler früher mal einer der bestverdienenden Amerikaner überhaupt war und deshalb über das richtige finanzielle Polster für seine Sammelleidenschaft verfügt. Wie viele Porsches sich wirklich in seinen Sammlungen befinden, weiß kein Mensch, fest steht nur, dass rund die Hälfte in einem eigens dafür errichteten Parkhaus im nicht ganz billigen New York steht, während für die andere Hälfte eigens ein Flugzeughangar im sonnigen Kalifornien angemietet wurde.

100 Porsches And Me ist der Film eines Enthusiasten über Enthusiasten – das merkt man allein schon daran, dass außer einigen wenigen pflichtschuldigen Kommentaren zur Rolle Ferdinand Porsches im Nationalsozialismus niemals wirklich nachgefragt wird, was sich hinter der Leidenschaft für die Porsches im Allgemeinen und den 911er im Besonderen verbirgt. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, auf auf den einen oder anderen Fan zu verzichten, um stattdessen bei den verbliebenen Porsche-Verrückten außer Lobeshymnen auf das seit beinahe 50 Jahren unveränderte Design noch ein wenig tiefer zu bohren.

So aber fehlt dem Film das Analytische und ganz sicher auch die kritische Distanz zum Gegenstand der Beobachtung oder zumindest ein wenig Süffisanz angesichts der permanenten Begeisterung. Statt den Kult um den 911 zu dekonstruieren, ergibt sich 100 Porsches And Me vielmehr dem Mythos und schreibt diesen weiter fort.

Den Fans der Sportwagen-Ikone – und an diese richtet sich der Film in allererster Linie – wird die mangelnde Distanz freilich eher nicht (negativ) auffallen. Und wenn es auf dieser Welt gerecht zuginge, müsste die Marketing-Abteilung der Zuffenhausener Sportwagenschmiede Schäfer eigentlich den gesuchten 911er in Condagrün als Dauerleihgabe aus dem eigenen Museum zukommen lassen.

Und so bleibt die wichtigste Frage des Films und so eine Art „running gag“ das Insistieren des Filmemachers bei nahezu jedem Interviewpartner, ob er denn mal eine Runde im geliebten „Heilix Blechle“ fahren dürfe. Und wenn wir ehrlich sind, sind wir schon ein wenig neidisch, wenn das erlösende Wort fällt: „Ja!“

100 Porsches And Me

So ist das manchmal mit Ziffern – zwischen Tragödien und „dem größten Geschenk an die Menschheit“ liegt manchmal nur ein Sonderzeichen – was man gut an dem Kürzel 9/11 beobachten kann. Lässt man das „/“ beiseite, landet man bei 911 und damit beim bekanntesten und beliebtesten Modell der schwäbischen Sportwagen-Marke Porsche. Um letzteren geht es bei André Schäfers Dokumentarfilm „100 Porsches And Me“, genauer gesagt um die Suche nach einem grasgrünen 911er aus den frühen Siebzigern, von dem der Regisseur seit vielen Jahren träumt.
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