Log Line

Fahrije hat ihren Mann verloren und ist doch nicht nicht Witwe, da seine Leiche im Kosovo-Krieg nie gefunden wurde. Gegen alle Wiederstände will sie ihr eigenes Geld verdienen und bringt fast das ganze Dorf gegen sich auf. Bewegendes Drama, mit maximaler Ruhe erzählt.

Hive (2021)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Das große Warten

Wie in einem Bienenstock leben in dem kosovarischen Dörfchen Krusha e Madhe fast nur noch Frauen. In der patriarchalisch geprägten Gesellschaft gehört es sich für Witwen nicht, einer Arbeit außerhalb des eigenen Haushalts nachzugehen. Doch gerade nach einem so verheerenden Krieg kommt dieses Konzept an seine Grenzen.

Fahrije (Yllka Gashi) hat ihren Mann verloren. Seit Jahren gilt er als vermisst, seine Leiche wurde nie gefunden jedoch gibt es kaum Hoffnung nach dem Krieg, der so vielen Frauen ihren Mann – und damit den Ernährer der Familie – genommen hat. Das Dorf Krusha e Madhe war im Krieg 1999 ein Schauplatz eines furchtbaren Massakers, noch immer scheint das Dorf in einem Schockzustand. Den eigenen Haushalt führen, ein bisschen Obst und Gemüse anpflanzen, Bienen halten, darauf reduzieren sich die Möglichkeiten für eine Witwe. Doch Fahrije mag sich damit nicht abfinden. 

Sie findet nur wenige Mitstreiterinnen, denn viele Frauen sehen das ganz ähnlich. Auch wenn die Geldsorgen sie alle plagen und sie eigentlich Arbeit bräuchten. Aber eine Arbeit anzunehmen bedeutet auch, dass man das Warten auf den geliebten Ehemann aufgegeben hat, was natürlich auch keine der Witwen zeigen möchte. Fahrije muss sich um ihren Sohn, ihre Tochter und ihren Schwiegervater Haxhi (Çun Lajçi) kümmern und kann nicht länger nur warten. Kurzerhand macht sie ihren Führerschein und bietet dem Supermarkt im nächsten Ort ihr selbst eingekochtes Ajvar an. Doch nicht nur ihr Schwiegervater ist gegen ihre Aktivitäten, auch die eigene Tochter und viele andere Frauen im Dorf missbilligen ihr Handeln. Fahrije will sich aber nicht so einfach fügen.

Yllka Gashi überzeugt mit kleinen Gesten und minimalen Gesichtsregungen in der Rolle der Fahrije. Immer noch sucht sie ihren Mann, trauert an anderer Stelle, weiß aber auch genau, dass es vorangehen muss und dass der Rest der Familie leben will und muss. In diesem Dreieck aus Hoffnung, Trauer und Aufbruch bewegt sich mit Fahrije der ganze Film, wobei ein großer Teil des Dorfes beharrlich die traditionelle Rolle der wartenden noch-nicht-Witwen fordert.

Regisseurin Berta Basholli arbeitet gut heraus, dass auch Frauen in den eingeübten Strukturen gefangen sind. Obwohl sie wenige Möglichkeiten haben, finden Sie sich lieber mit ihrer Untätigkeit und ihrem wenigen Geld ab, statt ihre Fähigkeiten einzusetzen und gegen die Tradition aufzubegehren. 

Das Bildnis des Bienenstocks, in dem beinahe nur Frauen leben, ist titelgebend und zieht sich durch den ganzen Film. Mit wenigen Bienenstöcken soll Fahrije Geld verdienen, was einfach nicht ausreicht. Mit dem ganzen Bienenstock des Dorfes, also mit allen Frauen zusammen, kann es aber klappen. Immerhin bleiben sie in ihrem Produkt der Tradition verhaftet und stellen die Paprikapaste Alvar nach überliefertem Rezept her. Berta Blasholli hat in ihrem Debüt ein mutmachendes Drama entworfen, in welchem sie in stoischer Ruhe ein Füllhorn an Gefühlen ausschüttet.

Hive (2021)

Fahrijes Mann wird seit dem Kosovo-Krieg vermisst und ihre Familie hat finanziell zu kämpfen. Um sie zu versorgen, gründet sie ein kleines landwirtschaftliches Unternehmen. Doch in ihrem traditionellen, patriarchalischen Dorf werden ihr Ehrgeiz und ihre Bemühungen, sich und andere Frauen zu stärken, nicht gern gesehen. Sie kämpft nicht nur darum, ihre Familie über Wasser zu halten, sondern auch gegen eine feindselige Gemeinschaft, die ihr in den Rücken fällt.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Sabile Sahiti · 23.10.2021

Wann kommt das Film in deutscher Kinos?
Mfg
Sahiti